Schwerpunkt: Klimagipfel in Paris
Schwerpunkt: Klimagipfel in Paris
Editorial
Liebe Leserin, liebe Leser,
gerade als diese Ausgabe des WEITBLICKS fertiggestellt ist und die Freigabe für den Druck ansteht, erschüttern die verheerenden Anschläge in Beirut am 12. und Paris am 13. November die Welt. Umso wichtiger ist nun, dass vom Klimagipfel in Paris ein unüberhörbares Signal der Kooperation der Staatengemeinschaft ausgeht. Ohne deutliche Schritte für mehr Gerechtigkeit und Akzeptanz der Grenzen des Planeten wird es nicht gelingen, der Krisenkaskade, die uns in Atem hält, wirkungsvoll zu begegnen. Umso mehr brauchen wir auch mutige Menschen in der Zivilgesellschaft, die angesichts der verschiedenen Bedrohungen und Risiken umsichtig und beherzt reagieren. Einen davon, unseren Freund und Partner Saúl Luciano Lliuya aus Huaraz, stellen wir in dieser Zeitung vor. Angesichts der bedrohlichen Gletscherschmelze in den Hochanden nimmt der Bergführer den Kampf des David gegen Goliath, den Energieriesen RWE, auf. Mit Empathie und Strategie wird sich Germanwatch auf unterschiedlichsten Ebenen einmischen, für globale Gerechtigkeit und den Erhalt der Lebensgrundlagen.
Eine trotz allem ermutigende Lektüre dieses WEITBLICKS wünscht
Klaus Milke
Vorstandsvorsitzender von Germanwatch
Impressum
Herausgeber: Germanwatch e.V.
Redaktion: Dörte Bernhardt (V.i.S.d.P.), Daniela Baum, Klaus Milke, Gerold Kier
Stand: November 2015
Gefördert von Engagement Global im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei Germanwatch.
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Gipfelaussichten
Nach vier Jahren Vorverhandlungen startet nun am 30. November der Klimagipfel in Paris. Das geplante Pariser Abkommen soll Spielfeld und Regeln für die internationale Klimapolitik der nächsten Jahrzehnte abstecken. Anders als sonst üblich, haben die Staats- und RegierungschefInnen gleich am ersten Tag ihren großen Auftritt. Sie müssen Richtungsentscheidungen verkünden, damit die VerhandlerInnen auf dieser Grundlage den politischen Konsens in eine Rechtssprache gießen können.
Der Handlungsdruck steigt
Der Klimawandel im Jahr 2015 ist offenbar: Erstmals in der Geschichte der Menschheit wird die symbolträchtige Marke von 400 ppm CO2 in der Atmosphäre überschritten. 2015 ist mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich wärmer als 2014, das bisher wärmste Jahr. Ein sich anbahnender El-Niño – die „Wetterschaukel“ im Pazifik – bedeutet weltweite Auswirkungen von Dürren und Überschwemmungen. Eine globale Korallenbleiche – die Dritte nach 1998 und 2010 – findet statt und wird sich in den nächsten Monaten zuspitzen.
Fluchtursache Klimawandel
Die ganz überwiegende Zahl von Flüchtlingen kommt derzeit aus anderen Gründen nach Deutschland. Aber die Auswirkungen des Klimawandels stellen schon heute besonders verletzliche Staaten und Bevölkerungsgruppen vor große Probleme und verstärken Faktoren, die zu Fluchtursachen werden können.
Trendwende mit Chancen
Die Momentaufnahme zeigt Gegenwind für Kohle und Teersand. US-Präsident Barack Obama entschied jüngst, die symbolträchtige Ölpipeline „Keystone XL“ zu stoppen, Kanadas neuer Premierminister Justin Trudeau will vermehrt auf Klimaschutz statt auf Teersand setzen, China verbrennt deutlich weniger Kohle als noch vor 18 Monaten.
