Mehr als nur eine Energiewende
Mehr als nur eine Energiewende
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) sieht für den „Übergang zur Klimaverträglichkeit“ ein knappes, aber noch offenes Zeitfenster. Der menschgemachte Klimawandel mache eine politisch induzierte gesamtgesellschaftliche Transformation in ein post-fossiles Gesellschaftsmodell zwingend notwendig und ist gleichzeitig Indikator ihres Gelingens.
Transformative Prozesse brechen aktuell in den Ländern des Maghreb auf. Sie sind Zeichen dafür, dass unhaltbare Zustände plötzlich kollabieren können und dass die transformativen Kräfte oft lange im Verborgenen gewachsen sind. Auch die Bewusstseinsbildung und die sich dadurch gewandelte Stimmung hin zu mehr Nachhaltigkeit in Deutschland hat einen solchen Wachstumsprozess durchlaufen. Ereignisse wie Fukushima können dann Auslöser transformativer Prozesse sein. Wichtig und gleichzeitig die Kernthese des Gutachtens ist: Die große Transformation könne nur gelingen, wenn die Bevölkerung durch packende Visionen mitgenommen wird und sie in globaler Partnerschaft erfolgt.
Das Gutachten identifiziert drei zentrale Transformationsfelder: Energie inklusive Verkehr (verantwortlich für 2/3 der langlebigen Treibhausgasemissionen), urbane Räume (hier leben 2050 etwa sechs Milliarden Menschen) und Landnutzung (aus Land- und Forstwirtschaft stammen etwa ¼ der weltweiten Emissionen).
Der WBGU formuliert zehn Maßnahmenbündel, sie reichen von 1) Den gestaltenden Staat mit erweiterten Partizipationsmöglichkeiten
ausbauen, über 4) Ausbau erneuerbarer Energien durch Einspeisevergütungen international beschleunigen, bis 10) Internationale Kooperationsrevolution anstreben. Bei letzterem wird der kommenden UN-Umwelt- und Entwicklungskonferenz 2012 in Brasilien („Rio 20+“) eine entscheidende Bedeutung beigemessen.
Für Herausforderungen, die auf die Bildungsforschung und die Bildungsarbeit zukommen, sieht der WBGU folgende Ansätze: Im Forschungsbereich die Einrichtung eines neuen Forschungsfeldes „Transformationsforschung“, welches historisch durchlaufene Transformationen auf ihre Veränderungsmomente hin analysiert und auswertet. Dieses wird ergänzt um transformative Forschung, die den Umbauprozess in unterschiedlichen Sektoren befördert. Im Bildungsbereich sieht der WBGU zwei auszubauende Ansätze: In der Transformationsbildung geht es um systemisches Verständnis, um die Schaffung von erzählbaren Leitbildern des Wandels, die die Transformation in den Alltag kommunizieren. Sowie transformative Bildung, die den Stand der Wissenschaft in einzelnen Bereichen didaktisch für Bildungsangebote aufbereitet.
Stefan Rostock
WBGU: Welt im Wandel. Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation. Zusammenfassung für Entscheidungsträger. Berlin 2011.
Download und Bestellung: www.wbgu.de