Chinas Milchwirtschaft in der Wachstumskrise

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Chinas Milchwirtschaft in der Wachstumskrise

 
In den letzten 30 Jahren sind Verbrauch und Erzeugung von Milch in China dramatisch angestiegen. Zu Beginn der 1980er Jahre wurden dort etwa 3,55 Millionen Tonnen Milch konsumiert, in diesem Jahrzehnt schon über 48 Millionen Tonnen. Die in China erzeugte Milch wuchs im selben Zeitraum ähnlich beeindruckend auf 42 Millionen Tonnen. Zusätzlich wurden 2011 über 6 Millionen Tonnen Milch importiert.

Dieses atemberaubende Wachstum ist zum einen auf höhere Einkommen und eine stärker an westlichen Mustern orientierte Ernährung vor allem in den Städten zurückzuführen. Zum anderen sieht die Regierung Milch als wichtige Quelle von Eiweiß und Kalzium für die menschliche Ernährung. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass Säuglinge in China immer weniger gestillt werden, in letzter Zeit nur noch etwas mehr als ein Viertel – obwohl die Vereinten Nationen dies als gesündeste Form der Ernährung für Kleinkinder empfehlen und auch die chinesische Regierung einen Anteil von mindestens der Hälfte anstrebt.

Mit dem raschen Wachstum gehen auch große Probleme einher. Viele Handelsunternehmen und Molkereien setzen auf eine Niedrigpreisstrategie. Um die Profite trotzdem hochzuhalten, begann eine Reihe von Landwirten und Molkereien die Milch zu verfälschen. Was mit der ärgerlichen aber eher harmlosen Verdünnung mit Wasser begann, mündete 2008 im Melanin-Skandal. Diese Chemikalie wurde der Milch beigemischt, um einen höheren Eiweißgehalt vorzutäuschen und damit höhere Preise zu erzielen. Das gesundheitsschädliche Melanin gelangte so in Babynahrung und führte zu zahlreichen Erkrankungen und mehreren Todesfällen.

Die chinesische Regierung geriet durch diesen Skandal unter großen Druck und förderte als Reaktion die Konzentration der Molkereien, da sie hofft, wenige große Betriebe leichter kontrollieren zu können als viele kleinere. Auch bei den Milchbauern schreitet der Strukturwandel voran: Die Zahl der Großbetriebe wächst – von niedrigem Niveau ausgehend – rasant. Gleichwohl ist die sinkende Zahl der Kleinbetriebe mit weniger als zehn Kühen derzeit noch für den größten Teil der Milcherzeugung verantwortlich.

Das Vertrauen der chinesischen VerbraucherInnen in die heimischen Milcherzeuger bleibt vorerst erschüttert. Wer es sich leisten kann, kauft importierte Ware, vor allem für Babynahrung. Dies ist einer der Gründe für den Boom deutscher und europäischer Milchexporte nach China in den letzten Jahren.

Es ist den chinesischen VerbraucherInnen und Milchbäuerinnen und -bauern zu wünschen, dass es gelingt, den Sektor umweltfreundlicher und sicher zu gestalten. Die europäische Milchwirtschaft sollte nicht darauf setzen, dass dies scheitert.
  

Shefali Sharma & Zhang Rou (beide Institute for Agriculture and Trade Policy),
Zusammenfassung und Übersetzung: Tobias Reichert