Einschränkende Solidarität mit den USA. Eine Klimastrategie nach dem Irakkrieg

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Einschränkende Solidarität mit den USA. Eine Klimastrategie nach dem Irakkrieg

 

Spätestens der Irak-Krieg hat deutlich gemacht, dass weltweit derzeit um ein neues Grundmuster der Machtverteilung gerungen wird. Viele offene Fragen bleiben: Welche Chance hat das Völkerrecht angesichts eines sich selbst ermächtigenden Hegemons? Kann es noch seiner Aufgabe gerecht werden, im Sinne von Jürgen Habermas, "den Stimmen der Betroffenen gleichmäßig und gegenseitig Gehör zu verschaffen"? Oder wird es in Zukunft nur noch ein Völkerrecht à la carte geben, wobei die USA das Menü zusammenstellen? Wie geht es weiter mit den Politikfeldern, die - wie der Klimaschutz - auf die Kooperation des größten Treibhausgas-Emittenten USA angewiesen sind, aber nicht auf dessen Speiseplan stehen? Eine internationale Klimastrategie könnte vor diesem Hintergrund auf drei Säulen aufbauen:

  • Als im Jahr 2001 auf dem Bonner Klimagipfel - nach dem Ausstieg der US-Regierung - der Durchbruch zu einem Rumpf-Kyoto gelang, beschwor der iranische UN-Botschafter Bagher Asadi, im Namen der zur G77 zusammengeschlossenen Entwicklungsländer "den Triumph des Multilateralismus und der Kooperation über den Unilateralismus". Die EU-Kommissarin Wallström sah einen Sieg der ökologischen Vernunft über den gegenwartsorientierten Egoismus. Zwei Jahre später ist das Kyoto-Protokoll - wegen der fehlenden russischen Ratifizierung - immer noch nicht in Kraft. Nur wenn Russland ratifiziert und damit das Kyoto-Protokoll in den nächsten Monaten in Kraft tritt, hat der multilateral gestaltete Klimaschutz eine Chance. Wird Bundeskanzler Schröder bei Präsident Putin beim EU-Russland-Gipfel (31. Mai 03) sowie beim G8-Gipfel (1.-3. Juni 03) sich vehement dafür einsetzen?
     
  • Deutschland und die EU müssen - zusammen mit vielen anderen Staaten in der Welt - ihr elementares Interesse an dezentralen Energiestrukturen, an einer Effizienzrevolution und dem Übergang ins solare Zeitalter in konkrete Aktionen übersetzen. Die Risiken des fossilen und nuklearen Energiesystems sind unübersehbar: Als Kriegsgründe, als Terrorziele, als atomare und Klimarisiken, als Ursache für Verschuldungsspiralen. Die für Juni 2004 geplante internationale Erneuerbare Energien Konferenz in Bonn kann den Grundstein für eine Koalition der Willigen legen: Konkrete Schritte auf dem Weg ins solare Zeitalter festlegen. Energieeffizienz, Erneuerbare Energiestrukturen, dezentrale Strukturen heißt die Melodie, die nicht auf die Koalition der Unwilligen warten muss.
     
  • Weder Klimaschutz noch Multilateralismus können dauerhaft ohne oder gar gegen die USA erfolgreich sein. Von zentraler Bedeutung ist, wie sich die demokratische Opposition in den USA positionieren wird. Wenn auch der nächste demokratische Kandidat in den Unilateralismus von Bush einstimmt, prophezeit der US-amerikanische Gesellschaftsanalytiker und Philosoph Richard Rorty, "werden künftige Historiker den 11. September als Ausgangspunkt einer Zeitenwende in Amerikas Selbstbild ansehen". Wie sich die politische Opposition in den USA positioniert, ist noch wichtiger als die Frage, ob sie die Wahlen gewinnt. Denn wenn auch sie sich gegen Multilateralismus und Klimaschutz festlegt, kann es Jahrzehnte dauern, bis dieser neue nationale Konsens in den USA "aufgeknackt werden kann". Auf zum Dialog mit den Demokraten und den gemäßigten Kreisen der Republikaner in den USA! Auf zu einer "einschränkenden Solidarität" mit den USA.

Christoph Bals

 

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