Aufgewirbelt

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Nach Jahren der Flaute gibt es Rückenwind für den globalen Klimaschutz

 

Nach Hollywood thematisiert jetzt auch die Bild-Zeitung in einer prominent platzierten Serie den menschgemachten Klimawandel. Die britische Königin eröffnet in Berlin eine hochkarätige Klimakonferenz. Der deutsche Kanzler drängt in seinem "Glückwunsch"- Telegramm den alten und neuen US-Präsidenten Bush dazu, das Sicherheitsproblem globaler Klimawandel anzupacken.

Nach Jahren der Flaute gibt es neuen Rückenwind für den globalen Klimaschutz. Und das hat Gründe:

1. Die seit Monaten hohen Erdöl- und Erdgaspreise führen weltweit zu verstärkten Anstrengungen, durch Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger die Abhängigkeit von Öl-Importen zu verringern.

2. Durch die Ratifizierung Russlands tritt das für mehr als 120 Unterzeichnerstaaten verbindliche Kyoto-Protokoll zum Schutz des Weltklimas endlich in Kraft - trotz des Ausstiegs der USA. Zu diesem Erfolg konnte auch Germanwatch durch seine jahrelange politische Lobbyarbeit einen Teil beitragen.

3. Die außergewöhnlichen Wetterextreme der letzten Jahre - das Flutjahr 2002, der Saharasommer 2003 und das Hurrikanjahr 2004 - machen es immer unplausibler, noch an Zufall zu glauben.

4. Die Regierung Chinas setzt immer stärker auf Energieeffizienz und erneuerbare Energieträger. Auch die Nachfolgekonferenz für die Renewables in Bonn, den internationalen Erneuerbare Energien-Gipfel, wird sie im Oktober 2005 ausrichten.

5. Die Nachfrage nach Klimaschutztechnologien steigt weltweit - Klimaschutz zahlt sich für die Wirtschaft und in Form von Arbeitsplätzen aus, gerade in Deutschland, das weltweit führend bei diesen Technologien ist.

Eine Chance für den Klimaschutz

Werden Deutschland und die Europäische Union diese Chance nutzen oder - wie die US-Regierung - den Kopf in den Sand stecken? Wird Deutschland mit China einen Energie- und Klimapakt schließen, der die rechtliche Sicherheit bis hin zu finanziellen Bürgschaften für Klimaschutzexporte ausweitet? Wird die EU auf ihrem Frühjahrsministerrat ihre Klimavorreiterrolle durch ein Klimaschutzziel von mindestens 30 Prozent weniger Treibhausgasemissionen bis 2020 (gegenüber 1990) untermauern? Wird sie die dafür notwendigen Energieeffizienz-Richtlinien durchsetzen? Wird sie endlich den Emissionsanstieg im Flugverkehr begrenzen, beispielsweise durch eine Abgabe auf das bisher steuerfreie Flugbenzin?

Die deutsche Regierung muss in ihrem überfälligen Klimaschutzplan nicht nur die notwendigen Maßnahmen darlegen, wie sie das nationale Kyoto-Ziel, sondern auch wie sie eine 40-prozentige Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2020 erreichen will. Vor allem im Verkehrs- und Altbautenbereich bedarf es weiterer politischer Rahmensetzung.

Ganz wichtig ist der für die zweite Jahreshälfte 2005 geplante Versuch der britischen Regierung, die USA als größten Treibhausgas-Emittenten für verstärkte Klimaschutzaktivitäten zu gewinnen. Tony Blair will dies als EU-Präsident tun, der zudem den G-8 Gipfel Anfang Juli ausrichtet. Die deutsche Regierung unterstützt die Pläne: Eine Wissenschaftlerkonferenz im Februar wird auf der Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse zu den Konsequenzen des globalen Klimawandels auf die Dringlichkeit politischen Handeln hinweisen.

Die EU sollte voranschreiten

Im März sollen die 20 für den Klimaschutz wichtigsten Staaten der Welt ein Aktionsprogramm diskutieren. Und es soll diverse gemeinsame Technologie- Initiativen geben. Diese sollen nicht nur die auf spekulative Zukunftstechnologien gerichteten Initiativen der USA (etwa in Bezug auf Wasserstoff und Kohlendioxid-Lagerung) aufgreifen, sondern zusätzlich die Markteinführung heute schon existierender Klimaschutz-Technologien ins Zentrum rücken.

All dies gemeinsam mit den Ergebnissen des derzeit in Buenos Aires tagenden UN-Klimagipfels ist die Grundlage für die Ende 2005 beginnenden UN-Verhandlungen für die Zeit nach Kyoto - nach 2012 also. Wenn die EU jetzt die notwendige Führungskraft zeigt, stehen die Chancen für internationalen Klimaschutz gar nicht so schlecht.

Klaus Milke & Christoph Bals
Stellvertretender Vorsitzender & Strategiedirektor von Germanwatch

 

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