"Zuckerrohr verringert die Armut"

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"Zuckerrohr verringert die Armut"

Interview mit Zuckerbauer und Gewerkschaftsführer Reuben Matango aus Tansania

 

Reuben MatangoReuben Matango ist Vorsitzender der Mtibwa Outgrowers Association, einer Gewerkschaft von Zuckerrohrbauern in Tansania mit knapp 5000 Mitgliedern. Er hat eine Farm, wo er mit seiner Frau, drei Kindern und zwei Verwandten lebt. Dort baut er 13 Hektar Zuckerrohr, fünf Hektar Mais und zehn Hektar Reis an. Außerdem besitzt er eine Kuh.

 

Herr Matango, welche Rolle spielt Zuckerrohr für ihre Region?

Zuckerrohr ist sehr sehr wichtig für uns, gerade für die Morogoro Region. Für die Mehrzahl der Bauern ist Zuckerrohr das Hauptanbauprodukt. In meiner Region hat das Zuckerrohr die Armut enorm verringert, hier sind die Lebensbedingungen viel besser als anderswo in Tansania. Von 1997 bis 2004 hat sich die Zahl der Zuckerrohrbauern hier fast verdreifacht. Gleichzeitig ist die Zahl unserer Mitglieder, die weniger als 240.000 Schillinge (etwa 24 US-Dollar) im Monat verdienen, von 64% auf 22% gefallen. Jetzt haben die Leute Geld, um Medikamente und Schulgebühren zu zahlen. Es wurden Schulen, Krankenhäuser und Infrastruktur gebaut. Auch meine Gewerkschaft unterstützt den Bau von drei weiterführenden Schulen. Dies alles zeigt, dass der Anbau von Zuckerrohr ein gutes Mittel ist, um die Armut zu bekämpfen.

Was für Auswirkungen wird die Reform des EU-Zuckermarktes auf Ihre Region haben?

Das Problem ist, dass wir hier keinerlei Subventionen haben. Deshalb war es so wichtig, dass die EU uns bisher feste Importmengen garantiert hat, schon seit dem ersten Lomé-Vertrag 1975 und später dem Cotonou-Abkommen. Und nun wird sie das System in kurzer Zeit ändern. Die Leute können hier die Betriebe nicht so schnell umstellen, wir brauchen sehr viel mehr Zeit, um uns darauf vorzubereiten. Die Preissenkung um 36% ist katastrophal: Ich denke, Tansania wird in fünf Jahren keinen Zucker mehr exportieren. Denn die Produktionskosten sind zu hoch. Tansania wird über 11 Millionen Euro pro Jahr verlieren, allein die Bauern in unserer Region 2,8 Millionen Euro. Das ist ein Desaster. Die Entwicklung der Region wird aufhören, die sozialen Dienste werden zusammenbrechen und der Lebensstandard sinken. Es werden wieder mehr Menschen an Krankheiten wie Malaria und AIDS sterben. Das alles werden direkte Effekte der Reform sein.

Was erwarten Sie deswegen von der EU?

Die EU soll unsere Probleme verstehen und welche Auswirkungen die Reform für uns haben wird. Sie muss akzeptieren, dass wir mehr Zeit brauchen, um unsere Industrie zu modernisieren und die Produktionskosten zu senken. Erst dann können wir auf dem Weltmarkt bestehen und exportieren. Solange brauchen wir Gelder, um unsere Bauern zu unterstützen.

Das Gespräch führten Kerstin Lanje und Rosemarie Zenker.

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