Zusammen sind wir nicht allein

Weitblick Artikel

Zusammen sind wir nicht allein

Internationale Partnerschaften für die Umsetzung der Klimaziele von Paris und der Globalen Nachhaltigkeitsziele
ViehhüterInnen im Norden Kenias

Diese ViehhüterInnen in einer dürregefährdeten Region im Norden Kenias gehören zu den besonders verletzlichen Menschen. Manche von ihnen haben eine Versicherung gegen Dürre abgeschlossen. Sie tauschen sich über ihre Erfahrungen aus: Wo hilft die Versicherung, welche Probleme gibt es und warum haben sich manche nicht versichert?

Vielerorts wird daran gearbeitet, das Pariser Klimaabkommen und die Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) umzusetzen. Doch zum einen fehlen oft der notwendige Ehrgeiz und der politische Mut. Zum anderen probt in verschiedenen Teilen der Welt die Lobby der fossilen Energien ihren letzten großen Aufstand dagegen. Viele Unternehmen der Kohle-, Öl- und Autobranchen möchten mit ihren bisherigen Geschäftsmodellen weiter Gewinne erzielen – ein weiterer Beitrag zur Tragödie des kurzfristigen Horizonts. Germanwatch setzt sich gegenüber den Regierungen Deutschlands und der EU dafür ein, dass sie mit wichtigen Schwellenländern, progressiven oder verletzlichen Ländern des Globalen Südens oder EU-Nachbarstaaten ernsthafte Umsetzungspartnerschaften auf den Weg bringen. Es geht darum, Kooperationsmodelle für die Umsetzung der sozialen und ökologischen Ziele zu etablieren – in einer Welt, die sozial, ökologisch und politisch aus der Balance zu geraten droht.

Aber nicht nur die Regierungen sind gefragt. Es ist wichtig, dass hier möglichst viele Akteure der Zivilgesellschaft an einem Strang ziehen und gemeinsam mit Wissenschaft, Gewerkschaften und Unternehmen den Weg in eine gute Zukunft bahnen – in Deutschland und in internationalen Multi-Akteurs-Partnerschaften (kurz MAP).

Germanwatch nutzt dabei einen vom Collective Leadership Institute entwickelten Ansatz. Dieser geht aus von gemeinsam definierten Zielsetzungen und identifizierten lokal passenden Lösungen. Darauf aufbauend hat Germanwatch in den vergangenen Jahren mehrere Multi-Akteurs- Partnerschaften initiiert. Sie dienen der nachhaltigen Energieversorgung, dem Klimarisikomanagement und zur Umleitung der Finanzflüsse (siehe Kasten unten). Unsere MAP-Projekte arbeiten mit lokalen Partnerorganisationen auf eine System-Transformation hin – zum Erhalt der Lebensgrundlagen und für mehr globale Gerechtigkeit. Dabei nimmt Germanwatch als gut vernetzter Akteur in Deutschland und Europa die Rolle eines Bindeglieds ein, um zivilgesellschaftliche Kapazitäten in ausgewählten Regionen außerhalb Kerneuropas zu stärken und deren Integration in internationale und lokale Netzwerke zu fördern.

Die Klimakrise spitzt sich schnell weiter zu. Um sie einzudämmen und um die bereits unvermeidbaren Folgen zu bewältigen, sind weltweit tiefgreifende Veränderungen erforderlich. Es geht um den Umbau des Energie-, Verkehrs-, Gebäude-, Industrie- und Landwirtschaftssystems – und um die Stärkung der Resilienz besonders für arme Bevölkerungsschichten. Ohne eine starke Zivilgesellschaft kann eine solche Transformation kaum gelingen. Aber ihr Handlungsspielraum schrumpft derzeit in vielen Staaten. Selbst in Deutschland gibt es beunruhigende Signale. Aus den in Projekten entstandenen Vernetzungen können Anker im weltweiten Gefüge sich unterstützender, zivilgesellschaftlicher Organisationen werden.

