Stadt-Zukunft digital? Germanwatch auf dem Deutschen Naturschutztag
„STADT-LAND-FLUSS – welche Natur wollen wir?“ – Das war das Motto des 35. Deutschen Naturschutztages, der vom 31.05. bis zum 02.06.2021 mit mehr als 1.000 Teilnehmenden digital stattgefunden hat. Der deutschlandweit größte Naturschutzkongress suchte nach Antworten auf drängende Fragen, die sich durch den schnellen Wandel unserer Städte und der ländlichen Räume sowie des Klimas für den Naturschutz ergeben. Hendrik Zimmermann von Germanwatch hat eine 2,5-stündige Session zum Thema „Stadt-Zukunft digital?“ moderiert.
Die Digitalisierung hat - schon vor Corona - in vielen Städten Deutschlands Einzug gehalten; in der Session „Stadt-Zukunft digital?“ wurde zunächst ein Überblick gegeben, wo und in welchen Bereichen dies stattfindet. Am Beispiel der Digitalstadt Darmstadt wurde der Überblick vertieft und über konkrete praktische Erfahrungen berichtet. Ein Fokus lag darauf, wie in „Smart Cities“ die globalen Nachhaltigkeitsziele umgesetzt werden und welche Rolle insbesondere die „Natur“ dabei spielt.
Friederike Rohde vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung identifizierte Kommunen als wesentliche Orte, wo digitaler Wandel stattfindet. Daraus erwächst ihrer Ansicht nach eine Rolle für Kommunen als aktive Gestalter. Sie äußerte die Sorge, dass die Stadt zum „Markt“ für „Konsument:innen“ degradiert werde und machte deutlich, dass Infrastrukturen der Daseinsvorsorge in die öffentliche Hand gehören. Friederike Rohde postulierte, dass langfristige und indirekte ökologische und soziale Wirkungen von digitalen Technologien stärker reflektiert werden müssen. Offene digitale Infrastrukturen und partizipative Prozesse seien notwendig, würden jedoch ein Umdenken in Politik und Verwaltung erfordern.
Simone Schlosser von der Digitalstadt Darmstadt GmbH stellte das Modellvorhaben Digitalstadt Darmstadt vor und berichtete von Erfahrungen aus der Praxis. In ihren Augen ist die Digitalisierung ein wichtiges Werkzeug zur effektiven Nutzung knapper Ressourcen. So präsentierte sie die Beispiele Smart Lighting, Smart Waste und Smart Zoo aus Darmstadt. Simone Schlosser stellte jedoch klar, dass die Digitalisierung nicht als Selbstzweck angesehen werden dürfe, sondern konkrete Mehrwerte für Bürger:innen bringen müsse. Sie sieht vor allem die Chancen der digitalen Technologien, z.B. bezüglich Stromeinsparungen oder Verkehrsverflüssigung.
Lukas Laufenberg vom Arbeitskreis Digitalisierung der BUNDjugend erläuterte, dass der Begriff „Smart City" in die Irre führe und es notwendig sei, über konkrete Anwendungen und Technologien zu sprechen. Chancen und Risiken dieser Anwendungen und Technologien müssten verstärkt mit globaler Perspektive bilanziert werden. Er plädierte für „Suffizienz statt Smartness“ und forderte naheliegende, resiliente Lösungen für ökologische Probleme in Städten, für die in vielen Fällen gar keine digitalen Technologien vonnöten seien.
Hendrik Zimmermann von Germanwatch moderierte eine lebhafte Diskussion der Panelist:innen mit dem Publikum. Germanwatch ist überzeugt, dass die Digitalisierung der Städte politischer Rahmensetzungen bedarf, die ökonomische, soziale und ökologische Risiken eindämmen und die Demokratie schützen. Hierunter fallen neben Ressourcen- und Klimaschutz auch soziale Auswirkungen und Aspekte wie Datenschutz, Datensicherheit, Diskriminierungsfreiheit oder das Eindämmen von Marktmacht.