Buchtipp: Von der Selbstverständlichkeit, Grenzen zu überschreiten
Dieses Buch von Hans Joachim Schellnhuber, einem der renommiertesten Klimawissenschaftler, dem Gründer und Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), hat einen besonderen Stellenwert. Es ist der Ertrag eines Lebens – wissenschaftliche Einsichten, politischmoralische Wertungen und persönliche Erinnerungen. Hier schreibt nicht nur ein Wissenschaftler, hier schreibt ein „Gewissenschaftler“
Der Fall Huaraz: Saúl gegen RWE
Ein besonders wichtiger Klimagipfel liegt nun unmittelbar vor uns und die Weltöffentlichkeit schaut dorthin. Die höchsten Erwartungen haben die ärmeren Menschen, die schon jetzt am stärksten unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden oder massiv bedroht sind. Dazu gehören diejenigen, die im Einzugsbereich der aufgrund der Erderwärmung verstärkt auftretenden Gletscherschmelze leben. Also auch der peruanische Bergführer Saúl Luciano Lliuya und sein Vater Julio.
Ein Fall in mehreren Akten
Germanwatch kam erstmals im Herbst 2014, kurz vor der Weltklimakonferenz in Lima, mit Saúl Luciano in Verbindung. Seit Jahren beobachten er und sein Vater mit Sorge, wie sich die hochgelegene Schneedecke nördlich seiner Heimatstadt Huaraz wegen des Klimawandels zurückbildet und der Tauschnee neue und wachsende Gletscherseen entstehen lässt. Zweifellos lösen die sich auftürmenden Wassermengen irgendwann eine Flutkatastrophe aus, wenn nicht entschieden gehandelt wird.
Warum diese Klage?
Vier Fragen an Dr. Roda Verheyen, auf Umweltrecht spezialisierte Anwältin von Saúl Luciano, und Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, zum "Fall Huaraz"
Spendenaufruf: Gemeinsam für Klimagerechtigkeit
Saúl Luciano will mit seiner Klage gegen RWE Schutz vor den Folgen der klimawandelbedingten Gletscherschmelze für sich und seine Familie sowie für die Menschen in Huaraz erwirken. Ziel der Klage ist keine Entschädigungszahlung. Germanwatch berät sich intensiv mit ihm, wie die Klage dazu beitragen kann, die folgenden Ziele für globale Klimagerechtigkeit zu erreichen ...
Klimainitiativen können die Lücke verkleinern
In Paris finden nicht nur die offiziellen Regierungsverhandlungen statt, die Konferenz bietet auch eine Plattform zur Ankündigung von Initiativen. Solche Initiativen sollen nationale Regierungen, Unternehmen, Regionen, Städte und/oder zivilgesellschaftliche Gruppen zusammenbringen, die zusätzliche konkrete Schritte zu Klimaschutz und -anpassung sowie dem Umgang mit Schäden und Verlusten leisten wollen.
Was folgt aus Paris?
Der Erfolg von Paris wird vor allem daran gemessen werden, wie sehr der Klimagipfel in den einzelnen Ländern als Aufbruch in die Dekarbonisierung verstanden wird. Deutschland ist dafür zentral. Denn auch in Deutschland muss es noch grundlegende Änderungen der Lebens- und Produktionsweise geben. Im besten Sinne. Für eine mit dem Zwei-Grad-Limit vereinbare Wirtschaft und Gesellschaft müssen wir in Deutschland noch viel sektorales Denken überwinden.
Warum ich Germanwatch wichtig finde - Hindou Oumarou Ibrahim
Klimawandel betrifft unseren Alltag, unsere Lebensgrundlagen und unsere Entwicklung. Es ist wichtig, das Organisationen wie Germanwatch die Anliegen der Menschen im Tschad und anderen Entwicklungsländern unterstützen und unserer Stimme auf internationaler Ebene Gehör verschaffen. In Paris brauchen wir ein globales Abkommen, dass den Klimawandel begrenzt und den am meisten Betroffenen hilft. Germanwatch treibt sowohl internationale Klimapolitik als auch gesellschaftlichen Wandel in Deutschland an. Das ist dringend notwendig, denn ein einziges deutsches Kohlekraftwerk emittiert mehr als die gesamte Bevölkerung des Tschad. (November 2015)