Blogpost | 17.11.2017

COP23 live und in Farbe

Germanwatch-MitarbeiterInnen berichten
Bild: Blog COP23

Wir haben in den kommenden zwei Wochen die UN-Klimaverhandlungen direkt vor unserer Haustür – in Bonn. Das Germanwatch-Team ist dabei, manche zum ersten Mal, andere schon zum 23. Mal. Mit diesem Blog können Sie uns die kommenden zwei Wochen begleiten. Unsere Germanwatch-MitarbeiterInnen berichten von den Verhandlungen sowie den verschiedenen Aktionen rund um die COP und teilen Anekdoten. Kurz und ohne viel Drumherum, gerade raus – einfach COP23. 

Übersicht der bisher erschienenen Beiträge:


Die COP 23 ist vorbei - Vielen Dank an alle Leser*innen
 

Natürlich gibt es auch ein Abschlusspapier zur COP 23, was Ihr hier nachlesen könnt!



Donnerstag, 16. November | 15:30 Uhr | Manfred Treber (Klima- und Verkehrsreferent)

„Die Staatschefs kommen“

Der Mittwoch ist der offizielle Beginn des "High Level Segments", also des Teils von der COP 23, zu dem die Ministerebene anreist – teilweise sind sogar Staatschefs gekommen. Das merkt der Beobachter bereits in den Fluren, denn da stürmen plötzlich Schwärme von zumeist schwarz gekleideten Delegierten gemeinsam durch die Gänge: Der oder die MinisterIn begleitet von fünf bis 15 „Untergebenen“.

Der Germanwatch-Klimareferent begibt sich in den ehemaligen neuen Plenarsaal des Bundestags, wohin auch die Reden der Staatschefs übertragen werden. Nach dem Auftakt eines fidschianischen Jungen spricht Antonio Guterres, der UN-Generalsekretär. Er setzt sich mit deutlichen Worten für Klimaschutz ein. Beispielsweise erhebt er die Forderung, dass die Staaten großen Infrastrukturprojekten, die nicht "grün" seien, keine grüne Ampel geben sollten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier führt einen Zeitungsausschnitt vom August an, der vor den Folgen für das Klima warnt. Doch dieser war nicht vom August diesen Jahres, sondern vom August 1912. Er lobt China, das im Klimaschutz großen Schwung zeigt – bei COP 23 wäre ein solcher auch hilfreich. Und nennt die Multilaterale Ordnung unverzichtbar, da sie ein Gewicht gegen das Recht des Stärkeren sei.

Dann kommen die Staats- und Regierungschefs an die Reihe – 30 sollen nach Bonn gereist sein.

Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin, ist die erste: Sie hat es dieses Mal schwer, denn nach der Wahl in Deutschland im September gibt es noch keine neue Bundesregierung, für die sie sprechen könnte. Und sie will in einer Zeit, in der noch nicht einmal mit Koalitionsverhandlungen begonnen wurde, mit voreiligen Ankündigungen ihre künftigen Koalitionspartner nicht verprellen.
So bleibt sie im Allgemeinen: Der Klimawandel sei eine Schicksalsfrage, Deutschland wäre von der Erfüllung seines Reduktionsziels des Jahres 2020 noch ein Stück entfernt. Die Braunkohle müsse einen Beitrag leisten, Klimapolitik sei zukunftsweisende Wirtschaftspolitik. In einer Spitze gegen den US-Präsidenten Donald Trump begrüßt sie ausdrücklich die „We are still in“-Initiative von US-Bundesstaaten, Städten und Unternehmen, welche die Emissionslücke füllen will, welche die Blockadepolitik der neuen US-Regierung hinterlässt.

