Was folgt aus Paris?

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Was folgt aus Paris?

Was der Klimagipfel für Deutschland bedeuten muss
Weitblick-Bild 3/15: Lastenrad

Foto: DLR/Amac Garbe

Der Erfolg von Paris wird vor allem daran gemessen werden, wie sehr der Klimagipfel in den einzelnen Ländern als Aufbruch in die Dekarbonisierung verstanden wird. Deutschland ist dafür zentral. Denn auch in Deutschland muss es noch grundlegende Änderungen der Lebens- und Produktionsweise geben. Im besten Sinne. Für eine mit dem Zwei-Grad-Limit vereinbare Wirtschaft und Gesellschaft müssen wir in Deutschland noch viel sektorales Denken überwinden. Und dabei Stromproduktion, Mobilität, Wärmeversorgung, industrielle Wertschöpfung und unsere Vernetzung mit den Energiewenden anderer Länder viel stärker zusammen denken und miteinander verzahnen. Dafür stehen nach Paris wesentliche Weichenstellungen an.

Keine Zukunft für die Kohle

Der Weg in eine dekarbonisierte Wirtschaft umfasst mehr als den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Zugleich müssen die Emissionen aus fossilen Energien konsequent reduziert werden – allen voran die der Braunkohle. Dafür brauchen wir neben der Entwicklung und Förderung von Stromnetzen und anderen Flexibilitätslösungen für die Erneuerbaren einen Plan, wie wir mit den Beschäftigten und Regionen umgehen, die von dieser Transformation direkt betroffen sind. Bis 2035 muss Deutschland aus der Nutzung von Kohle ausgestiegen sein. Genug Zeit also – vorausgesetzt man beginnt jetzt mit einem sozialverträglichen Kohleausstieg.

Warm und effizient

Der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas kann aber nur gelingen, wenn zugleich massiv Energie eingespart wird. Knapp die Hälfte der CO2-Emissionen in Deutschland fallen bei der Wärmeerzeugung an. Daher wird die Dekarbonisierung nur gelingen, wenn neben hohen Standards für Neubauten die energetische Sanierung der Bestandsgebäude in Deutschland endlich beginnt. Dafür brauchen wir mindestens eine Verdoppelung, wenn nicht Verdreifachung der momentanen Sanierungsrate. Das alles ist bekannt: Bund und Länder schieben sich allerdings seit Jahren den schwarzen Peter zu und verhindern eine finanzielle Rahmensetzung für Hausbesitzer. Damit muss nun Schluss sein.

Verkehrswende

Nicht erst der VW-Skandal um manipulierte Software und erlogene CO2-Grenzwerte hat gezeigt, dass im Autoland Deutschland eine Grundsatzfrage offen ist. Wie sollen Mobilitätskonzepte der Zukunft erprobt werden und endlich ernsthafter Klimaschutz im Verkehr umgesetzt werden, wenn sich die Politik schützend vor den innovationslosen Strukturkonservatismus der deutschen Automobilindustrie stellt? Offensichtlich wurde hier das Primat der Politik durch das Primat der Konzerninteressen ersetzt. Der Skandal um VW bietet jetzt die Gelegenheit, die Automobilindustrie als eine Säule der Volkswirtschaft in eine zukunftsfähige Ära zu schubsen – und überlebensfähig zu machen. Die Zeit des Tricksen und Täuschens muss endlich vorbei sein. Jetzt müssen wirkliche Innovationen folgen.

Energiewende-Allianzen: Vorreiter und Pioniere

Bei der Energiewende ist Deutschland nicht alleine. China entwickelt Wind- und Solarenergie mit beeindruckender Geschwindigkeit. Uruguay, Costa Rica, Dänemark und eine Reihe anderer Länder und Regionen haben im Vergleich zu Deutschland ambitioniertere Energiewenden gestartet. Das Signal von Paris sollte zu einer verstärkten Kooperation dieser Länder führen. Vorreiterallianzen können die Transformation innerhalb und beispielgebend außerhalb ihres Zusammenschlusses beschleunigen. Sie können Zweiflern wie Polen aufzeigen, dass Klimaschutz und langfristige wirtschaftliche Prosperität voneinander abhängen. Deutschland sollte als großes Energiewendeland eine Schlüsselrolle spielen, solche Allianzen stärker voranzutreiben. Regierung, NGOs und Wissenschaft haben aber auch die Aufgabe, die Erfahrungen mit der Energiewende weit stärker mit den Klimaschutzpionieren in solchen Ländern zu teilen, in denen ambitionierte Dekarbonisierung noch nicht als realistische Option gesehen wird. Mit dem Signal von Paris im Rücken sind die Bedingungen für solche Kooperationen besser als je zuvor.
 

Tobias Pforte-von Randow & Oldag Caspar