Deutschland zeigt in der internationalen Klimafinanzierung neue Wege auf
Deutschland zeigt in der internationalen Klimafinanzierung neue Wege auf
Spätestens seit der Klimakonferenz in Cancún 2010 ist die Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen sowie für den Regenwaldschutz in Entwicklungs- und Schwellenländern (sog. internationale Klimafinanzierung) das zentrale Instrument für internationale Klimapolitik und zugleich ein wichtiges Vertrauen bildendes Element. Ohne sie wird es weder die notwendigen Vorreiterkoalitionen noch letztlich ein Klimaabkommen mit wirklich ambitionierten Reduktionszielen geben. Um einen ungebremsten Klimawandel zu verhindern, müssen jetzt die Weichen hin zu einem globalen kohlenstoffarmen Energie- und anpassungsfähigen Wirtschaftssystem gestellt werden. Deshalb ist es dringend erforderlich, massiv in Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungs- und Schwellenländern zu investieren.
Die Messlatte liegt hoch: In den „Cancún Agreements“ erneuerten und formalisierten die Industrieländer ihre Zusage, von 2010 bis 2012 als Schnellstartfinanzierung gemeinsam 30 Mrd. US$ für die Klimafinanzierung bereitzustellen. Zusätzlich stellten sie in Aussicht, bis 2020 die Finanzierung auf jährlich 100 Mrd. US$ zu steigern. Wichtig ist, dass es zwischen 2012 und 2020 nun tatsächlich zu einem entsprechenden Aufwuchsplan der Finanzzusagen kommt. Die Schnellstartfinanzierung gilt als erster Prüfstein für die Umsetzung des 100-Mrd.-US$-Versprechens. Auch in Deutschland, einem der wichtigsten Geber, lief sie bisher eher enttäuschend an: Aufgrund der „Doppelzählung“ alter Zusagen gab es kaum zusätzliche Mittel – lediglich 15 Prozent sind wirklich „frisches Geld“.
In mancher Hinsicht aber wurde die Bedeutung der Klimafinanzierung von Parlament und Regierung erkannt. So stellt Deutschland 2011 rund 1,2 Mrd. € an internationaler Klimafinanzierung zur Verfügung. Positiv daran: Der deutsche Beitrag bewegt sich auf relativ hohem Niveau. Negativ hingegen: Erforderlich wäre mindestens das Fünffache.
Außerdem zeigt Deutschland neue Wege auf. Die Einrichtung des Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ (EKF) zur Finanzierung nationaler und internationaler Klimaschutzmaßnahmen ist – trotz mancher Kritik im Detail – vom Grundsatz her positiv zu sehen. Mit dem EKF wurde eine parallele Haushaltsstruktur geschaffen, die eine – im Haushaltsrecht ansonsten nicht vorgesehene – „Zweckbindung“ von Einnahmen und Ausgaben erlaubt. Ab 2012 fließen in Deutschland alle Erlöse aus der Versteigerung der Emissionszertifikate des Europäischen Emissionshandels in diese neue Struktur. Ab 2013 erwartet die Bundesregierung Einnahmen von mehr als 3 Mrd. € pro Jahr, etwa 15 Prozent davon sind für den internationalen Bereich vorgesehen.
Besonders daran ist die Anwendung des Verursacherprinzips. Die Bundesregierung versteigert „Verschmutzungsrechte“ – erlaubt also Unternehmen, CO2 zu emittieren – und verwendet dieses Geld zur Klimafinanzierung. Dadurch wird der öffentliche Haushalt nicht belastet. Ein solches „sich selbst finanzierendes Klimaschutzsystem“ ist allerdings nur stabil, wenn die Menge der Zertifikate so verknappt wird, dass die Preise stabil bleiben. Auch dies spricht dafür, dass die EU endlich ihr Reduktionsziel von 20 auf 30 Prozent verschärft. Das System lässt sich erweitern, z. B. durch Einnahmen aus der Flugticket-Abgabe. Zweckbindung nach dem Verursacherprinzip ist sehr innovativ und sollte auch in der Europäischen Union Schule machen.
Anja Esch, Linde Grießhaber