Ganz gespannt war auf den Auftritt des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gewartet worden. Im Gegensatz zur Bundeskanzlerin wurde er in vielen Punkten konkreter. Er begann mit der Unterstützung der Wissenschaft: Der Weltklimarat wäre nach dem Kürzen des US-Finanzbeitrags bedroht, aber dies würde kompensiert werden. Und dann folgt eine Aufzählung von Punkten, die er angehen will: Ein CO2-Basispreis von 30 Euro pro Tonne, der Ausstieg aus fossiler Stromerzeugung bis zum Jahr 2021, keine neuen Projekte mit fossiler Förderung mehr und schließlich der Anspruch, dass in 20 Jahren neue PKWs keine Treibhausgase mehr ausstoßen sollen.

Bleibt abzuwarten, inwiefern es gelingen wird, das alles umzusetzen.



Donnerstag, 16. November | 18:30 | Stefan Rostock (Teamleiter Bildung für nachhaltige Entwicklung, NRW-Fachpromotor für Klima & Entwicklung)

Bildung für nachhaltige Entwicklung muss in die NDCs

Jedes Land sollte Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) als festen Bestandteil in die nationalen Klimapläne (NDCs) und deren Umsetzungsstrategien verankern. Synergien mit den SDGs und dem Weltaktionsprogramm (WAP) Bildung für nachhaltige Entwicklung unter der UNESCO gilt es zu nutzen. Die habe ich heute auch auf einem side event auf der COP vorgestellt und positive Reaktionen erhalten:

Germanwatch ist Partner für eine Weiterentwicklung von BNE hin zu einer transformativen BNE für alle:

     



Donnerstag, den 16. November | 15:00 | Alex Reif (Referent für Bildung für nachhaltige Entwicklung)

Heute ist „Education Day“ auf der COP!

Während Bildung bisher lediglich Randthema war, hat es das Thema nun in Bonn auch auf die Verhandlungsebene geschafft. Eine besondere Rolle spielen dabei Jugendliche. Drei Aspekte sollten dabei nicht unter den Tischfallen:

1) Bildung ist im Sinne einer Bildung für nachhaltigen Entwicklung (BNE) zu verstehen, die Menschen in die Lage versetzt, die Gesellschaft aktiv mitzugestalten und die Transformation voranzutreiben. Das bedeutet entsprechende Kompetenzen für politische und gesellschaftliche Partizipation und Werkzeuge des Wandel-Machens zu vermitteln. Transformative Bildung für nachhaltige Entwicklung heißt Empowerment zur gesellschaftlichen Transformation. Es bedeutet, den Handabdruck des eigenen Engagements zu vergrößern.

2) Bildung wird im Kontext der Klimaverhandlungen oft als Bildung für Kinder und Jugendliche verstanden. Das greift zu kurz:

Es sind nicht Jugendliche, welche die höchsten Fußabdrücke vorweisen und es sind auch nicht Jugendliche, welche die heutigen, nicht nachhaltigen Rahmenbedingungen geschaffen haben. Wenn wir warten bis heutige Jugendliche Entscheidungsträger sind, ist es für viele Weichenstellungen zu spät. BNE für Jugendliche ist wichtig und ein Schlüssel für eine nachhaltige Zukunft, muss aber noch wesentlich weiter greifen: es geht auch um Bildung für Entscheidungsträger*innen in Politik und Wirtschaft, denn hier gibt es viel Aufholbedarf.

3) Jugendliche sind nicht nur Lernende, sondern auch Träger*innen und Entwickler*innen von sozialen und technologischen Innovationen. Sie tragen eine starke transformative Energie in unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche - und auch in die Klimaverhandlungen. Partizipation von Jugendlichen darf (auch auf den Klimaverhandlungen) nicht nur Zugang zum politischen Prozess bedeuten, sondern insbesondere auch Einfluss und Mitspracherecht bei allen Entscheidungen, die sie und ihre Zukunft betreffen. 



