Energiewende wohin?
Energiewende wohin?
Mit Spannung und Neugierde, zum guten Teil auch mit Skepsis, schauen weltweit Experten auf die deutsche Energiewende. Da will eine Industrienation, deren Wohlstand auf Kohle- und Kernkraftstrom gewachsen ist, aus der Atomkraft aussteigen und zugleich bis 2050 ihre Emissionen um 80 bis 95 Prozent verringern. Die Zweifel an einem Gelingen des ambitionierten Projektes sind groß:
- Gewährleistet der schwankende Wind- und Solarstrom eine sichere Energieversorgung?
- Wandert die deutsche Industrie wegen steigender Strompreise in andere Regionen Europas oder der Welt ab?
- Lassen sich trotz des zügigen Atomausstiegs die Klimaziele erreichen?
Das belegt auch eine Befragung des Weltenergierates, eines Energieträger übergreifenden Netzwerkes der Energiewirtschaft, unter seinen Experten aus 21 Ländern. Keiner der Befragten erwartet, dass Deutschland sämtliche Ziele der Energiewende in der anvisierten Frist erreichen
kann. Allerdings halten 62 Prozent der Befragten einzelne Bausteine für nachahmenswert.
Gemischt war auch der Tenor, als Germanwatch Mitte des Jahres gemeinsam mit Klaus Töpfer und Delegationsleitern der UN-Klimaverhandlungen die Energiewende diskutierte: „Wir beobachten das mit großem Interesse“; „Wenn sie gelingt, hilft es uns sehr – aber nur, wenn sie gelingt“; „Niedrige Emissionen, viele Jobs, eine florierende Industrie – daran messen wir den Erfolg der Energiewende – und ob wir uns daran orientieren“.
Mit der Energiewende ist Deutschlands Einfluss auf die internationale Energie- und Klimapolitik größer als je zuvor. Setzt Deutschland die Energiewende in den Sand, blockiert es den internationalen Umbau. Gelingt sie aber, wird diese zur dynamisierenden Kraft weltweit.
Die bisherige Bilanz ist gemischt. Der Ausbau von Energieeffizienz kommt zu langsam, der von Erneuerbaren Energien hingegen zügig voran. Der Ausbau von Speichern und Stromnetzen droht zum Flaschenhals zu werden. Regionen, die den Umbau befördern, blühen auf. Manche Unternehmen wiederum klagen über gestiegene Strompreise. Germanwatch verfolgt die Fortschritte der deutschen Energiewende kritisch und setzt sich auf verschiedenen Ebenen für einen Erfolg des Projektes ein.
Christoph Bals