Von der Fiktion zur Aktion!

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Von der Fiktion zur Aktion!

Die kommenden 18 Monate sind entscheidend für die Welt-Klimapolitik

 

Der halbe Planet verschwindet unter einer Eisdecke - so sehen die Folgen des Klimawandels im Hollywood-Film "The day after tomorrow" aus. Der Film ist Fiktion, aber wie jede gute Science Fiction basiert er auf einem harten Kern wissenschaftlicher Erkenntnisse: Spätestens ab einem globalen Temperaturanstieg von mehr als 2 Grad Celsius wären die Konsequenzen des Klimawandels dramatisch - so ein breiter wissenschaftlicher Konsens. Zig Millionen Menschen würden zusätzlich hungern, hunderte Millionen wären zusätzlich von Malaria bedroht und für Milliarden von Menschen wäre das Wasser knapp. In Europa könnten Kältewerte wie in Labrador tatsächlich zur Normalität werden, wenn der warme Golfstrom infolge der Polareisschmelze abknickt.

Weniger als 2 Grad globaler Temperaturanstieg sind kaum noch drin: Um 0,6 Grad Celsius ist die Temperatur bereits gestiegen. Weitere etwa 0,7 Grad Anstieg sind schon "in der Atmosphäre", wegen der Zeitverzögerung des Gesamtsystems (etwa durch die verzögerte Erwärmung der Meere) aber noch nicht messbar. Es bleiben nur noch etwa 0,7 Grad "Bremsweg" - angesichts der Entwicklung des weltweiten CO2-Ausstoßes ein beinahe verwegenes Ziel. Welche Ziele noch im Bereich des Möglichen liegen, werden wir nach den sechs zentralen politischen Weichenstellungen der kommenden 18 Monate besser wissen:

  1. Nachdem sich Russland und die EU über Russlands WTO-Beitritt geeinigt hatten, kündigte der russische Präsident Putin am 21. Mai an, er wolle den Ratifizierungsprozess des Kyoto-Protokolls in seinem Land beschleunigen. Mit dem "Ja" des russischen Parlamentes würde das Kyoto- Protokoll automatisch völkerrechtlich verbindlich in Kraft treten.
  2. Der Ausgang der US-Wahl am 2. November entscheidet (auch) darüber, ob die USA zu wirkungsvollen Klimaschutzverpflichtungen bereit sind.
  3. Anfang des kommenden Jahres soll der EU-Emissionshandel beginnen. Dann wird sich zeigen, ob das zentrale Klimaschutz-Instrument für Industrie und Energiewirtschaft wirkt - trotz der Bemühungen vieler EU-Regierungen, ihm möglichst viele Zähne zu ziehen.
  4. Im Frühjahr 2005 will die EU festlegen, welche Treibhausgas-Reduktionsziele sie für die Zeit nach 2012 anstrebt. Damit wird sich entscheiden, ob die EU ein Zugpferd im internationalen Klimaschutz bleibt.
  5. In der zweiten Jahreshälfte 2005 hat Großbritannien die EU-Präsidentschaft inne und ist Gastgeber des G8-Gipfels. Für diese Zeit bereitet die britische Regierung einen großangelegten Versuch vor, die USA zurück in die internationale Klimaagenda zu holen.
  6. Gegen Ende 2005 sollen dann die UN-Klimaverhandlungen für die Zeit nach 2012 beginnen. Sie können nur Erfolg haben, wenn die Weichen vorher in die richtige Richtung gestellt werden.

China hat auf der Renewables 2004 sehr konstruktive Impulse für diese Weichenstellungen gesetzt. Es liegt an uns allen, ob ernsthafte Klimaschutzpolitik Fiktion bleibt oder zur Aktion übergeht.

Christoph Bals

 

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