Klimaklagen bei Germanwatch
Wer die Grundrechte von Individuen durch den Ausstoß von Treibhausgasen schädigt, hat eine doppelte rechtliche Pflicht: Zum einen, diese Schädigung einzustellen, sodass die (Grund-)rechte nicht untergraben werden. Zum anderen, müssen Verursacher:innen für den Schutz der Gefährdeten und auftretende Schäden aufkommen. Um diese rechtlichen Pflichten in Deutschland und auf internationaler Ebene durchzusetzen, engagiert sich Germanwatch im Bereich Klimaklagen.
Wir nutzen Klagen als strategischen Hebel, um politische Lösungen – wie für ambitionierten Klimaschutz – dort zu beschleunigen, wo Politik und Wirtschaft nicht ausreichend handeln. Wir möchten betroffenen Personen eine Stimme geben und sie dabei unterstützen, ihre Anliegen stellvertretend für eine große Zahl von Menschen vor Gericht vorzubringen und damit den Druck auf Politik und Unternehmen zu erhöhen die Menschenrechte einzuhalten und nachhaltige Geschäftsmodelle zu fördern. Germanwatch steht den Klimakläger:innen ideell und konkret mit Beratung, Expertisen, Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit zur Seite.
Aktuell laufende Verfahren:
Verursacher haftbar machen - Der Fall RWE
Mit seiner Klage gegen RWE fordert Saúl Luciano Lliuya aus Peru, dass das Unternehmen sich an dringend notwendigen Schutzmaßnahmen beteiligen soll, um ihn und seine Mitmenschen aus der Andenstadt Huaraz vor einer Gletscherflut zu schützen.
Klimaklagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
Germanwatch unterstützt als Intervenient zwei Klimaklagen, die derzeit vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg verhandelt werden:
Es geht dabei um eine Klage von sechs Kindern und Jugendlichen aus Portugal gegen 27 EU-Mitgliedsstaaten und weitere Vertragsstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Diese Staaten verletzen ihre Menschenrechte, da sie ihre Treibhausgase nicht ausreichend reduzieren, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Eine weitere Klage vor dem EGMR ist die der KlimaSeniorinnen aus der Schweiz, die ihre Regierung zu ambitionierterem Klimaschutz und dem Schutz ihrer Grundrechte verpflichten möchte. Am 29. März und am 27.September 2023 fanden die Anhörungen in Straßburg statt.
Beide Klagen wurden vom EGMR mit Priorität behandelt und an die Große Kammer weitergeleitet.Gemeinsam mit Partnern wie Greenpeace, Scientists for Future und Climate Action Network Europe hat Germanwatch anhand einer sogenannten Intervention weitere rechtliche Argumente in diese Verfahren ein, um ihnen zusätzlich Rückenwind zu verleihen.
Bereits abgeschlossene Klagen:
Für ein Recht auf Zukunft: Die Klima-Verfassungsbeschwerde
Im Frühjahr 2021 gab das Bundesverfassungsgericht einen bahnbrechenden Beschluss bekannt: Klimaschutz hat Verfassungsrang. Auslöser der Entscheidung waren mehrere Klimaklagen, darunter eine Verfassungsbeschwerde von neun jungen Menschen, die auf ihr Recht auf Zukunft geklagt hatten. Das Gericht gab den Jugendlichen Recht und erklärte das Bundesklimaschutzgesetz als teilweise verfassungswidrig. Germanwatch, Greenpeace und Protect the Planet unterstützten die jungen Kläger:innen.
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Die EU-Klimaklage: Der People's Climate Case
Im Mai 2018 haben zehn vom Klimawandel betroffene Familien aus Europa, Kenia und Fidschi sowie ein samischer Jugendverband vor dem Europäischen Gericht den Schutz ihrer Grundrechte eingeklagt und den europäischen Gesetzgeber aufgefordert, die europäischen Klimaziele entsprechend anzupassen. Die Klage wurde 2021 in 2. Instanz vom Europäischen Gerichtshof abgewiesen. Dennoch fanden die Forderungen der Kläger:innen auf politischer Ebene Anklang: Die EU passte ihre Klimaziele für 2030 an.
>> Zur Website "People's climate case"
Klimagerechtigkeit braucht ihre Unterstützung
Wir unterstützen Betroffene der Klimakrise darin, Regierungen zu mehr Klimaschutz zu verpflichten und Großemittenten zur Verantwortung zu ziehen. Die strategische und kommunikative Begleitung der Klimaklagen ist ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende!
Aktuelles zu Klimaklagen
Germanwatch hat gemeinsam mit Fridays for Future Deutschland heute einen Antrag beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gestellt, um einer Klimaklage von sechs portugiesischen Kindern und Jugendlichen als Streithelfer beizutreten. Sie unterstützen damit offiziell das Anliegen der jungen Klägerinnen und Kläger. Die Klage richtet sich gegen alle 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie Großbritannien, die Schweiz, Norwegen, Russland, die Türkei und die Ukraine als weitere große europäische Emittenten. Diese Staaten verletzen nach Ansicht der klagenden Jugendlichen ihre Menschenrechte, da sie ihre Treibhausgase nicht ausreichend reduzieren, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Sie berufen sich dabei auf die Europäische Menschenrechtskonvention, die nach ihrer Interpretation die europäischen Regierungen zu einer Reduktion von Treibhausgasen innerhalb ihrer Grenzen sowie zu einer Verantwortungsübernahme für die Emissionen, die im Ausland freigesetzt werden, verpflichtet.
Heute vor fünf Jahren, wenige Tage vor Beginn der historischen UN-Klimakonferenz von Paris, hat der peruanische Bergführer und Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya seine zivilrechtliche Klage gegen RWE beim Landgericht in Essen eingereicht. Was damals seinen Anfang nahm, ist heute einer der weltweit meistbeachteten Präzedenzfälle für die Frage geworden, ob einzelne Großemittenten für den Schutz vor Klimarisiken aufkommen müssen, die Anderen durch ihr Tun entstanden sind.
Die Verfassungsbeschwerde von neun jungen Erwachsenen gegen das Klimaschutzgesetz ist vom Bundesverfassungsgericht mit der Aufforderung zur Stellungnahme an Bundestag und -rat, Kanzleramt, Bundesinnen- und justizministerium sowie an alle Landesregierungen verschickt worden. Das ist der erste wichtige Schritt zu einer möglichen Annahme der Verfassungsbeschwerde. Die Umweltorganisationen Germanwatch und Greenpeace, die die Beschwerde unterstützen, freuen sich mit den neun Jugendlichen und jungen Erwachsenen, darunter die Fridays for Future-Klimaaktivistin Luisa Neubauer, über diesen ersten Teilerfolg.
Wer die Grundrechte von Individuen durch den Ausstoß von Treibhausgasen schädigt, hat eine doppelte rechtliche Pflicht: Zum einen, diese Schädigung einzustellen, sodass die (Grund-)rechte anderer nicht untergraben werden. Zum anderen, müssen VerursacherInnen für den Schutz der Gefährdeten und dennoch auftretende Schäden aufkommen. Um diese rechtlichen Pflichten in Deutschland und auf internationaler Ebene durchzusetzen, unterstützt Germanwatch drei Klimaklagen.
Neun junge Menschen aus verschiedenen Regionen Deutschlands haben ihre bereits am 15. Januar angekündigte Verfassungsbeschwerde gegen das Klimaschutzgesetz beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Die Kläger, unter ihnen Luisa Neubauer von Fridays for Future und Lüke Recktenwald - Sohn der Familie Recktenwald von der Insel Langeoog, die beim „People’s Climate Case“ auch gegen die zu schwache EU-Klimapolitik klagt - machen in der Beschwerde geltend, dass das Klimaschutzgesetz vor allem wegen zu schwacher Emissionsreduktionsziele nicht ausreiche, um die Klimakrise einzudämmen.
Germanwatch unterstützt gemeinsam mit Greenpeace und in Kooperation mit der Umweltorganisation Protect the Planet eine Verfassungsbeschwerde junger Menschen gegen das Klimaschutzgesetz der Bundesregierung. Die neun Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 15 und 32 Jahren haben heute die kurz bevorstehende Einreichung beim Bundesverfassungsgericht angekündigt. Sie sehen durch das unzureichende Gesetz ihre Grundrechte insbesondere als junge Menschen bedroht.
Echter Name
(bis 15.6.24 in Politischer Fokus-Zeit)
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Strategische Klimaklagen
Ein zentrales Kennzeichen strategischer Klimaklagen ist, dass die von ihnen verfolgten gemeinnützigen Ziele weit über das individuelle Interesse der Kläger:innen hinausreichen. Sie zielen etwa darauf ab, den Klimaschutz und den Schutz der Grundrechte zu verbessern, entsprechende Präzedenzfälle zu schaffen, überfällige politische Entscheidungen anzustoßen und Öffentlichkeit herzustellen.
Kurz-Dokumentation über den Fall RWE
Gemeinsam für Klimagerechtigkeit!
Globale Nachbarschaft in der Klimakrise
Vom Ahrtal bis zu den Anden, überall bekommen Menschen die dramatischen Folgen des Klimawandels zu spüren. Saúl Luciano Lliuya – ein Bauer und Bergführer – lebt in Peru, wo die globale Erwärmung massiv zum Schmelzen der Gletscher beiträgt. Er fordert deshalb Schutz von einem großen Verursacher ein - dem deutschen Energiekonzern RWE. Sein Fall steht stellvertretend für viele Betroffene der Klimakrise und zeigt: Im Einsatz für Klimagerechtigkeit sind wir verbunden und müssen zusammenstehen. Zeige ihm jetzt deine Unterstützung!
Stimmen der Kläger:innen
„Mit dieser herausragenden Entscheidung steht nun fest: Wirksamer Klimaschutz muss heute passieren und nicht erst morgen. Nur so können unsere Grundrechte und unser Lebensraum in Zukunft geschützt werden. Ich freue mich sehr über diesen Erfolg und die politische Dynamik, die die Entscheidung schon jetzt auslöst.“,
freut sich der Kläger Lüke Recktenwald aus Langeoog über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.