Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern

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Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern

Kernthemen der Klima-Verhandlungen in Bonn

 

Wie können erfolgreiche Prozesse zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern beschleunigt werden? Was müssen dazu die Regierungen der Industrie- und was die der Entwicklungsländer in einem neuen Klimaabkommen leisten? Um diese Fragen geht es im sogenannten Anpassungspaket bei den UN-Klimaverhandlungen in Bonn, die am 2. Juni beginnen.

Wie überall im Leben ist Geld nicht alles, doch Geld spielt eine zentrale Rolle. Erste Schätzungen zeigen, dass der durch den Klimawandel verursachte Finanzbedarf für Anpassung in Entwicklungsländern bis 2020 durchaus auf eine Größenordnung von 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr anwachsen könnte - und zwar zusätzlich zur schon lange versprochenen, notwendigen Erhöhung der Entwicklungshilfe. Bisher haben die Industrieländer weniger als ein Prozent der erwarteten Anpassungskosten bereitgestellt. Selbst die Umsetzung der dringlichsten  Anpassungsstrategien in den 50 ärmsten Entwicklungsländern ist chronisch unterfinanziert, obwohl es sich dabei insgesamt um "nur" ein bis zwei Milliarden US-Dollar handelt. Zum Vergleich: In Hamburg alleine werden derzeit umgerechnet etwa 800 Millionen US-Dollar in den Deichneubau zum Schutz vor dem Meeresspiegelanstieg investiert.

Wo kann das benötigte Geld herkommen? Aus Gerechtigkeitsgründen scheint es einleuchtend, dass diejenigen, die besonders stark zum Klimawandel beigetragen haben, auch den größten Anteil dieser zusätzlichen Kosten zu tragen haben. Damit kommt auf die Industrieländer, zunehmend aber auch auf die wohlhabenden Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern, eine besondere Verantwortung zu. Dies heißt allerdings nicht notwendigerweise, dass Haushaltsmittel in Milliardenhöhe fließen müssen. Es existieren eine Vielzahl von Ideen für innovative Finanzierungsinstrumente, die das Verursacherprinzip berücksichtigen. Deutschland nutzt in diesem Jahr zum ersten Mal Versteigerungserlöse aus dem Emissionshandel, um auch Klimaschutz und Klimaanpassung in Entwicklungsländern (120 Millionen Euro) zu unterstützen. Der Schönheitsfehler ist hier allerdings, dass alle diese Mittel auf die "normale" Entwicklungshilfequote Deutschlands angerechnet werden, die noch weit von dem Ziel von 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entfernt ist. Laut eines Vorschlags der EU-Kommission sollten alle EU-Staaten diesen Finanzierungspfad weiterentwickeln. Im Jahr 2020 könnten so etwa zehn Milliarden Euro für internationale Zwecke generiert werden. Bisher wehren sich die Mitgliedstaaten, auch Deutschland, aber gegen eine entsprechende Vorgabe aus Brüssel. Dies droht zu einem der großen Hemmnisse auf dem Weg zu einem neuen Klimaabkommen zu werden.

Der internationale Flugverkehr, der bisher noch vollkommen von Klimaschutzpflichten unter dem Kyoto-Protokoll befreit ist, soll ebenfalls zur Bewältigung der Klimaschäden beitragen. Hier wären sowohl die Versteigerung von Emissionszertifikaten als auch eine Flugticketabgabe denkbar. Letzteres hätte auf internationaler Ebene den Vorteil, dass es unabhängig von den nationalen Haushalten Geld generieren könnte. In den UN-Verhandlungen besteht allerdings derzeit noch große Unklarheit darüber, welche Instrumente für den Flugverkehr im Rahmen eines neuen Klimaabkommens eingeführt werden - wenn sich die Staaten überhaupt dazu durchringen können. Sinnvoll scheint es, mittelfristig ein sich weitgehend selbst finanzierendes Finanzregime zum Klimawandel zu entwickeln, bei dem Anreize zur Emissionsvermeidung gesetzt und die so generierten Gelder auch für die Bewältigung der Folgen des Klimawandels eingesetzt werden.

Zentral für die Wirksamkeit und die Zahlungsbereitschaft ist, dass die Mittel bei den besonders verletzlichen Menschen in den Entwicklungsländern ankommen. Hier stehen vor allem die Regierungen der Entwicklungsländer in der Verpflichtung, zentrale Menschenrechte wie das Menschenrecht auf Nahrung durchzusetzen. Gerade auch die Wasserversorgung wird eine Schlüsselrolle bei der Anpassung spielen. Die internationalen Gelder können diese Bemühungen unterstützen. Germanwatch wird bei den Verhandlungen in Bonn durch ein offizielles Side-Event und vielfältige Aktivitäten auf die Beachtung dieser Punkte drängen.

Sven Harmeling

 

 

 

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