KlimaKompakt Nr. 77: Den Emissionshandel retten
Editorial
Signalentscheidung für den Klimaschutz
Der europäische Emissionshandel steckt in der tiefsten Krise seiner achtjährigen Existenz. Das wichtigste Klimaschutzinstrument der EU erfüllt seine zentrale Aufgabe nicht: Den Übergang in die Null-Emissions-Wirtschaft möglichst kosteneffizient zu gestalten.
Am 16. April stimmt das Europaparlament darüber ab, ob das von der Politik mitverursachte enorme Überangebot an Emissionsgutschriften verringert werden soll. Das wäre der erste notwendige Schritt für eine grundlegende Reparatur des fehlerhaft konstruierten Systems.
Gleichzeitig wartet Europa auf die Bundesregierung. Weil Wirtschaftsminister Philipp Rösler als einziger im Kabinett blockiert, hat die Bundesregierung noch keine Position. Als Folge hält Deutschland die Reform auf.
Die Zertifikatsschwemme macht deutlich: Das Emissionsziel der EU für 2020 wurde zu niedrig angesetzt. Wenn es dabei bleibt und die Reparatur des CO2-Handels nicht kommt, wäre das Signal: Die EU verabschiedet sich von ihrem Beitrag zum Einhalten des 2 °C-Limits. Denn ohne Reduktion der CO2-Zertifikate müsste die vom Handel betroffene Wirtschaft bis 2020 keinen Klimaschutz mehr betreiben. Genau diese Abkehr von ambitioniertem Klimaschutz wollen einige der Reformgegner sehen.
Oldag Caspar
Referent für Klimaaußenpolitik
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