Mittwoch, 15. November | 20:00 Uhr | Roxana Baldrich

Transparenz: Das A und O für eine erfolgreiche Umsetzung des Paris-Abkommens

Verankert in Artikel 13 des Paris-Abkommens (PA) ist der erweiterte Transparenzrahmen ohne Frage eines der wichtigsten Elemente des Regelbuchs zum Abkommen. Da die Verhandlungen allerdings äußerst komplex und technisch sind, dringen Zwischenergebnisse und Streitpunkte der Verhandelnden kaum zur interessierten Öffentlichkeit außerhalb des COP-Geländes vor.

Wichtigstes Ziel des Transparenzrahmens ist es, gegenseitiges Vertrauen zwischen den Vertragsstaaten zu schaffen, besonders zwischen den Gruppen der ärmeren und denen der reicheren Länder. Einerseits werden ärmere Länder ihre nationalen Beiträge zur Umsetzung des Paris-Abkommens nur steigern, wenn sie sich der Unterstützung durch die reicheren Länder sicher sein können und diese mit gutem Beispiel vorangehen. Andererseits muss zum Beispiel eine Tonne CO2 in der EU auch einer Tonne CO2 in China oder Indien entsprechen, damit die Anstrengungen aller Länder vergleichbar sind und das Voranschreiten der Umsetzung des Abkommens in seiner Gesamtheit bewertet werden kann.

Mit der Verabschiedung des Paris-Abkommens und damit auch des erweiterten Transparenzrahmens verpflichteten sich die Vertragsstaaten dazu, aufbauend auf den Erfahrungen mit den bisherigen Transparenzregeln aus dem Rahmenübereinkommen einen Transparenzrahmen mit verstärkten Regeln für alle Länder zu schaffen und bisherige Probleme im Transparenzbereich zu beheben. Im Moment werden in Bonn die „Modalitäten, Verfahren und Leitlinien“ für die konkrete Ausgestaltung dieses Transparenzrahmens verhandelt.

Ein Streitpunkt sticht in den Transparenz-Verhandlungen besonders hervor, bei dem sich einige Länder, die gegensätzliche Standpunkte vertreten, gegenüberstehen: Die eine Gruppe, vor allem Industriestaaten, aber auch einige Entwicklungs- und Schwellenländer, wünscht sich gemeinsame Transparenzregeln für alle Länder, die denjenigen Entwicklungsländern, die in Anbetracht ihrer Kapazitäten darauf angewiesen sind, Flexibilität bieten. Diese Flexibilität ist auch nötig, da im Moment die nationalen Möglichkeiten zur Durchführung von Messung, Berichterstattung und Verifizierung weit auseinander liegen. Die Länder der „Like Minded Group of Developing Countries“, eine Verhandlungsgruppe "gleichgesinnter" Entwicklungsländer unter Wortführung vor allem von China und Saudi Arabien, aber auch Indien und Ecuador, beharren allerdings darauf, dass es zwei Regelwerke geben soll: Eines für Industriestaaten und eines für Entwicklungsländer. Die zweite Option wäre ein Rückschritt hin zur Spaltung zwischen diesen zwei Ländergruppen, die mit dem Paris-Abkommen eigentlich aufgehoben werden sollte. Außerdem sind gemeinsame Transparenzregeln unerlässlich, um Informationen vergleichbar zu machen und das Voranschreiten der Umsetzung des Paris-Abkommens ausgewogen bewerten zu können.

Es gilt nun, denjenigen Entwicklungs- und Schwellenländer, die besorgt sind, gemeinsame Transparenzregeln könnten sie zu sehr belasten, Unterstützung zum Kapazitätsaufbau fest zuzusagen und sie von den Vorteilen und Entwicklungschancen zu überzeugen, die mit gemeinsamen Transparenzregeln einhergehen.



