Als Hurrikan "Andrew" US-Versicherungen wegfegte

Weitblick Artikel

Als Hurrikan "Andrew" US-Versicherungen wegfegte

 

Firmenpleiten folgten der "Jahrhundertflut" an der Elbe im vergangenen Sommer auf dem Fuße. Der Börsenkurs des Bergbauunternehmens Xstrata fiel 2002 um knapp zehn Prozent, nachdem die japanische Regierung die Einführung einer Kohlendioxidsteuer ankündigte. Im Jahre 1992 brachte Hurrikan "Andrew" die US-Versicherungen ins Wanken - mehrere Versicherer gingen an der Zahlung der Folgeschäden bankrott. Diese Einzelereignisse stehen im Zusammenhang: Sie belegen, dass die direkten und die indirekten Auswirkungen des Klimawandels zunehmend eine finanzielle Gefahr für Unternehmen darstellen. Auch die meist regulativen Versuche der Gesetzgeber, dem Klimawandel zu begegnen, bergen bislang unterschätzte, aber weit reichende Risiken für Unternehmer und Anleger. An diesem Hebel können Klimaschützer ansetzen.

Welches Unternehmen reagiert auf diese Unsicherheiten mit einem adäquaten Risikomanagement? Wie hoch sind die Treibhausgasrisiken eines Unternehmens?

Fragen, die sich seit neuestem nicht nur "Ökofuzzis" stellen, sondern auch große Kapitalanleger. Eine Gruppe von 35 internationalen Investoren - darunter Allianz Dresdner und die Münchner Rück - erarbeitete im gemeinsamen "Carbon Disclosure Projekt" einen entsprechenden Fragekatalog, der 2002 an die 500 größten Unternehmen der Welt verschickt wurde. Vor wenigen Monaten wurden die ersten Antworten und Ergebnisse veröffentlicht (im Internet unter www.cdproject.net).

Beträchtliches Informationsdefizit der Unternehmen

Beunruhigende Erkenntnis der Studie des Carbon Disclosure Projektes: Auf Seiten der Unternehmen herrscht ein beträchtliches Informationsdefizit. Kaum eine Firma erhebt systematisch Daten über ihren Treibhausgasausstoß. Analysten und Fondsmanager verfügen nicht über geeignete Analyseinstrumente, um Treibhausgasrisiken zu bewerten oder - wenn Emissionsdaten vorliegen - diese bei der ökonomischen Unternehmensbewertung adäquat mit einfließen zu lassen. Unterschätzt werden vor allem die indirekten, regulativen Risiken durch den Gesetzgeber. Viele Unternehmen hoffen, durch Lobbyarbeit eine stringente Klimapolitik vermeiden zu können.

Der weltweite Finanzinformationsdienst Innovest hat speziell die Treibhausgasrisiken von Firmen untersucht. In einem "Kohlenstoff-Nachhaltigkeits-Rating" wurden Unternehmen in Bezug auf die Nachhaltigkeit im Umgang mit Treibhausgasemissionen beurteilt.

Bewertet werden u.a. die Strategien bezüglich Klimapolitik, Aktivitäten zur Abmilderung des globalen Klimawandels, die Treibhausgasemissionen des Betriebs sowie die Möglichkeit, durch Regulierungen Gewinne zu erwirtschaften (u.a. im Emissionshandel). Bemerkenswerter Teilaspekt der Innovest-Analyse: Das "Treibhausgasrisiko" ist nicht nur je nach Wirtschaftszweig unterschiedlich hoch, sondern schwankt auch innerhalb einzelner Branchen beträchtlich! Beispielsweise variiert der Kohlendioxid-Ausstoß pro gefertigtem Pkw bei den befragten Autoherstellern um den Faktor 35.

Neuer Markt für Unternehmensberater und Klimaschützer

Ein Grund für die beträchtlichen Differenzen sind u.a. die jeweiligen politischen Rahmenbedingungen. Hat das Land, in dem das Unternehmen wirtschaftet, das Kyoto-Protokoll ratifiziert? Besteht ein Emissionshandelsregime? Während es unter US-Unternehmen sehr große Unterschiede im Umgang mit Regulierungen gibt, ist bei europäischen Firmen im allgemeinen das Bewusstsein für mögliche Regulierungen und der frühe, kostensenkende Umgang damit vorhanden. Dass auch in Deutschland der Einzelfall anders aussehen kann, beweist u.a. das BASF-Lobbying gegen Klimaschutzmaßnahmen.

Großanleger wie Banken, Pensionsfonds und Versicherungen sehen immer häufiger die ökonomische Notwendigkeit, Treibhausgasrisiken bei der Kapitalanlage zu berücksichtigen. Hier entsteht ein neuer Markt für Unternehmensberater - und für Umweltorganisationen, deren Expert/-innen bereits über langjährige Erfahrungen mit dem Thema verfügen.

So könnte ein empfehlenswertes Risikomanagement aussehen: Bei anstehenden Investitionen mit einem CO2-Schattenpreis rechnen, sich Optionen auf Emissionsrechte sichern, Investitionen in Erneuerbare Energien tätigen. Die Herausforderung liegt darin, jetzt für eine gute Startposition im kommenden "Kohlenstoffwettbewerb" (das unternehmerische Risikomanagement in Bezug auf den Klimawandel) zu sorgen.

Dieser Wettbewerb hat Konsequenzen für Share- und Stakeholder, für den Ruf eines Unternehmens und seine Marktposition. Und er läuft bereits - nur einige Unternehmen haben das noch nicht gemerkt.

Stefan Rostock
 

Weitere Infos:

Zuletzt geändert