Ethisch-ökologisches Investment
Ethisch-ökologisches Investment
Geldanlage im Sinne von nachhaltiger und zukunftsfähiger Entwicklung? Ist so was denn überhaupt möglich, wo doch gerade die Geldwirtschaft an der Entstehung unzähliger Krisensituationen - man denke nur an die Auswirkungen der Schulden armer Staaten - zumindest mit beteiligt war? Ja, alles das gibt es schon, nicht nur in der Schweiz, die mit einigen Pensionskassen wie "ethos" in Genf oder "NEST" in Zürich eine europäische Vorreiterrolle spielt. Der Begriff "Sustainability" hat schon vor Jahren Einzug in die Finanz- und Versicherungsbranche gehalten. Inzwischen gibt es auch Unternehmen, die danach benannt worden sind wie die Schweizer "Sustainable Asset Management AG" oder die damit zusammenhängende Beteiligungsgesellschaft "Sustainable Performance Group AG", die seit 1997 an der Zürcher Börse notiert.
Vor zehn Jahren war das Thema der ethisch-ökologischen Geldanlage im deutschsprachigen Raum jedoch nur wenigen Umwelt-, Solidaritäts- und Friedensbewegten ein Begriff. Außer von der ökumenischen Entwicklungsgenossenschaft EDCS und der noch ganz jungen Ökobank gab es kaum Anlageangebote. Inzwischen ist aus der ehemaligen Nische auch in Europa ein Milliardenmarkt geworden - in den USA und Großbritannien ist er das schon lange. Es gibt hunderte verschiedene "ethische" Anlagemöglichkeiten, z.B. Ökosparbücher, Umweltaktien, Windkraftwerksbeteiligungen, "Öko-Wagniskapital"-Beteiligungsgesellschaften, Ethik-Investmentfonds oder Öko-Lebensversicherungen. Immer mehr Menschen wollen sichergehen, daß mit ihrem Ersparten nicht gerade Atomkraftwerke oder Rüstungsmaterial erzeugt werden.
Information tut not
Leider sind auch einige schwarze und "graugrüne" Schafe auf den "ethischen" Zug aufgesprungen und haben - wie die Kölner Concorde-Artus oder die Hamburger Hanseatische AG - zwei- bis dreistellige Millionensummen an Anlegerschaden hinterlassen.
Der Großteil der "ethischen" Geldanlagemodelle sind jedoch seriös ausgestaltet, nur fehlen leider oft die Informationen darüber. Haben Sie schon einmal bei Ihrer Hausbank nach Möglichkeiten einer Geldanlage im Umwelt- oder gar "Ethik"-Bereich gefragt? Wenn es hoch kommt, wird man Ihnen vielleicht den einen oder anderen Umweltinvestmentfonds nennen können oder Sie auf die "Ökobank" in Frankfurt oder die "UmweltBank" in Nürnberg verweisen. Dabei gibt es zu fast jedem Geldanlageprodukt inzwischen auch in Deutschland eine "grüne" Variante, auf die man jederzeit - und ohne Renditeverzicht - umsteigen kann, z.B. auf Anleihen der "EUROFIMA", die - bei bester Bonität (AAA) - ausschließlich der Finanzierung des rollenden Eisenbahnmaterials auf europäischen Schienen dienen. Wesentlich mehr Auswahl als im festverzinslichen Bereich hat man im Aktienbereich, wo es weltweit an die 1.000 Unternehmen gibt, die attraktiv im Sinne von zukunftsfähiger Wirtschaftsweise sind.
Nachhaltiger Aktienindex
Seit dem 1.April 1997 gibt es auch einen Aktienindex, dessen Aktien u.a. auch bestimmten Nachhaltigkeitskriterien genügen müssen: den "Natur-Aktien-Index" (NAX). In Zusammenarbeit mit der Redaktion des Monatsmagzins "natur" (jetzt "natur & kosmos" München) hat der ÖKO-INVEST-Verlag (Wien) diesen ökologischen Aktien-Index kreiert. Der NAX startete mit dem Ausgangswert 1.000, ein Jahr später lag er bei 1.331, über 2 Prozentpunkte besser als der ebenfalls auf Dollarbasis kalkulierte konventionelle Vergleichsmaßstab MSCI-Welt Index. Nach einem Höchststand von rund 1.400 sank der NAX im Zuge der Börsenkrise im Sommer 1998 auf 1.050 zurück, um sich bis Anfang '99 wieder auf über 1.200 zu erholen. Die Hauptkriterien für die Erstaufnahme der 20 weltweit und nach Branchen gestreuten Aktien in den NAX waren:
- Das Unternehmen ist einer der ökologischen Vorreiter in seiner Branche, es erfüllt mehr als nur die gesetzlichen Vorschriften zum Umweltschutz.
- Das Unternehmen ist um eine Steigerung der "Öko-Effizienz" (Einsparung von Energie, Wasser und Rohstoffen) und eine nachhaltige Wirtschaftsweise bemüht.
- Das Unternehmen ist keiner ausgesprochen umwelt- und lebensfeindliche Branche wie der Atomkraft-, Rüstungs-, PVC- oder Tabakindustrie zuzuordnen.
Von der Pfandflasche bis zum Windrad
Eines der auch ökonomisch sehr lukrativen NAX-Unternehmen (der Kurs hat sich zwischen 1993 und 1998 mehr als verzwanzigfacht!), die norwegische "Tomra Systems", stellt Geräte zur Rücknahme von Pflandflaschen her und hat inzwischen einen Weltmarktanteil von 90 % erreicht.
Maßgeblich beteiligt waren dabei politische Weichenstellungen, die Pfandsysteme erst ermöglicht haben. In Holland wurde für bestimmte Investments im Bereich erneuerbarer Energien sogar eine Steuerbefreiung für alle Erträge daraus eingeführt. Auch der Boom der Windkraftwerke - statt 60 wie noch Anfang des Jahrzehnts gibt es nun schon rund 6.000 Anlagen in Deutschland - wäre ohne das Stromeinspeisungsgesetz nicht möglich gewesen. Und auch nicht ohne die vielen Tausend Privatanleger, die in diese Branche Milliardensummen investiert haben. Daß man - bei guten Windverhältnissen und ausgefeilter Turbinentechnologie - dabei auch Traumrenditen realisieren kann, weckt in manchen "Kapitalisten" schon zuweilen Neidgefühle.
Wer sich die Mühe der Auslese einzelner "grüner" Aktien nicht machen will, kann sein Geld auch in Umwelt-Investmentfonds wie den Ökovision, den Ökolux oder Ökosar investieren. Voraussichtlich im Frühjahr 1999 soll auch - initiiert von der Hamburger Securvita - ein erster grüner "Indexfonds" auf den Markt kommen, der ausschließlich in die 20 Titel des NAX investiert.
Alles in allem tut sich also etwas im Bereich des nachhaltig-verantwortlichen Investments.
Max Deml
Der Autor ist Leiter des Forschungsinstituts für ethisch-ökologische Geldanlagen in Wien, Chefredakteur des 14-täglich erscheinenden Börsenbriefs "ÖKO-INVEST" sowie Mitautor von "Grünes Geld, Jahrbuch für ethisch-ökologische Geldanlagen 1998/99".