Bericht 2020: Globale Agrarwirtschaft und Menschenrechte

Bericht 2020: Globale Agrarwirtschaft und Menschenrechte
Deutsche Unternehmen und Politik auf dem Prüfstand

Ernährungsindustrie und Landwirtschaft gehören zu den Sektoren, in denen es weltweit am häufigsten zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Betroffen sind Produzent*innen, Konsument*innen sowie Anwohner*innen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. In einer gemeinsamen Studie haben Germanwatch und Misereor Menschenrechtsverletzungen im Agrarsektor dokumentiert und die menschenrechtliche Sorgfalt deutscher Unternehmen analysiert. Demnach erfüllt keins der 15 untersuchten Unternehmen in ausreichendem Maße die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

Laut Studie bestehen vor allem für die untersuchten fünf Geflügelfleischproduzenten erhebliche menschenrechtliche Risiken:

  • Sojaanbau für Futtermittel führe vielfach zu Landvertreibungen und zu giftigem Pestizideinsatz in Südamerika.
  • Der massive Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung verstärke die Nachfrage in den Antibiotika-Produktionsländern Indien und China. Dies erhöhe das Risiko von Resistenzen dort.
  • Die Arbeitsbedingungen in deutschen Schlachtbetrieben seien zum Teil menschenverachtend.
  • Exporte von Geflügelteilen aus der EU bedrohten in Westafrika das wirtschaftliche Überleben einheimischer Produzenten und gefährdeten ihre Lebensgrundlage.

Kritisch bewertet die Studie auch die Rolle der Bundesregierung. In der Handelspolitik habe sie es bislang versäumt, die Rolle von Menschenrechten zu stärken. Zugleich sind deutsche Unternehmen bislang nicht gesetzlich verpflichtet, die Menschenrechte bei ihrer weltweiten Geschäftstätigkeit zu achten – anders als in einigen europäischen Nachbarländern. Allerdings haben aufgrund des schlechten Abschneidens deutscher Unternehmen beim Monitoring ihrer menschenrechtlichen Sorgfalt die Bundesminister für Arbeit und Soziales sowie für Entwicklung im Dezember 2019 Eckpunkte für ein deutsches Lieferkettengesetz angekündigt.

Zudem gibt es in Deutschland noch keinen ausreichenden Zugang zu Abhilfe für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen. Grund ist einerseits die mangelnde Grundlage im deutschen Recht, andererseits gibt es viele prozessuale Hürden. Aber auch das außergerichtliche staatliche Beschwerdeverfahren über die Nationale Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze weist erhebliche Mängel auf.


Alle Berichte:

Bericht 2014: Globales Wirtschaften und Menschenrechte >>

Bericht 2017: Globale Energiewirtschaft und Menschenrechte >>

Bericht 2020: Globale Agrarwirtschaft und Menschenrechte >>

Autor:innen
Cornelia Heydenreich und Armin Paasch
Mit Beiträgen von Reinhild Benning, Thomas Fritz, Julia Otten, Tobias Reichert, Sarah Schneider und Franziska Wohltmann
Publikationsdatum
Seitenanzahl
116
Publikationstyp
Bericht
Bestellnummer
20-4-01
ISBN
978-3-943704-78-5