Mittwoch, 15. November | 10:00 Uhr | Stefan Rostock (Teamleiter Bildung für nachhaltige Entwicklung, NRW-Fachpromotor für Klima & Entwicklung)

Die Klimazukunft mitentwickeln – Empowerment for Climate Leadership

Was macht ein gutes Austauschprojekt aus? Wie unterscheiden sich die Perspektiven von Ländern des Südens und des Nordens in den Klimaverhandlungen und wie können sie sich annähern? Wie wird interkultureller Dialog fruchtbar? Welche Bildungsaspekte sollen Staaten in ihren NDCs berücksichtigen? Wie wird alle Bildung zu Bildung für nachhaltige Entwicklung und wie wird diese politisch wirksamer?

Viele dieser Fragen werden derzeit heftig in unserem Programm „Empowerment for Climate Leadership“ diskutiert. Das 18 monatige Trainings- und Austauschprojekt von CAN Tanzania und Germanwatch erlebt mit dem Treffen der 22 TeilnehmerInnen den ersten Höhepunkt. Indische, tansanische und deutsche Klimaaktivisten aus verschiedenen NGOs erarbeiteten zunächst online in Teams Material und Bildungsideen zu folgenden Themen

+ Interkulturelle Bildung + Agenda 2030/SDGs + SDG13 + Die globale Klimakrise + UNFCCC + Klimapolitik

Jetzt läuft das erste Treffen in Bonn und es bietet sich so die Chance des persönlichen Austausch und gemeinsamen Lernens! „Neben den zukunftsrelevanten Themen, die wir behandeln, ist es auch sehr cool mit so vielen engagierten Menschen zusammen zu leben. Es ist eine starke Gruppe geworden. Unter anderem haben wir ein UNFCCC-Planspiel gemacht, ein Treffen mit algerischen Klima-NGOs und den Koblenzer St. Martins Zug besucht – nice mixture.“, berichtet Deodatha Agricola aus Tansania.

Teilnehmende des ECL-Projektes bei der "Klima schützen - Kohle stoppen"-Demo.



Dienstag, 14. November | 19:00 Uhr | Vera Künzel (Referentin für Anpassung an den Klimawandel und Menschenrechte) und Laura Schäfer (Referentin für Klima-Risikomanagement) 

Partnerschaft für Finanzierungs-und Versicherungslösungen für Klima-und Katastrophenrisiken - Wir unterstützen das

Als gemeinsame Initiative der wirtschaftlich stärksten (G20) und der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder (V20), wurde heute auf der Weltklimakonferenz während eines „Highlevel-Events“ der fidschianischen Präsidentschaft die "InsuResilience Global Partnership on Climate and Disaster Risk Finance and Insurance Solutions" offiziell ins Leben gerufen. Zentrales Ziel ist es die Widerstandsfähigkeit (Resilienz) der Länder des Globalen Südens gegenüber Klimafolgen zu erhöhen und sie besser für den Umgang mit den Folgen zu wappnen. Ihren Ursprung hat die Partnerschaft in Erklärungen der G20, der V20 und der G7. Zentral ist aus Sicht von Germanwatch die V20 als die besonders betroffenen Länder an Bord zu wissen.

Wir als Germanwatch unterstützen das gemeinsame Statement, das in Aussicht stellt eine Partnerschaft zu entwickeln, die eine schnellere und verlässlichere Reaktion auf Katastrophen sowie eine bessere Vorsorge ermöglicht. Ihre Ausgestaltung werden wir kritisch-konstruktiv begleiten. Die Eckpunkte der Partnerschaft sind bisher noch im Entwurfsstadium. Es bleiben also offene Punkte, wie etwa die Festlegung auf konkrete Ziele für die Partnerschaft. Uns ist besonders wichtig, dass hierbei die folgenden Kriterien berücksichtigt werden:

