Buchtipp: Von der Selbstverständlichkeit, Grenzen zu überschreiten
Buchtipp: Von der Selbstverständlichkeit, Grenzen zu überschreiten
Dieses Buch von Hans Joachim Schellnhuber, einem der renommiertesten Klimawissenschaftler, dem Gründer und Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), hat einen besonderen Stellenwert. Es ist der Ertrag eines Lebens – wissenschaftliche Einsichten, politischmoralische Wertungen und persönliche Erinnerungen. Hier schreibt nicht nur ein Wissenschaftler, hier schreibt ein „Gewissenschaftler“:
„Nach rund dreißig Jahren der Auseinandersetzung mit allen Aspekten des Klimawandels drängt es mich, umfassend Stellung zu beziehen. Die Befunde der Forschung sprechen inzwischen eine so eindeutige Sprache, dass wir die gelehrte Debatte über Subjektivität und Objektivität hinter uns lassen können. Angesichts des Risikos eines selbstverschuldeten Weltenbrandes steht fast jeder vor der Entscheidung, bestimmte Grenzlinien zu überschreiten. Meine Entscheidung besteht darin, nunmehr endgültig Partei zu ergreifen – gegen eine gesellschaftliche Betriebsweise, welche die natürlichen Lebensgrundlagen unweigerlich zerstören wird. Dadurch beschädige ich womöglich meine Reputation als Experte, der im Normalbetrieb größtmöglichen Abstand von der moralischen Dimension seiner Thematik zu wahren hat. Doch nichts ist heute noch normal auf diesem Planeten. Insofern ist meine Entscheidung, weiß Gott, keine Heldentat, sondern eine Selbstverständlichkeit.“
Wer lesen will, warum es Wissenschaftler angesichts des suizidalen Kurses der gesellschaftlichen Entwicklung nicht mehr in ihrem Elfenbeinturm aushalten, der sollte dieses Buch lesen.
Christoph Bals
Hans Joachim Schellnhuber:
Selbstverbrennung. Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff.
Verlag C. Bertelsmann, München, 2015.