Ziele für Den Haag
Ziele für Den Haag
Die Zeit wird knapp. Wenn nicht bald genügend Staaten das Kyoto-Abkommen ratifizieren, damit es in Kraft treten kann, wird die Zeit zu knapp, um die dort gesetzten Klimaschutzziele für Industriestaaten noch zu erreichen. Es müssen 55 Staaten ratifizieren, die zudem mindestens 55 Prozent der Treibhausgasemissionen der Industrieländer repräsentieren. Spätestens zehn Jahre nach Rio, im Jahr 2002, sollte das Kyoto-Protokoll in Kraft treten. Da es sehr unwahrscheinlich ist, daß der größte Emittent, die USA, bis dann ratifiziert hat, kommt der EU eine Schlüsselrolle zu. Sie muß sich mit Japan und Rußland auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Und sie muß sich mit genügend Ländern des Südens auf einen Kompromiss verständigen. Diese neben der Welthandelsorganisation (WTO) bislang bedeutendste Regulierung der Wirtschaft würde dann zunächst ohne Beteiligung der USA rechtlich verbindlich.
Eigentlich besteht kein Grund zum Trübsal-Blasen. Seit 1997, dem Jahr des Kyoto-Abkommens, gibt es in einigen der für das Weltklima besonders wichtigen Staaten dieser Welt eine gewisse Klimaschutzdynamik. Überraschenderweise ist die Tendenz am erfreulichsten in China, das - wie alle Entwicklungsländer - in Kyoto keine Reduktionspflichten übernommen hat. 1996 hatten die Emissionen dort ein Maximum erreicht. Seitdem hat China Kohlesubventionen gestrichen. Seine Emissionen haben jetzt dreimal in Folge deutlich abgenommen. In Indien und auch in den USA hat sich seit 1997 die Kurve des Anstiegs immerhin abgeflacht. Großbritannien und Deutschland, wo die Emissionen von 1994 bis 1997 weitgehend stagnierten, konnten in der Folge wieder den Treibhausgasausstoß reduzieren. Global hat der energiebedingte Treibhausgasaustoß seit 1997 leicht abgenommen - wer hätte das vor drei Jahren zu hoffen gewagt?
Viele Details des Kyoto-Protokolls sind in Den Haag zu lösen. Vor allem die Regeln für die verschiedenen Formen des Emissionshandels und den Einbezug von Wäldern sind festzuklopfen. Sie sollen das Kyoto-Protokoll ratifizierbar machen, ohne es durch lauter Schlupflöcher zu entwerten. Das Klimaschutzprotokoll muß die Grundlage für weit größere Reduktionen im Laufe dieses Jahrhunderts legen. Es gilt zu verhindern, daß Schlupflöcher die Substanz des Protokolls aushöhlen:
- Höchste Vorsicht gilt es bei den Regeln für das Einfangen von Kohlendioxid durch Bäume ("Senken") gelten zu lassen. Wie geht man damit um, wenn ein Temperaturanstieg - weil dann plötzlich aus dem Boden zusätzliche Treibhausgase entweichen - aus Wäldern Quellen statt Senken macht? Wie will man die Dauerhaftigkeit der CO2-Bindung, etwa bei großen Waldbränden wie jüngst in den USA, garantieren?
- Ähnliche Risiken bestehen beim sogenannten Clean Development Mechanismus. Akteure aus Industrieländern führen Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern durch und müssen dementsprechend weniger Klimaschutz zu Hause machen. Dies kann ein effektives Instrument zum Export innovativer Technologien sein. Aber nur, wenn sichergestellt ist, daß dies tatsächlich zusätzliche Klimaschutzprojekte sind. Wenn hingegen jedes in Entwicklungsländern gebaute Kraftwerk wegen des normalen technischen Fortschritts Treibhausgaskredite erhält, unterminiert dies den Klimaschutz in den Industrieländern. Und es führt nicht zu Innovationen in den Entwicklungsländern. Dem Klima ist damit nicht geholfen.
- Der internationale Flugverkehr hat im Kyoto-Abkommen noch gar keine Pflichten. Es wird höchste Zeit, diesen Prozeß voranzutreiben. Denn allein der prognostizierte Anstieg des Flugverkehrs kompensiert die Hälfte der durch das Kyoto-Abkommen (hoffentlich) reduzierten Treibhausgase.
- Die Haftungsfragen müssen beim internationalen Emissionshandel eindeutig geregelt sein. Der Käufer muß dafür haften, daß er nicht bei Ländern kauft, die wegen ihrer schlechten Emissionsbilanz nichts zu verkaufen haben. Nur dann ist gewährleistet, daß er schon bei der Auswahl der Verkäufer nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die Seriösität des Angebots achtet.
Christoph Bals
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