  • Bei den von der Partnerschaft unterstützen Ansätzen zum Managen von Klimarisiken muss sichergestellt werden, dass sie vor allem den besonders armen und verletzlichen Menschen in den jeweiligen Ländern zu Gute kommen.
  • Die Instrumente der Partnerschaft müssen sich an dem tatsächlichen Bedarf der Menschen orientieren und in umfassende Risiko-Management-Lösungen eingebettet werden.
  • Alle Instrumente müssen einem menschenrechtsbasierten Ansatz folgen.
  • Alle Instrumente sollten in Form von "Public-Private-Partnerships" organisiert werden, die Sorgfaltspflicht für die eigene Bevölkerung darf nicht vom Staat an den Privatsektor abgegeben werden.
  • Die Bezahlbarkeit z. B. von Versicherungsprämien muss gewährleistet sein. Dies muss z. B. durch intelligent gestalteten, öffentlichen Subventionen sichergestellt werden, da die betroffene Zielgruppen selbst sich in der Regel eine Absicherung sonst nicht leisten kann.

Wir als Germanwatch werden uns dafür einsetzen, dass diese Kriterien bei der weiteren Ausgestaltung einbezogen werden, um eine erfolgreiche und sinnbringende Partnerschaft zu etablieren.



Sonntag, 12. November | 18:00 Uhr | Laura Schäfer (Referentin für Klima-Risikomanagement)

Schäden und Verluste – Bedrohungen des Klimawandels ganz konkret

Die Zunahme ungewöhnlicher Wetterereignisse in jüngster Zeit sind deutliche Zeichen dafür, dass der Klimawandel kein Problem ferner Zukunft ist. Bereits heute leiden Millionen Menschen unter den Folgen von Extremwetterereignissen, deren Häufigkeit und Intensität vom Klimawandel verstärkt werden können. Allein dieses Jahr starben 1.200 Menschen in Indien, Bangladesch und Nepal durch starke Fluten, ausgelöst von ungewöhnlich starken Monsunregen. Hurrikan Irma, der stärkste je im Atlantik aufgezeichnete Wirbelsturm, verursachte schätzungsweise über 100 Milliarden USD Schäden in der Karibik und den USA.

Um klimabedingte Schäden und Verluste (englisch Loss & Damage, L&D) soweit wie möglich zu verhindern, hat effektiver Klimaschutz oberste Priorität. Außerdem kann Klimaanpassung helfen, das Risiko von Schäden zu verringern. Doch bereits heute schon lassen sich nicht mehr alle Schäden verhindern und Anpassungsmaßnahmen haben deutliche Grenzen. Es bedarf daher Lösungen zum Umgang mit nicht mehr vermeidbaren Klimafolgen.

Während die Verhandlungen zum Thema in der Bula Zone für eine Tag ruhen, widmet heute der Fidschi Pavillon „Schäden und Verlusten“ einen ganzen Thementag. WissenschaftlerInnen, NGOs und VerhandlerInnen präsentierten und diskutierten: Was man aus dem Umgang mit tropischen Zyklonen in der Vergangenheit lernen? Wie kann man kulturelles Erbe vor Klimafolgen retten? Wie kann man die Widerstandsfähigkeit von besonders verletzlichen Personen gegenüber Klimafolgen erhöhen? Die Veranstaltungen zeigten – es gibt Lösungsansätze zum Umgang mit Klimafolgen, es braucht jedoch politischen Willen diese zu finanzieren und umzusetzen.

Während im nachgestellten, traditionell-fidschianischen Bambushaus die Teilnehmer des L&D-Tages diskutierten, konnte man sich im Nachbarraum einen Eindruck von tatsächlichen Schäden und Verlusten verschaffen. Virtual Reality Brillen bringen die Konferenzteilnehmer nach Fidschi, wo die Aufbauarbeiten nach einem Wirbelsturm in vollem Gange sind. Ein packender Eindruck was es heißt, wenn die in den Verhandlungen theoretisch diskutierten Schäden und Verluste Realität werden.



