Überschwemmte Städte, vertrocknete Äcker
Überschwemmte Städte, vertrocknete Äcker
Langsam, aber sicher: In einigen Regionen im Senegal ist die Versalzung der Böden bereits deutlich zu erkennen. Sie bedroht die Existenz von zahlreichen Bäuer:innen und ihren Familien.
© Mouhamadou Lamine Basse
Neben Extremwetterereignissen verursachen langsam voranschreitende Klimawandelfolgen wie der Meeresspiegelanstieg, die Wüstenbildung oder das Auftauen von Permafrostböden bereits heute hohe ökonomische und nicht-ökonomische Schäden und Verluste.
Im Senegal etwa bedrohen die Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs zusammen mit anderen menschgemachten Faktoren die Weltkulturerbestadt Saint-Louis. Anpassungsmaßnahmen erreichen hier ihre Grenzen und können die Stadt und ihr Umland nicht mehr komplett vor den immer stärkeren Fluten schützen – tausende Menschen mussten ihre Häuser bereits verlassen. Bis 2080 werden achtzig Prozent des Gebiets von Saint-Louis von Überschwemmungen bedroht sein, 150 000 Menschen werden dann allein dort umgesiedelt werden müssen. Die meisten Städte an der westafrikanischen Küste, in denen insgesamt rund 105 Millionen Menschen leben, sind in ähnlicher Weise bedroht.
Auch auf dem Land zeichnen sich langfristige Folgen des Klimawandels ab, etwa durch zunehmende Bodenversalzung. Böden versalzen, wenn durch Verdunstung Wasser aus tieferen Bodenschichten (dem Grundwasser) nach oben gezogen wird. Der Klimawandel verstärkt diesen Prozess: Steigende Durchschnittstemperaturen führen zu einer vermehrten Salzablagerung; außerdem kann der Meeresspiegelanstieg in küstennahen Gebieten den Salzgehalt des Grundwassers erhöhen.
Die langsam voranschreitenden Klimawandelfolgen erfordern zum einen effektive Instrumente, die die (besonders verwundbaren) Menschen vor deren Risiken und Auswirkungen schützen. Dazu gehören soziale Sicherungssysteme mit Maßnahmen wie Sozialversicherungen, Beschäftigungsgarantien oder „Nahrungsmittel für Arbeit“-Programmen. Im Senegal etwa werden Fischer, deren Arbeit durch den Meeresspiegelanstieg immer schwieriger wird, von Fischereigenossenschaften und -verbänden durch soziale Dienstleistungsprogramme unterstützt. Sie erhalten zum Beispiel kostenlose Schulungen zum Erwerb neuer Fertigkeiten oder werden im Rahmen der Mangrovenrenaturierung beschäftigt.
Zum anderen bedarf es Lösungen, die Menschen dabei unterstützen, ihre Existenz an einem anderen, sicheren Ort wiederaufzubauen und dort möglichst nachhaltig zu leben und zu wirtschaften. Fiji hat als erstes Land der Welt einen Fond eingerichtet, um die Umsiedlung von niedrig gelegenen Küstengemeinden zu finanzieren. Beim Wiederaufbau soll auch der Zugang zu Arbeitsplätzen, Schulen und medizinischer Versorgung sichergestellt werden. Die Finanzierung der genannten Maßnahmen übersteigt allerdings die Kapazität armer Länder – sie muss nach dem Verursacherprinzip auch von der internationalen Gemeinschaft mitgetragen werden.
Laura Schäfer
Interview - Senegal
Ngor Sarr, Vorsitzender der wirtschaftlichen Interessengemeinschaft Ndioktor im Dorf Fayil (Region Fatick):
Ich erinnere mich, dass es früher in meinem Dorf einen starken und reichhaltigen Boden gab, der zu jeder Jahreszeit sehr gute Ernten ermöglichte. Wir ernteten Reis, Hirse, Erdnüsse und vieles mehr.
Doch im Jahr 1967 begann ein Prozess, der den Verlauf unseres Lebens bis heute verändert hat. Ich war 20 Jahre alt, als der Sumpf kam und in unsere Plantagen und Ländereien eindrang. Niemand verstand die Ursache. Wenige Monate später waren unsere Ländereien nicht mehr zu gebrauchen. Wir bemerkten eine Schicht aus kleinen Kristallen – wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um feine Salzschichten, die nach und nach zu wachsen begannen und große Flächen versalzenen Landes bildeten.
Die Situation wurde zu einer sehr ernsten Angelegenheit, da die Landwirtschaft die wichtigste, wenn nicht die einzige wirtschaftliche Aktivität des Dorfes ist. Die jüngeren Kinder wurden zur Arbeitssuche in die Hauptstadt Dakar geschickt, während die Älteren weiter in der Landwirtschaft arbeiteten, um die restlichen Anbauflächen zu schützen und Wiederaufforstung zu betreiben. Außerdem wurden Anti-Salz-Dämme aus wiederverwertbaren Flaschen und Blättern gebaut, um gegen die fortschreitende Versalzung zu kämpfen.
In 40 Jahren haben wir 6 000 Hektar Ackerland verloren. Bis heute konnten jedoch 4 000 Hektar wiederhergestellt werden und die Ernteerträge stiegen von 700 kg auf 3,5 Tonnen (Reis, Hirse usw.). Ermöglicht wurde dies durch regionale Projekte und durch Organisationen wie Enda Energie, die der Gemeinde durch Schulungen und den Aufbau von Kapazitäten dabei halfen, sich zu erholen und die Landwirtschaft auf den vorhandenen Anbauflächen weiterzuentwickeln.
Die Region Fatick ist eine von 14 Regionen Senegals, die im Westen des Landes liegt und für ihr trockenes, tropisches Klima bekannt ist, aber auch als eine Zone, die besonders vom Klimawandel betroffen ist.
Das Interview führte Mouhamadou Lamine Basse, Enda Energie.