Breites Bündnis fordert von künftiger Regierung Digitalisierung für das Gemeinwohl
Berlin (27. April 2021). Das vergangene Jahr hat deutlich gemacht, dass sich Politik und Verwaltung mit ihrer eigenen digitalen Transformation schwertun und in der Digitalpolitik Schwerpunkte setzen, die oft nicht den Bedürfnissen der Gesellschaft und dem Schutz der Lebensgrundlagen entsprechen. Ein breites Netzwerk zivilgesellschaftlicher Organisationen, darunter Germanwatch, will helfen, das zu ändern. Im Mittelpunkt der Forderungen steht die digitale Souveränität, das heißt, dass Menschen und Organisationen die Fähigkeiten, Rechte und Möglichkeiten bekommen sollen, in der digitalen Welt selbstbestimmt und sicher zu agieren.
„Bisher sind wir von digitaler Souveränität weit entfernt“, sagt Hendrik Zimmermann, Referent für Digitale Transformation bei Germanwatch. „Wir benötigen die richtigen Rahmenbedingungen von der Politik, um Digitalisierung so zu gestalten, dass sie Demokratie, Gemeinwohl und den Schutz der Lebensgrundlagen voranbringt.“
Deshalb hat sich unter digitalezivilgesellschaft.org ein breites Spektrum von mittlerweile rund 30 Organisationen zusammengefunden, um mit ihrer Expertise zu unterstützen. Das Netzwerk zeigt, wie eine digital souveräne Gesellschaft gelingen kann. Im Mittelpunkt stehen vier Forderungen.
Vier Forderungen für eine bessere Digitalpolitik
1. Digitale Souveränität: Statt eines Digitalministeriums fordert das Netzwerk ein klares digitales Programm mit digitaler Souveränität als Leitprinzip, das mit Vertreter:innen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft verfasst wird. Die Organisationen fordern dafür einen Runden Tisch sowie ein transparentes, messbares Monitoring von Maßnahmen im Anschluss.
2. Beteiligung und Transparenz: Die Zivilgesellschaft sollte endlich die gleichen Möglichkeiten wie Wirtschaft und Wissenschaft erhalten, ihre Expertise in die Digitalpolitik einzubringen. Dafür fordern die Organisationen eine Zivilgesellschaftsquote in politischen Beratungsgremien, Transparenz zu Abläufen politischer Entscheidungsprozesse und gesetzlich festgelegte Fristen für Konsultationen.
3. Öffentliches Geld, öffentliches Gut: „Öffentlich geförderte digitale Lösungen müssen für alle zugänglich sein, damit kein Wissen verloren oder Probleme doppelt gelöst werden“, fordert Zimmermann. Deshalb müsse für Staatsausgaben im digitalen Bereich gelten: „Public Money? Public Good!“ Das betreffe Software, nicht-personenbezogene Daten der öffentlichen Verwaltung sowie offene Bildungsmaterialien.
4. Nachhaltige Digitalisierung: Die Digitalisierung kann nur dann gelingen, wenn der Aufbau von digitaler Infrastruktur die notwendige ökologische und soziale Transformation unterstützt. Dazu fordern die Organisationen neben ökologischen Zielen einen Infrastruktur-Fonds für Free and Open Source Software (FOSS) und verbindliche Diversitätsziele bei der Förderung digitaler Lösungen. Zimmermann: „Die gemeinwohlorientierte Zivilgesellschaft engagiert sich für demokratische Teilhabe und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Dafür fordern wir zum Beispiel einen „Nachhaltigkeitsindex Digitalisierung“, der die Fortschritte auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Digitalisierung dokumentiert.“
Unterzeichnende Organisationen von digitalezivilgesellschaft.org:
Superrr Lab, betterplace LAB, Free Software Foundation Europe, Digitale Gesellschaft, Epicenter.Works for digital rights, Chaos Computer Club, Wikimedia Deutschland, Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland, Liquid Democracy, D 64, Stiftung Neue Verantwortung, i.Rights.Lab, Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung, Open
Knowledge Foundation Deutschland, Ashoka, Center for the Cultivation of Technology, Stiftung Erneuerbare Freiheit, Verstehbahnhof, Goethe-Institut, N.DE Forum for Digital Rights, BUNDjugend, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, Bundesverband Smart City e.V., gut.org, neuland21, Germanwatch e.V., project together, mediale pfade, futur eins
Weitere Zitate aus beteiligten Organisationen:
„Der Zugang zu Wissen und digitaler Infrastruktur entscheidet, wer in Zukunft mitgestalten kann und wer abgehängt wird. Digitale Selbstbestimmung ist deshalb eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.“
Elisa Lindinger & Julia Kloiber, Superrr Lab gGmbH
„Warum wird durch Steuergelder finanzierte Software nicht als Freie Software veröffentlicht? Wenn es sich um öffentliche Gelder handelt, sollte auch der Code öffentlich sein. Ein von allen bezahlter Code sollte für alle verfügbar sein!“
Alexander Sander, Free Software Foundation Europe
„Digitalisierung muss demokratisch gestaltet sein. Bei allen technischen Möglichkeiten gilt, dass Technologien nur sinnvoll sind, wenn sie am Wohlergehen von Mensch und Umwelt ausgerichtet werden. Dafür stehen wir als digitale Zivilgesellschaft.“
Henriette Litta, Geschäftsführerin Open Knowledge Foundation Deutschland e. V.
„Um Vertrauen in digitale Systeme aufzubauen, muss staatlich geförderte und genutzte Software so entwickelt werden, dass die volle Kontrolle über sie ausgeübt werden kann. Wir fordern daher: Public Money, public Code!“
Constanze Kurz, Sprecherin Chaos Computer Club