Impulse für die deutsche Debatte

Wichtige Impulse entstehen durch die Projekte für die Rolle Deutschlands und der EU im Multilateralismus und in bi-/multilateralen Partnerschaften: Erste Projekterfahrungen zeigen etwa, wie wichtig es ist, dass deutsche Initiativen der Entwicklungszusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg – etwa pan-afrikanisch – strategisch koordiniert sind. Sie zeigen, dass der Dialog zwischen Ländern wie Indien und Marokko sehr konstruktiv sein könnte. In beiden Ländern sind dezentrale und lokale Ansätze zum Ausbau Erneuerbarer Energien eine zunehmend wichtige Ergänzung zu Großprojekten, um der Bevölkerung Zugang zu nachhaltiger Energieversorgung zu verschaffen.

Immer wieder zeigt sich, dass das frühzeitige Einbeziehen von marginalisierten und besonders betroffenen Menschen und der Zivilgesellschaft vor Ort viele Probleme von Anfang an vermeiden kann. Auch zeigt sich, wie wichtig Strategien sind, um die Risiken für den Einsatz von Erneuerbaren Energien und der dazugehörigen Infrastruktur und damit die Zinssätze für Darlehen zu verringern. Dies ist zentral für den notwendigen Zuwachs an Investitionen in Erneuerbare Energien in Indien und Afrika. Die deutsche Entwicklungsbank KfW oder andere Akteure können bei solchen Strategien eine wichtige Rolle spielen.

Die deutsche Bundesregierung könnte gemeinsam mit EU-Partnern solche Umsetzungspartnerschaften zu einem Markenzeichen Europas machen. Sie könnten ebenso wirkmächtig wie die von China angestoßene neue Seidenstraße sein, aber konsequent an Nachhaltigkeit, Klimaschutz und dem Ausbau von Rechtsstaatlichkeit und Zivilgesellschaft orientiert. Länder in Ost- und Südosteuropa betrachten die EU nach wie vor als Impulsgeber für Frieden und wirtschaftlichen Wohlstand. Unsere MAP-Projekte in der Ukraine und im Westbalkan zeigen, dass EU und Bundesregierung dieser Verantwortung gerecht werden müssen. Sie müssen Alternativen zur fossilen Energienutzung aufzeigen und einen gerechten Strukturwandel fördern. Sonst bestehen nicht nur klima- sondern auch sicherheitspolitische Gefahren an der EU-Außengrenze.

Die anstehende EU-Wahl wird zu einer Abstimmung darüber werden, welche Art von EU wir wollen. Wir brauchen eine EU, die weltweit in Kooperationen die Lösungen auf die großen Herausforderungen voranbringt – und vor Ort diese Lösungen so implementiert, dass die Menschen die Ergebnisse sehen und spüren. Wir brauchen eine EU, die den sozialen und ökologischen Gesellschaftsvertrag, der in den Globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung und im Pariser Klimaabkommen vorgezeichnet ist, in die Tat umsetzt. Selten war eine EU-Wahl so wichtig, wie diese am 26. Mai. Geben auch Sie der EU eine Stimme!
 

Teilnehmende der Konferenz zu Multi-Akteurs-Partnerschaften

Die Teilnehmenden der internationalen Konferenz der Multi-Akteurs-Partnerschaften von Germanwatch am 28. und 29. Januar 2019 in Bonn.

Rixa Schwarz & Christoph Bals, Germanwatch

 

 

 

 

Multi-Akteurs-Partnerschaften

Germanwatch unterstützt mit der Zivilgesellschaft vor Ort Partnerschaften, die die Klimaziele des Pariser Abkommens und die Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung umsetzen. Diese Multi-Akteurs-Partnerschaften konzentrieren sich auf Bereiche und Regionen, in denen das Potenzial für transformativen Wandel besonders groß ist, aber auch enorme Herausforderungen bestehen. Die aktuellen Projekte arbeiten

  • am Aufbau von Widerstandsfähigkeit (Resilienz) gegenüber dem Klimawandel: wir machen Klimarisikoversicherungen in Kenia bekannt und fördern diese – damit die verletzlichsten Menschen eine Unterstützung nach Wetterextremen erhalten (s. Artikel Klimarisikoversicherungen für die besonders Verletzlichen);
  • am Umleiten der Finanzströme zur Umsetzung der Klimaziele: für den Abbau von Risiken bei Investitionen in Solarenergie in Indien – damit in diesem für das Weltklima zentralen Schwellenland der Ausbau der Erneuerbaren besser vorangeht (s. Artikel Deutsche Lebensversicherungsgelder für den indischen Solarboom nutzbar machen);
  • zum Klimaschutz und der globalen Energiewende: