Hungernde im Abseits

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Hungernde im Abseits

Die Gruppe der acht größten Industrienationen (G8) hofiert Konzerne anstatt sie zu kontrollieren
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Ernährungssouveränität und -sicherheit spielen für die Menschen in Afrika eine sehr große Rolle. Aber über den richtigen Weg dorthin herrscht nicht immer Einigkeit. (Foto: Fred Dott)


Skurril waren die Bilder vom letzten G8-Gipfel im Juni in Irland. Absperranlagen wurden mit irischen Landschaftsmotiven behängt und Fenster verlassener Gaststätten mit geselligen Kaffeehausszenen beklebt. Alles nur Fassade. Auch die Hungerbekämpfung diente den G8-Regierungen vor allem als Fassade für die Interessen ihrer Agrar- und Ernährungsindustrie.

Allianz mit Konzernen ausgebaut – Diskriminierung der Betroffenen auch

Auf dem Gipfel vor einem Jahr wurde die New Alliance for Food Security and Nutrition von der G8 ins Leben gerufen. Sie soll Privatinvestitionen in die Landwirtschaft fördern und damit in zehn Jahren 50 Millionen Menschen in Afrika aus der Armut helfen. Von Beginn an wurde sie scharf von Zivilgesellschaft und Bauernorganisationen in Afrika kritisiert. Kern der Kritik ist, dass Konzerne wie Monsanto und BASF nicht nur ihre Lösungen anbieten, sondern mit am Tisch sitzen, wenn die Probleme definiert werden. Auf die Zielgruppe und deren Kritik und Lösungsansätze hört man nicht. Entsprechend will die Allianz das Investitionsklima in menschenrechtlich sensiblen Bereichen wie Saatgut und Land verbessern und Investitionsrisiken durch staatliche Dienstleistungen reduzieren. Sie betont zwar, dass auch viele mittelständische nationale Firmen beteiligt sind, aber oft sind dies Subunternehmen oder Vertragspartner der transnationalen Konzerne.

Der Gipfel blieb von dieser Kritik unbeeindruckt und baute die „Allianz der Mächtigen“ durch vier neue Partnerländer weiter aus. Die Bundesregierung wird diese Allianz mit der Länderkooperation mit Benin noch stärker unterstützen.

Transparentes Land Grabbing

Die G8 wollen sich auch in die Debatte zum Thema Land und Land Grabbing (Landaneignung) einbringen – ebenfalls aus der „pro-business“-Perspektive. Mit einer Landtransparenzinitiative (LTI) sollten ursprünglich Investoren durch vage und unverbindliche Transparenzkriterien aus der Schmuddelecke der Land Grabber heraus. Nachdem es auch hier massive Kritik vor allem von afrikanischen Bauernorganisationen aber auch von Wissenschaftlern und Nichtregierungsorga

nisationen hagelte, präsentierte die G8 nun eine veränderte Version. Diese betont zunächst die Bedeutung der neuen Leitlinien zu Land, die im Mai letzten Jahres im UN-Ausschuss für Welternährungssicherheit angenommen wurden. Sie beschreiben menschenrechtssensibel, was Staaten tun können, um den Zugang zu Land auch für verletzliche Gruppen abzusichern.
Allein Italien hat jedoch erklärt, die Umsetzung dieser Leitlinien über die FAO zu unterstützen. Bauernorganisationen erhoffen sich so eine Umsetzung, die weniger von den einzelnen Geberinteressen dominiert ist.

Deutschland, Großbritannien, die USA, Frankreich und die EU haben dem gegenüber ähnlich wie bei der New Alliance bilaterale Länderpartnerschaften für „transparentere“ Landtransaktionen verabredet. Deutschland kooperiert demnach mit Namibia. Interessanterweise sehen die G8 ihr Engagement in diesem Bereich begründet, da es viele Investoren aus ihren Mitgliedsländern gibt. Deshalb forderten Nichtregierungsorganisationen von der G8 gerade eine Initiative, um intern diese Investoren zu kontrollieren, auf menschenrechtliche Standards festzulegen und bei eventuellen Menschenrechtsverletzungen auch zur Rechenschaft zu ziehen. Dazu jedoch schweigen die Abschlussdokumente.


Roman Herre, FIAN Deutschland