Schwerpunkt: Milchwirtschaft und Welthandel
Schwerpunkt: Milchwirtschaft und Welthandel
Editorial
Liebe Leserin, Lieber Leser,
alles in Butter bei Ihnen? Sollte es eigentlich sein, denn Milchprodukte sind so günstig wie noch nie. Dafür blicken aber die Milchbäuerinnen und -bauern, die deshalb rote Zahlen schreiben wie noch nie zuvor, in eine milchig-trübe Zukunft. Die Krise geht über Europa hinaus: Weltweit wird der Weidehaltung und den von ihr lebenden Höfen die Existenzgrundlage entzogen. Die Milchkrise ist übrigens ein Lehrstück für die ganz großen Fragen: Angebot und Nachfrage auf (scheinbar) freien Märkten – führt das zu gesellschaftlich sinnvollen Ergebnissen? Im speziellen Fall der Landwirtschaft sind Zweifel angebracht. Nur weil ein Überangebot an Milch besteht, essen wir nicht plötzlich Unmengen mehr Quark, Joghurt & Co. Und der massive Preisverfall führt auch nicht dazu, dass alle etwas weniger Milch produzieren, sondern zum Exitus der Kühe aus dem Landschaftsbild. Bisher haben die politischen Antworten auf die Krise versagt. Sollen öffentliche Agrar-Subventionen etwa noch mehr erhöht werden, nur um ein weiteres (Export-)Wachstum der Molkereien zu ermöglichen? Das riecht nach Wachstum um jeden Preis. Ein beherzteres Vorgehen der Politik sollte an den Wurzeln des Problems ansetzen: Mengenbegrenzung, Preisstabilisierung und eine Abkehr von der Exportorientierung sind jetzt angesagt!
Mit freundlichen Grüßen,
Tilman Santarius
Impressum
Herausgeber: Germanwatch e.V.
Redaktion: Dörte Bernhardt (V.i.S.d.P.), Daniela Baum, Tilman Santarius
Stand: Juni 2016
Gefördert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Misereor.
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Die Milchkrise wird global
Die Milchmärkte in der Europäischen Union befinden sich in einer schweren Krise. Die Preise sind weit unter die Produktionskosten gesunken. Mittlerweile leiden aber nicht nur die europäischen Bauern und Bäuerinnen unter dieser Krise. Die Weltmarktpreise für die wichtigsten international gehandelten Milchprodukte Milchpulver und Butter sind auf ein historisch niedriges Niveau gefallen. Selbst die ErzeugerInnen in Neuseeland, einem der kostengünstigsten Milchproduzenten, machen Verluste.
Kühe und Bauern nicht verpulvern!
Die Milchpreise sind im Keller. Täglich müssen kleinere Betriebe aufgeben. DieGroßmolkereien exportieren billiges Milchpulver und richten auch auf den Märkten in den armen Ländern großen Schaden an. Die Aktion Agrar ruft zusammen mit Attac dazu auf, ihren Appell an Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zu unterschreiben.
Exportorientierte Agrarpolitik ruiniert Milchhöfe
Der Milchpreis in Deutschland und auch in anderen EU-Ländern rutscht immer weiter ab. Erste norddeutsche Molkereien zahlen unter 20 Cent pro Kilo Milch. Die Produktionskosten liegen bei mehr als 45 Cent für ein Kilo. Die Folgen sind brutal. Im letzten Jahr mussten 3.200 Milchhöfe in Deutschland aufgeben. In Litauen werden sogar nur noch 8 bis 15 Cent je Kilo Milch ausgezahlt bei im Schnitt 33 Cent Produktionskosten. Grund für diese Misere ist das ersatzlose Auslaufen der Milchmengenbegrenzung im letzten Jahr und die Förderung des Baus größerer Ställe für Milchbetriebe.
„Wir finanzieren den Molkereien ihre Weltmarkteroberungen“
"Wir befinden uns in einer existenzbedrohenden Krise, seit über anderthalb Jahren sind die Milchpreise nicht mehr kostendeckend. Die Genossenschaftsmolkereien, die eigentlich den Bauern gehören, sind aber als Unternehmen kaum von der Krise betroffen, denn sie geben die geringeren Erlöse einfach eins zu eins an ihre Lieferanten weiter..."
„Sie wollen uns von Produzenten zu Konsumenten machen.“
Ende Mai 2016 besuchten auf Einladung von Misereor und seiner burkinischen Partnerorganisation Pasmep zwei deutsche Milchbauern, VertreterInnen des European Milkboard und von Germanwatch Molkereien und MilcherzeugerInnen in Burkina Faso.
Regionales Futter – ein Schritt auf dem Weg aus der Milchkrise
Die zusätzliche Milcherzeugung in der EU ist der wichtigste Grund für die niedrigen Milchpreise. Durch eine andere Fütterung ließen sich Überschüsse reduzieren.
Glyphosat in aller Munde
Glyphosat, das weltweit am meisten verwendete Unkrautvernichtungsmittel, gerät zunehmend in die Kritik. Die Anwendung von Glyphosat nimmt von Jahr zu Jahr zu. Ebenso lassen sich seit Jahren schon Rückstände des Herbizids in Mensch, Tier und Umwelt nachweisen und nehmen Resistenzen gegen Glyphosat bei starker Anwendung zu.
Globale nachhaltige Entwicklungsziele statt TTIP und Welthandelsorganisation
Die 2001 begonnene sogenannte Doha-Runde der Welthandelsorganisation WTO stagniert seit Jahren. EU und USA wollen deshalb mit regionalen Abkommen wie dem TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) und dem Transpazifischen Gegenstück TPP die Liberalisierung des Welthandels vorantreiben...
Mensch. Macht. Milch. Wie Konzerne unsere bäuerliche Landwirtschaft verpulvern
Die Landwirtschaft in Deutschland steht vor einem grundlegenden Wandel: Sie wird zunehmend auf Export getrimmt. Dies ist das Ergebnis der Rahmenbedingungen, die von der deutschen und EU-Politik gesetzt werden – maßgeblich auf Druck der exportorientierten Agrarindustrie...
Warum ich Germanwatch wichtig finde - Rene Millogo
Germanwatch verdeutlicht mit seinen Analysen die Auswirkungen der deutschen und europäischen Agrar- und Handelspolitik und erhöht so das Bewusstsein dafür. Vor allem ihre Arbeit zur Milchpolitik ist für uns sehr hilfreich. (Juni 2016)