Europäische Tomatenpaste überflutet den ghanaischen Markt

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Europäische Tomatenpaste überflutet den ghanaischen Markt

Notwendiger Schutz von Kleinbauern wird durch EPA behindert

 

Seit Jahren stehen ghanaische Tomatenbauern in einem unfairen Wettbewerb mit hoch subventionierter Tomatenpaste aus der EU. Ein höherer Schutzzoll gegenüber diesen Importen wäre dringend nötig. Genau das ist nach dem neuen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) in Zukunft nicht mehr erlaubt.

Das Dorf Koluedor liegt 30 Kilometer von der Hauptstadt Accra entfernt. Über fünftausend Menschen leben hier, die meisten vom Tomatenanbau. Während der Ernte im September rücken die ZwischenhändlerInnen mit ihren Lastwagen an, um die vollen Tomatenkisten aufzukaufen. "Die Preise steigen weniger als unsere Kosten", klagt ein Bauer. "Wenn die Ernte in mehreren Regionen zeitlich zusammenfällt, steigt das Angebot, und die Preise sinken" erklärt er. Viele Bauern bleiben in Koluedor auf ihren Tomaten sitzen - und den Kosten. Wegen sinkender Einkommen und wachsender Schulden sind viele Familien nicht mehr in der Lage, dreimal täglich zu essen. Vor der Ernte leiden viele Hunger, am härtesten trifft es die Kinder.

Ein Besuch auf dem städtischen Markt in Accra offenbart den Hauptgrund für die Misere. Hier stapeln sich Tomatendosen mit Aufschriften wie Gino, Pómo oder La Perla. Die meisten stammen aus Italien, China oder den USA. Die importierte Paste verdrängt frische Tomaten aus Ghana und behindert die Entwicklung einer eigenen Weiterverarbeitung in Ghana. Wurden laut der Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen (FAO) im Jahr 1998 noch etwa 3.300 Tonnen eingeführt, so waren es im Jahr 2004 bereits 24.740 Tonnen. In nur wenigen Jahren ist der Marktanteil heimischer Tomaten von 92 auf 57 Prozent gesunken.

Die VerkäuferInnen ghanaischer Frischtomaten bekommen die wachsende Konkurrenz deutlich zu spüren. "Vor fünf Jahren", klagt eine Händlerin, "haben wir hier noch viel mehr Tomaten verkauft als heute". Die Paste sei leichter zu kochen als die frischen Tomaten, und so seien in letzter Zeit immer mehr Ghanaer auf den Geschmack gekommen, erläutert sie. Was hinzukommt: Die importierte Paste ist billig, vor allem wegen der Unterstützung durch die EU. Allein im Wirtschaftsjahr 2005/06 hat die EU ihre Tomatenproduktion mit 380 Millionen Euro subventioniert. Und weil die EU damit international immer noch nicht konkurrenzfähig ist, legt sie für den Export von einer Tonne verarbeiteter Tomaten zusätzlich noch 45 Euro drauf.

Die Tomatenproduktion könnte vielen Ghanaern einen Weg aus Hunger und Armut und damit zur Umsetzung ihres Menschenrechts auf Nahrung weisen. Dazu wären mehr staatliche Unterstützung für die Produktion und eine eigene Weiterverarbeitung sowie mehr Außenschutz vor Billigimporten notwendig. Nach dem EPA-Interimsabkommen vom 13. Dezember 2007 ist Ghana allerdings dazu verpflichtet, die Zölle für über 80 Prozent der europäischen Importe bis zum Jahr 2023 auf Null zu senken, für 70 Prozent sogar schon bis 2018. Selbst wenn Tomatenpaste als "sensibles Produkt" eingestuft würde, wären die Bauern nicht aus dem Schneider. Denn eine so genannte "Standstill"-Klausel im Vertrag verbietet Ghana selbst für diese Produkte, den Zoll über das derzeitige Niveau hinaus anzuheben. Damit verliert Ghana jeglichen handelspolitischen Spielraum, der zum Schutz des Rechts auf Nahrung der betroffenen Tomatenbauern notwendig ist.

Noch gibt es Hoffnung. Denn bevor das Abkommen in Kraft treten kann, muss es vom ghanaischen Parlament ratifiziert werden. Dies wollen Bauern- und Nichtregierungsorganisationen in Ghana durch öffentlichen Druck verhindern.

Auch die europäische "Stop EPA"-Kampagne hat die EU dazu aufgefordert, die mit heißer Nadel gestrickten Abkommen nicht zu ratifizieren. Notwendig ist eine grundlegende Revision, die eine Gefährdung des Rechts auf Nahrung und anderer Menschenrechte ausschließt.

Armin Paasch (FIAN Deutschland)

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