Nicht viel Zeit zum Feiern

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Nicht viel Zeit zum Feiern

Karsten Sach: „EU muss Kyoto umsetzen und voranschreiten“

 

Herr Sach, hohe Ölpreise, das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls, außerordentlich viele Wirbelstürme in Japan und den USA - gibt dies der internationalen Klimapolitik wieder den notwendigen Rückenwind?

Die Entscheidung Russlands, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren, ist ein Meilenstein für den internationalen Klimaschutz und den Multilateralismus. Erstmals wird der Ausstoß von Treibhausgasen völkerrechtlich verbindlich begrenzt. Dies ist jedoch nur ein erster Schritt. Die extremen Wetterereignisse zeigen, dass Nichthandeln unbezahlbar teuer wird. Aktiver Klimaschutz entspricht dagegen wirtschaftlicher und politischer Vernunft. Insofern bleibt nicht viel Zeit zum Feiern: Wir müssen den Ausbau des Klimaschutzsystems weiter entschieden vorantreiben.

Wird sich die Europäische Union bald auf ein ehrgeiziges Klimaschutzziel für die Zeit nach Kyoto, also nach 2012, festlegen?

Die EU will eine globale Erwärmung um mehr als 2 Grad gegenüber vorindustriellen Werten verhindern. Die EU-Staats- und Regierungschefs werden bereits auf ihrem Frühjahrsgipfel 2005 die zukünftige Strategie, einschließlich neuer ehrgeiziger Ziele, beraten. Für die Industrieländer sollten diese rasch festgelegt werden, damit Unternehmen und Bürger in Klimaschutz investieren. Unser Vorschlag: Deutschland will bis 2020 40% seiner Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 einsparen, wenn die EU als Ganze um 30% reduziert. Nur wenn Europa das Kyoto- Protokoll glaubwürdig umsetzt und weiter entschieden voranschreitet, werden wir andere überzeugen zu folgen.

Welche Konsequenzen hat der Wahlausgang in den USA für die weltweite Klimapolitik?

Um dem Klimawandel wirksam begegnen zu können, müssen wir die USA, den weltweit größten Klimasünder, zum Mitmachen bewegen. Die USA werden zwar dem Kyoto-Protokoll in nächster Zeit nicht beitreten, sie können sich dem steigenden Handlungsdruck aber nicht länger entziehen. Dies zeigen vielversprechende Schritte in vielen amerikanischen Bundesstaaten und in der Industrie. Deutschland bietet sowohl der US-Administration als auch den Bundesstaaten Kooperation an. Auch die britische G8- Präsidentschaft bietet eine gute Gelegenheit, die USA für einen nächsten multilateralen Schritt nach 2012 zu gewinnen. Ich freue mich daher, dass Tony Blair den Klimaschutz zur Priorität seiner Präsidentschaft erklärt hat.

Im Februar wird das Kyoto-Protokoll in Kraft treten. Gewinnt dadurch der Klimagipfel in Buenos Aires an Bedeutung?

Sicher, denn der multilaterale Klimaschutzprozess wird entscheidend gestärkt. Doch das Klimaschutzsystem muss weiter entwickelt werden - dafür sollte es jetzt einen offenen Dialog geben und eine Analyse der Handlungsoptionen innerhalb der UN-Klimarahmenkonvention.

China hat große Anstrengungen bei den erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz angekündigt. Wie kann Deutschland - im Sinne des Klimaschutzes - konstruktiv mit China zusammenarbeiten?

Die klimapolitischen Fortschritte Chinas in den letzten Monaten sind beachtlich. China will bis 2010 10% seines Stroms regenerativ erzeugen und im kommenden Jahr eine Weltkonferenz für erneuerbare Energien ausrichten. Dies wird den erneuerbaren Energien einen großen Schub geben. Darüber hinaus werden wir die bilaterale Zusammenarbeit bei klimafreundlichen Technologien, Energieeffizienz und anderen Klimaschutzmaßnahmen vertiefen.

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