Paris im Rücken
Paris im Rücken
Foto: Les Amis de la Terre France
Das Pariser Klimaabkommen bringt Rückenwind für Klimaschutz in Deutschland und der Europäischen Union. Denn Paris hat gezeigt: Die Vorreiterrolle, die Deutschland und bis vor einigen Jahren die EU mehr schlecht als recht versuchen zu spielen, zahlt sich offensichtlich aus. Die Welt macht mit beim Klimaschutz.
Am Tag nach der Einigung von Paris meldeten sich in Deutschland 35 Unternehmen aus vielen Branchen zu Wort, darunter Adidas, Aldi, die Commerzbank, der Stromkonzern EnBW oder der Metallverarbeiter Otto Fuchs. Viele dieser Schwergewichte stehen selber vor enormen Klimaschutz-Herausforderungen. Gemeinsam mit Germanwatch fordern sie dennoch eindeutige Rahmenbedingungen von der Politik und mehr Ambition in Deutschland und der EU. Deutschland solle nun ein Emissionsziel für 2050 anpeilen, das am oberen Ende seines Zielkorridors von 80 bis 95 Prozent liegt.
Erneuerbare Energien und Speicher, Effizienztechnologien und Digitalisierung sind die Geschäftsfelder der Zukunft. Das sehen auch immer mehr Betriebsräte und Gewerkschaften so, die bei Klimaschutz und Energiewende nicht auf der Bremse stehen wollen. In Paris demonstrierten sie mit dem Slogan „No jobs on a dead planet“ (Auf einem toten Planeten gibt es keine Arbeitsplätze) für die Vereinbarung von Klimaschutz und guter Arbeit.
Wirtschaft als Teil der Lösung
Warum diese neuen Allianzen für Klimaambition? Immer mehr Akteure in der Wirtschaft erkennen, dass sie über kurz oder lang ihre Treibhausgasemissionen auf null zurückfahren müssen und dies zwar unbequem ist, aber erhebliche Chancen bietet. Sie wollen Teil der Lösung und nicht länger Teil des Problems sein.
Der Rückenwind aus Paris schiebt auch die EU voran. Klimakommissar Miguel Cañete hat eine Initiative angekündigt, das lasche EU-Energieeffizienz-Ziel für 2030 von „mindestens 27 Prozent“ (im Vergleich zu 2007) auf über 30 Prozent nachzubessern und verbindlich zu machen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel will ihn dabei unterstützen. Nächster auch von der Bundesregierung vorangetriebener Schritt müsste jetzt sein, das übervorsichtige und darum längst übererfüllte 2020-Emissionsziel der EU von minus 20 Prozent gegenüber 1990 deutlich anzuheben. Die EU hatte immer argumentiert, wenn die anderen beim Klimaschutz mitmachen, sei sie zu minus 30 Prozent bereit.
Null CO2-Emissionen bis 2050
Die in Paris festgehaltene neue Messlatte von „deutlich unter 2 °C“ globaler Erwärmung bedeutet auch für Deutschland mehr Anstrengung. Wenn wir Paris ernst nehmen, dürfen Deutschlands Energiesysteme spätestens 2050 kein CO2 mehr ausstoßen, der Stromsektor schon deutlich davor. Für die Kohle müsste bis spätestens 2035 das weitgehende Ende kommen.
Deutschland kann durch einen planvollen und sozial gestalteten Ausstieg aus der Kohle Schrittmacher für viele Länder sein. Sehr wirkungsvoll wäre auch, den Kohleausstieg gemeinsam mit einem Land wie Südafrika anzukündigen – auch wenn dieses erst 15 Jahre später folgt.
Die Bundesregierung wird im Frühsommer einen Klimaschutzplan 2050 beschließen. Darin legt sie neben verpflichtenden Emissionszielen für 2030, 2040 und 2050 sogenannte Sektorziele zum Beispiel für Verkehr, Landwirtschaft oder den Energiebereich fest. Wer Paris feiert, muss es auch umsetzen. Dies wäre eine Chance für die von der globalen Erwärmung besonders betroffenen Menschen weltweit. Aber auch die Chance zu zeigen, dass eine Kreislaufwirtschaft ohne Klimaemissionen zentraler Baustein für das Wohlstandsmodell von morgen ist.
Oldag Caspar & Tobias Pforte-von Randow
Unternehmenserklärung „Paris macht die globale Energiewende unumkehrbar“:
www.germanwatch.org/de/11433