Samstag, 11. November | 17:30 Uhr | Daniela Baum  (Referentin - Bildung für nachhaltige Entwicklung & Regionale Netzstelle Nachhaltigkeitsstrategien West - RENN.west)

COP 23 meets rheinischen Karneval

Wie es aussieht, wenn ein Klimagipfel zwar in Deutschland stattfindet, aber unter der Präsidentschaft von Fidschi, einem pazifischen Inselstaat, konnten die Teilnehmenden des Klimagipfels in den letzten Tagen bereits erfahren. Es wurde viel über „Talanoa“ gesprochen, einen traditionell in Fidschi praktizierten Dialogprozess, bei dem es vor allem um das einander Zuhören und echten Austausch geht. In der Bonn Zone gibt es den „Talanoa Space“ und den großen Pavillon von Fidschi – einladend, begrünt mit echten Pflanzen und der Möglichkeit, sich entspannt niederzulassen und vielleicht auch mal für einen Moment abzuschalten. Vor allem bringt Fidschi, das als erster Inselstaat die Präsidentschaft eines Klimagipfels innehat, die Perspektive der sehr stark von den Folgen des Klimawandels betroffenen Inselstaaten ein.

Was aber passiert, wenn dieser Klimagipfel in Bonn ausgerechnet in einem Zeitraum stattfinden, zu dem im Rheinland die „5. Jahreszeit“ beginnt? Am 11.11. um 11.11 Uhr legen die rheinischen Jecken traditionell los, und zwar so richtig. Das kann auch am Klimagipfel nicht spurlos vorbeigehen. Und so öffneten sich kurz nach vier die Tore und es marschierte zur zentralen Bühne in der „Bonn Zone“ ein waschechter Karnevalszug, die Beueler Stadtsoldaten: Mit Pauken und Trompeten, in voller Montur und natürlich darf auch das Funkenmariechen nicht fehlen. Auch der in diesem Jahr neu gegründete Karnevalsverein der Vereinten Nationen in Bonn, die „UN-Funken“, kamen mit Karnevalsprinzessin Universa auf die Bühne.

Karnevalslieder tönen durch die Bonn Zone und locken alle, die gerade nicht einem der vielen Side Events folgen, zur Bühne. Das Funkenmariechen tanzt und wird unter großem Jubel der Zuschauer*innen durch die Luft gewirbelt, Smartphones filmen und fotografieren, es gibt Freibier, pardon Kölsch, der Saal klatscht. Auch die COP-Teilnehmenden werden zum Mittanzen aufgefordert und lassen sich auf die ungewöhnliche Erfahrung ein. Nach einer halben Stunde ist der Zauber vorbei und die Jecken ziehen wieder von dannen. Die Bilder und Videos, die diesen Moment der Ausgelassenheit festgehalten haben und nun um die Welt gehen, gab es so wahrscheinlich noch bei keiner anderen COP zuvor.

 

Die Welt zu Gast in Bonn und die Stadt präsentiert sich von ihrer jecken Seite. Eine sehr sympathische Art der Kulturvermittlung, denn die jecke Seite der Deutschen ist international sicher wenig bekannt.

Zum Talanoa-Spirit gesellte sich heute Nachmittag gegen Ende der ersten COP-Woche der Karnevals-Spirit und brachte ein bisschen Heiterkeit und Leichtigkeit in den Raum, was bei den Themen, die auf Klimagipfeln verhandelt werden eher Seltenheitswert hat. Es bleibt zu hoffen, dass die Verhandler*innen das Kölsche Grundgesetz nicht kennen, geschweige denn beachten: Et es wie et es, et kütt wie et kütt und et hätt noch immer jot jejange [Für Nicht-Rheinländer: Es ist, wie es ist, es bleibt, wie es bleibt und es ist noch immer gut gegangen].



