Die auslaufende Milchquote sorgt für Verunsicherung

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Die auslaufende Milchquote sorgt für Verunsicherung

Interview mit René Millogo und Adam Diallo, Milchbauern aus Burkina Faso
Weitblick-Bild 2/14: Milchbauern aus Burkina

Fotograf: Thorsten Sehm

 
Fünf Tage waren René Millogo (auf dem Foto re.) von der Organisation Pasmep, einer Initiative zur Unterstützung der Hirten in Burkina Faso, und Adam Diallo, der Präsident der 42 Kleinstmolkereien in Burkina Faso (Burkina Lait) auf Einladung von Misereor im Allgäu und in der Eifel unterwegs. Sie besuchten dort Milchviehbetriebe. Kerstin Lanje von Misereor fragt sie nach ihren Eindrücken.

Was hat während Eurer Reise den größten bleibenden Eindruck hinterlassen?

Adam Diallo: Als Milcherzeuger hat mich am meisten beeindruckt zu sehen, wie gut das Produktionssystem in Deutschland funktioniert. Allerdings habe ich bisher immer gedacht, dass die Landwirte in Europa keine Angst vor der Zukunft haben, dass dies nur uns betrifft.

René Millogo: Für mich war es positiv zu sehen, dass unsere Organisationen in Burkina Faso und Deutschland sich dieselben Fragen stellen und auch ähnliche Probleme sowie politische Forderungen haben. Mir ist aufgefallen, dass in Deutschland in den Bauernfamilien wirklich alle Familienmitglieder mitarbeiten. Die Familien wissen, wohin sie mit ihrem Betrieb wollen, was sie dafür brauchen und wie sie das bekommen können. In Burkina Faso ist das bisher eher unkoordiniert. Es fehlt das Wissen, was du brauchst, um deinen Hof weiter zu entwickeln.

Was sind denn zum Beispiel gemeinsame Probleme, die Deutschland und Burkina Faso verbinden?

Adam Diallo: Große gemeinsame Fragen sind der Absatz und der Vertrieb der Produkte sowohl auf dem Weltmarkt als auch auf dem lokalen Markt. In Deutschland ruft zudem das Auslaufen der Milchquote Unsicherheit hervor. Fragen wie „Wie entwickeln sich Produktion, Kosten und Preise? Wie können wir das Angebot so gestalten, dass es die Nachfrage trifft? Wie diversifiziere ich mein Angebot, um mein Auskommen zu haben?“ stehen da auf der Tagesordnung. Auch wir fragen uns: Wie können wir unsere Familien ernähren? Wie viel Milch können wir verkaufen? Dafür muss sich der Milchmarkt in Burkina Faso aber erst noch entwickeln.

René Millogo: Milch ist ein strategisches Produkt. Für die Ernährung, aber auch aus politischer Sicht. Sowohl in Deutschland als auch in Burkina Faso sind es nicht die Erzeuger, die die Gewinne machen, sondern andere.

Adam Diallo: Zum Beispiel müssen wir verstehen, was es bedeutet, dass die Milchquote in Europa endet und dann mehr Milch produziert wird und auf dem Weltmarkt landet. Was bedeuten die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen Europa und Westafrika in diesem Fall für uns? Wir müssen auch lernen, selber als Erzeuger zu Anhörungen im Parlament zu gehen und Reden zu halten.

Wie ließe sich die Wettbewerbsfähigkeit steigern?

Adam Diallo: Erstens müssen die Futtermittelpreise sinken. Das Gras allein reicht nicht aus für die Fütterung. Ergänzungsfuttermittel sind momentan jedoch viel zu teuer für uns. Zweitens muss der Markt nicht nur national geschützt, sondern auch auf den Weltmarkt abgestimmt werden. Unsere Produktion ist teurer und ohne geschützten Markt haben unsere Produkte keine Chance. Drittens muss es Verbraucherkampagnen geben, um die Menschen zu informieren und den Absatz auf dem lokalen Markt zu fördern.

Wie sieht die derzeitige Förderpolitik des Staates aus?

Adam Diallo: Der Staat hat Großbetriebe gefördert, regierungsnahe Privatleute.

René Millogo: Für den Staat ist es einfacher, diese Betriebe zu fördern als uns. Aber die Großbetriebe funktionieren nur, solange der Staat die finanzielle Förderung bereitstellt. Sobald sie wegfällt, gehen die Betriebe pleite. Uns geht es um die Nachhaltigkeit. Die ist bei den Großbetrieben nicht gegeben.

Alles, was der Staat nicht erreicht, müssen zunehmend lokale zivilgesellschaftliche Organisationen übernehmen. Es gab immer wieder Versuche vom Staat, die Hirten zu erreichen. Jetzt hat er sich aber ganz zurückgezogen, konzentriert sich auf Baumwolle als Devisenbringer und Getreide. Wir sind aber der Meinung, dass die Viehwirtschaft rentabel sein kann und Potenzial hat. Darum ist es wichtig, dass die Hirten – von denen es in der Sahelzone viele gibt – unterstützt werden.

Welche Anregungen nehmt ihr mit nach Burkina Faso?

Adam Diallo: Mich hat die Produktionsplanung und -steuerung sehr beeindruckt. In Deutschland geben die Kühe ganzjährig Milch und die Anzahl der Tiere ist abgestimmt auf die Flächen, die für Futteranbau und das Ausbringen der Gülle zur Verfügung stehen. Hiervon können wir viel lernen.

René Millogo: Die gezielte Züchtung ist ein wichtiger Punkt, den wir angehen müssen. In Deutschland werden die Rassen auf Milch oder Fleisch gezüchtet, bei uns ist das nicht der Fall. Es gibt die verschiedensten Rassen, die unterschiedlich viel Milch geben.

Besonders freut mich das Angebot des Bundesverbands Deutscher Milchviehalter BDM, eine Partnerschaft aufzubauen. Diese gilt es nun konkreter zu gestalten: Können vielleicht Landwirte aus Deutschland nach Burkina Faso kommen? Oder können von uns zwei bis drei Landwirte herkommen und eine Schulung machen? Wir würden gerne auch politisch zusammenarbeiten und schauen, wie wir gemeinsam mehr erreichen können.
 

Interview: Kerstin Lanje (Misereor)