Am Stiftungsziel vorbei? 

Weitblick Artikel

Am Stiftungsziel vorbei? 

Oft widerspricht das Anlageverhalten den eigenen Zielen

 

Das neue Stiftungsrecht hat für einen Boom im deutschen Stiftungswesen gesorgt. Im Jahr 2001 sind in Deutschland mehr als 1000 Stiftungen gegründet worden. Viele davon arbeiten in sozialen, ökologischen oder entwicklungspolitischen Zusammenhängen.

Die Stiftungen bieten neue Chancen inhaltliche Impulse zu liefern. Die persönliche Bindung an den Stiftungszweck setzt neben den finanziellen Mitteln oft ungeahntes persönliches Engagement frei. Stiftungen entwickeln sich immer mehr zu einem Baustein nachhaltiger Entwicklung. Bewährte und neue Akteure leisten ihren Beitrag, dass der gesamtgesellschaftliche Suchprozess hin zu mehr Nachhaltigkeit vorangetrieben wird. Kirchen, Stiftungen und Gewerkschaften tragen mit der Umsetzung ihres Auftrages zur Fortentwicklung der Gesellschaft bei.

Die Erfüllung der Stiftungsaufgaben erfolgt ganz oder teilweise mit Erträgen aus Kapitalanlagen. Doch viel zu wenig wird die Frage gestellt: Was macht das Vermögen während es auf der Bank ist?

Kapitalanlage als gesellschaftliches Gestaltungselement

Dass die Wahl der Kapitalanlage eine politische Entscheidung ist, wird uns immer wieder in Krisenzeiten deutlich. „Kein Geld für Apartheid!“ oder „Kein Geld in die Rüstung!“ sind bekannte Slogans erfolgreicher Kampagnen.

Wenn man sich jedoch das Anlageverhalten bedeutender deutscher Stiftungen ansieht, zeigt sich, dass oft die konkreten politischen, sozialen und ökologischen Lenkungswirkungen der Anlageentscheidung nicht berücksichtigt werden.

Durch die Geldanlage in bestimmte Branchen (z.B. Automobil, Rüstung, Atom, Chlorchemie, grüne Gentechnik) wird teilweise eklatant z.B. der Stiftungszweck verletzt und die positiven Anstrengungen konterkariert: Finanzmittel werden in Strukturen investiert, die von den gleichen Personen und Institutionen abgelehnt werden.

Vorurteil mangelnde Rentabilität

Die weitverbreitete Meinung, dass Geldanlagen mit ethischen, ökologischen und sozialen Kriterien eine schlechtere Performance aufweisen als konventionelle Anlagen, darf mittlerweile als widerlegt gelten.1

Das Vorurteil entstand in den Anfängen des ethisch-ökologischen Investierens, als viele AnlegerInnen freiwillig komplett oder teilweise auf Zinsen verzichteten. Die Produktgestaltung bei diesen Instituten bediente diese Kundenwünsche, wirkte aber auf andere abschreckend. Heute zeigt sich, dass es sich für Unternehmen allenfalls kurzfristig lohnt, das soziale und ökologische Kapital zu vernichten, von dem sie leben. Im Vergleich mit Unternehmen, die keinen oder wenig Wert auf hohe sozial-ökologische Standards legen, weisen Unternehmen mit an Nachhaltigkeit ausgerichtetem Unternehmensmanagement langfristig eine meist bessere, zumindest jedoch gleichwertige Performance auf.

Chancen der sozial-ökologischen Lenkungswirkung nutzen

Geld regiert die Welt und die Anlageentscheidung ist Bestandteil im großen Spiel2: Jede Anlageentscheidung, ob konventionell oder auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, hat Lenkungswirkungen:

  • Finanzierungseffekte für Unternehmen. Direkt oder indirekt (Aktienkurs) steht dem Unternehmen Geld für Investitionen zur Verfügung, der Zugang zu weiteren Finanzmitteln wird erleichtert und es wird vor Übernahmen geschützt.
     
  • Gezielte und indirekte Beeinflussung des Unternehmensmanagements. Bisher in Deutschland nur indirekt: Die Nennung eines Branchenkonkurrenten im Dow Jones Sustainability Index führt bei vielen Unternehmen zu Verbesserungen im (Umwelt-) Management, in der Energie- und Ressourceneffizienz sowie bei der Transparenz. Direkter geht es mit dem in Großbritannien erfolgreichen „Engagement“-Ansatz: Unternehmen werden durch Anteilseigner im Dialog zu bestimmten Korrekturen bewegt.
     
  • Imageeffekte und verstärkte Wettbewerbsfähigkeit. Kein Unternehmen kann es sich leisten, ökologische und soziale Standards in Deutschland und seiner gesamten Zulieferkette zu missachten. Gerade Markenprodukte sind von der öffentlichen Reputation abhängig. Nachhaltiges Wirtschaften schafft mehr Sicherheit vor Skandalen und stärkt Image und Kundenbindung.
     

Vorbilder und bewährte Praxisbeispiele

Jeder Typ Finanzprodukt des konventionellen Finanzmarktes ist auch mit sozialen und ökologischen Kriterien zu haben. Darauf kann bei jeder Anlageentscheidung zurückgegriffen werden.

Der Sicherung des Stiftungskapitals gilt das Hauptaugenmerk der Anlagestrategie. Bei festverzinslichen Anlagepapieren kann auch auf Nachhaltigkeitsratings zurückgegriffen werden. Der SEB – INVEST Responsibility Bonds (reiner Rentenfonds) oder Rentenpapiere wie Eisenbahnpapiere (z.B. EUROFIMA) sind in diesem Segment zu nennen. Mischfonds, wie der Sarasin-Fairinvest-Universal-Fonds (Renten/Aktien 75:25) oder der Prime Value von Dr. Höller kombinieren die Sicherheit der Rentenpapiere mit der Dynamik von Aktien.

Aber auch reine Aktienfonds bieten in ihrer jeweils unterschiedlichen Anlagestrategie durch Streuung des Portfolios auf verschiedene Unternehmen mehr Sicherheit als der Kauf einzelner Unternehmensanteile. Beispiele für Aktienfonds sind der Gerling Select 21, ÖKOVISION oder der GreenEffects, der auf dem Natur-Aktien-Index (NAI) basiert.

Stefan Rostock

1 u.a. Garz, Volk, Gilles: Von Economics zu Sustainomics. WestLB Panmure, Düsseldorf, April 2002, S. 20

2 www.ecologic.de
 

 

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