Wetter oder Klima? Wissenschaft sucht nach Antworten

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Wetter oder Klima? Wissenschaft sucht nach Antworten

Frederike Otto
Foto: Oxford Martin ​​​​​
School, University
of Oxford

Interview mit Friederike Otto, Klimatologin und geschäftsführende Leiterin des Environmental Change Institutes der Universität Oxford. Sie ist eine Mitbegründerin und führende Vertreterin der Zuordnungsforschung, die die Zuordnung von Extremwetterereignissen zum Klimawandel ermöglicht.

Wie gut lassen sich Extremwetterereignisse dem Klimawandel zuordnen?

Das ist abhängig von der Art des Extremwettereignisses und der Region, in der es auftritt. Großskalige Ereignisse, wie zum Beispiel extreme Niederschläge, sind grundsätzlich einfacher zuzuordnen, da dafür die Klimamodelle am besten sind. Darüber hinaus ist die Aussagekraft abhängig von der Datenlage.

Welche Möglichkeiten bietet die Zuordnungsforschung für Klimaklagen?

Die Zuordnungsforschung kann helfen, die wissenschaftliche Kausalkette für Klimaklagen zu verbessern. Diese ist bei vielen Klagefällen noch lückenhaft. Die Auswahl der Klagen fokussiert bisher vor allem auf die Betroffenheit – also die Existenz von Klägern – und die passende Rechtsprechung. Ein stärkerer Fokus auf die Kausalkette beim Aufsetzen einer Klage könnte helfen. Klimaklagen könnten ein großer systemischer Hebel sein, um das Geschäftsmodell emissionsintensiver Unternehmen zu verändern – wenn diese das wachsende Klagerisiko ernst nehmen – und damit einen grundlegenden Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Steigen durch verbesserte Möglichkeiten der Zuordnung die Chancen für erfolgreiche Klimaklagen?

Ich denke ja. Beispielsweise im Fall Lliuya gegen RWE* ist die Kausalkette ganz klar. Meine Kollegen konnten die Schmelze des Gletschers, der die Palcacocha-Lagune oberhalb von Huaraz speist, eindeutig dem Klimawandel zuordnen. Wenn dieser wissenschaftliche Beleg bei der Klageeinreichung vorgelegen hätte, hätte das von Beginn an die Beweislast verbessert. Die Klage eines peruanischen Bauern gegen RWE ist dabei besonders mächtig im Sinne der Klimagerechtigkeit. Der Klageweg bietet dem Betroffenen, der ansonsten keine Stimme und keine Macht hätte, eine der wenigen Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen und Veränderungen herbeizuführen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es erfolgreiche Klagen gibt.

Lässt sich eine Aussage dazu treffen, wie groß der durchschnittliche klimawandelbedingte Anteil an Extremwetterereignissen ist? Wird das zukünftig möglich sein?

Theoretisch ja. Aufgrund der lückenhaften Datenlage ist eine vollständige Bestimmung derzeit jedoch nicht möglich. Hätte man eine breitere Abdeckung von Studien, könnte man zumindest regional und saisonal generalisierbare Aussagen treffen. Aussagen, die man momentan schon treffen kann sind: In Europa führt der Klimawandel zu einer Erhöhung der Wahrscheinlichkeit bestimmter Extremwetterereignisse. Bei Hitzewellen zum Beispiel verändert der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit um Größenordnungen von zehn bis hundert. Für Hitzewellen ist Klimawandel ein echter „Game Changer“.

Könnte man mit Hilfe der Zuordnungswissenschaft ein „klimagerechtes“ Versicherungsprodukt aufsetzen? Dabei müssten die Verursacher für den klimawandelbedingten Teil der Prämie aufkommen.

Im Prinzip könnte man den klimawandelbedingten Teil der Prämie errechnen. Dieser wäre aber regional sehr unterschiedlich. Voraussetzung für die Berechnung sind Forschungsprojekte, um regional die Schadensereignisse sowie die heutige und zukünftige Rolle des Klimawandels zu bestimmen. In Neuseeland hat das Finanzministerium ausgerechnet, wie viele von den versicherten Schäden der letzten zehn Jahre dem Klimawandel zugeordnet werden können und wie viel die Schäden das Land gekostet haben. So etwas müsste auch in anderen Teilen der Welt gemacht werden. Zusammen mit einem Kollegen aus Südafrika arbeite ich gerade an einem Projekt, das zum Ziel hat, zu analysieren, wie hoch der Klimawandelanteil einer Versicherungsprämie für das südliche Afrika sein müsste.


- Das Interview führten Laura Schäfer, Vera Künzel und Maik Winges. -

* Informationen zum „Fall Huaraz“ finden Sie unter www.germanwatch.org/der-fall-huaraz

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