Samstag, 11. November | 11:00 Uhr | Manfred Treber (Klima- und Verkehrsreferent)

Ein Beitrag für ECO entsteht

Mit dem täglich erscheinenden ECO-Newsletter richtet sich Climate Action Network (CAN) an Delegierte und Beobachter auf den COPs und den Zwischenverhandlungen. ECO ist eine wichtige Stimme der Zivilgesellschaft auf den Verhandlungen sowie ein wichtiges Instrument der NGO-Lobbyarbeit zu relevanten Themen. Doch wie entsteht so ein ECO-Artikel – manchmal eine Odyssee, beschrieben am Beispiel „A valuable step to increase ambition“, erschienen am 11. November 2017:

  • 1. Schritt: Die CAN-Arbeitsgruppe „science policy“ hat eine strategische Botschaft zur Einbindung des IPCC Sonderberichts zu 1,5°C in den Verhandlungsprozess. Das soll abgedruckt werden.
  • 2. Schritt: Der Germanwatch-Klimareferent geht morgens um 9.00 Uhr zur Sitzung der politischen Koordinationsgruppe von CAN und kündet an, einen Beitrag (er erläutert den Inhalt) für die kommende Ausgabe schreiben zu wollen.
  • 3. Schritt: Nach der Sitzung wird er angesprochen, was er zu beachten hätte - CAN ist ja sehr partizipativ, jede(r) kann sich mit Änderungsvorschlägen einbringen (spätestens um 17.00 Uhr müsse ein Entwurf an seine Arbeitsgruppe gehen, zwei Stunden später – nach Berücksichtigen der Reaktionen – eine Aussendung an weitere CAN-Mitglieder. Nach weiteren zwei Stunden müsse der fortentwickelte Entwurf dann erneut editiert werden…..).
  • 4. Schritt: Um 11.00 Uhr trifft er sich mit seinem Ko-Koordinator und spricht mit ihm über den geplanten Beitrag.
  • 5. Schritt: Danach setzt er sich in einen Flur des Konferenzzentrums - da gibt es Sessel mit Stromversorgung - und formuliert den Entwurf aus, den er kurz vor dem Aufbruch zu seiner Nachmittagsaktivität (sie findet von 14.00 – 16.00 Uhr statt) um 13.30 Uhr an den Ko-Koordinator zum Gegenlesen schickt. Dass er kein Mittagessen hatte, signalisiert ihm sein Magen.
  • 6. Schritt: Als er sich gegen 16.30 Uhr wieder um den Beitrag kümmern kann, stellt er fest, dass einiges passiert ist – es kamen viele positive Resonanzen und Rückmeldungen von verschiedenen, sehr wichtigen Personen und Stellen:

Doch die Zeit drängt, er kann das nicht mehr berücksichtigen und sendet den bestehenden Entwurf an seine CAN-Arbeitsgruppe.
Im zweiten Entwurf ist es ja weiterhin möglich, darauf einzugehen.

So beginnt ein reger Mail-Austausch mit vielen Beteiligten über eine mögliche Überarbeitung des Entwurfs. Die Zeit drängt, immer weitere Mails (...).
Da wird die Entscheidung gefasst, den Beitrag einen Tag später erscheinen zu lassen.

Die dreistufige Runde zur Abstimmung bei CAN kann dann früher beginnen, und da der Text bereits am Vortag versandt worden war, wird die Abstimmung glatt durchlaufen. Abends schaut das vierköpfige „editorial board“ auf alle für dieses ECO eingegangenen Artikel, verbessert teilweise das Englisch, die Lesbarkeit und prüft, ob der Beitrag gegebenenfalls aus Platzgründen gekürzt werden muss.
Die gute Nachricht am Folgetag: Der Artikel zum Beitrag der Wissenschaft zur möglichen Steigerung der Ambition des Paris Abkommens ist sogar auf der Seite 1 des ECO erschienen.



Freitag, 10. November | 16:00 Uhr | Carina, Alex und Stefan aus dem BNE-Team

 (Klima-)Bildung heißt auch politisches Engagement zu fördern 

Die UN-Klimaverhandlungen können von außen betrachtet überfordernd sein und lebensfern wirken. Themen und Vertragsparteien sind komplex, entwickeln sich ständig weiter und sind lebendig vielfältig. Es scheint beinahe unmöglich, in allen Bereichen konstant auf dem Laufenden zu bleiben.

