Zucker aus Brasilien
Zucker aus Brasilien
Die Zuckerwirtschaft in Brasilien ist in Aufbruchstimmung. Nach einer Entscheidung der Welthandelsorganisation (WTO) Anfang August muss die EU Subventionen für exportierten Zucker abbauen. Die brasilianischen Produzenten sind zuversichtlich, dass sie die Marktanteile der EU auffangen werden. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie des Food First Information and Action Networks (FIAN) und der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ). Mit etwa 150 US-Dollar pro Tonne hat Brasilien weltweit die geringsten Produktionskosten, gegenüber einem Weltmarktpreis von 250 US-Dollar. Jedoch warnt die Studie vor den ökologischen und sozialen Auswirkungen des brasilianischen Zuckerrohranbaus, die den vermeintlichen Gewinn an Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd in Frage stellen. Die heutigen Anbauflächen Brasiliens betragen 5 Millionen Hektar, die sich im Nordosten und in den südlichen Landesteilen konzentrieren. Auch heute noch sind die Zuckerrohrgebiete von Ausbeutung, Kinderarbeit, Hunger, Gewalt und Landkonflikten geprägt. Die eigentlich fruchtbaren Regionen zählen hinsichtlich des Lebensstandards der Bevölkerung heute zu den ärmsten der Erde. Ferner entstanden Umweltprobleme unter anderem durch das Vordringen der Plantagen in den Küstenregenwald, durch Agrarchemikalien und Industrieabwässer. Die Erschließung neuer Flächen für den Export findet heute vor allem in den Ökosystemen des Cerrado (Savannen) statt. Allein durch die Marktöffnung der EU sind schätzungsweise 68.000 Kleinbauern in ihrer Existenz bedroht, weil sie durch die Expansion der Zuckerrohrflächen ihr Land verlieren könnten. Dem stehen nur 17.000 neu geschaffene Arbeitsplätze gegenüber. Seit langem fordern brasilianische Umwelt- und Sozialverbände anstatt des Exports die Bedürfnisse der Bevölkerung in den Mittelpunkt nationaler Landnutzungspolitiken zu rücken. Doch selbst unter der Regierung Lula liegt der Schwerpunkt weiterhin einseitig auf Maßnahmen zur Exportförderung.
Dr. Klemens Laschefski