Im Germanwatch-Team „Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“ beschäftigen wir uns täglich mit der Frage, wie die komplexen Themen Klimawandel, nachhaltige Entwicklung sowie Große Transformation an Lernende vermittelt werden können. Dabei stellen wir uns insbesondere die Frage: Wie können wir sie dabei unterstützen, sich als zivilgesellschaftliche Akteure der Transformation mit ihrer eigenen Gestaltungskraft zu begreifen? Und wie kann entsprechendes Handeln zur Vergrößerung des eigenen Handabdrucks erreicht werden? In zahlreichen Veranstaltungen diskutieren wir diese Frage, zum Beispiel hier.

Im Rahmen der unter Fidschis Präsidentschaft laufenden UN-Klimaverhandlungen (COP 23) wird deutlich, dass BNE nicht bloß im Klassenzimmer stattfindet und auch nicht nur Kinder und Jugendliche adressiert. Zu Beginn der Verhandlungen trafen sich "Promotorinnen und Promotoren für eine Welt" sowie Multiplikator*innen des agl-Fachforums Umwelt, Klima, Rohstoffe und Entwicklung in Bonn. Neben dem Austausch stand dabei auch die gemeinsame Teilnahme an der bisher größten deutschen Klima- und Anti-Kohle Demonstrationen "Klima schützen - Kohle stoppen!" auf der Agenda. Auf der Demo waren Teilnehmer*innen aller Altersstufen und aus den unterschiedlichsten Ländern der Welt vertreten. Sie war ein buntes Zeichen, dafür dass Zivilgesellschaft für Klimaschutz auf die Straße geht und in Bewegung ist. Gemeinschaft, Engagement, Spaß, Nord-Süd Austausch, Kreativität, Vernetzung und deutliche Botschaften an die Entscheidungsträger*innen in Politik und Wirtschaft waren wichtige Faktoren dafür. Die Demo war ein motivierender Lernort für politische Bildung, für entwicklungspolitisches Engagement.

Im Kern geht es bei Bildung für nachhaltige Entwicklung genau darum: Zivilgesellschaftliche Erfahrungsräume zu kreieren und dabei notwendige Kompetenzen für politisches Engagement zu vermitteln. Bis zur nächsten Demo!

Auch Multiplikator*innen des agl-Fachforums Umwelt, Klima, Rohstoffe und Entwicklung zeigten auf der Demo "Klima schützen - Kohle stoppen" politisches Engagement.
 


Freitag, 10. November | 14:00 Uhr | Rixa Schwarz (Teamleiterin Internationale Klimapolitik)

Was geschah in der ersten COP23-Woche?

Die erste Woche der COP 23 geht bereits dem Ende zu. Hier ein kurzer Rückblick auf die vier wichtigsten Themen:

Klimaschutz und Finanzierung vor 2020:
Entwicklungsländer fordern hier mehr Diskussionen zu Klimaschutz und Klimafinanzierung vor 2020. Das ist nachvollziehbar, denn die Industrieländer haben hier Zusagen gemacht, die auch eingehalten werden müssen, damit das Vertrauen entsteht, das für die gemeinsame Umsetzung des Pariser Abkommens nötig ist. Wahrscheinlich wird es keinen eigenen Tagesordnungspunkt hierzu geben, aber es spielt hier in den Diskussionen eine große Rolle.

Talanoa-Dialog für die Nachbesserung der nationalen Klimapläne:
Die Präsidentschaft hat viel Unterstützung für ihren Vorschlag zum Talanoa-Dialog erfahren. Talanoa ist ein partizipatives Gesprächsformat aus dem Pazifik, bei dem alle mitreden können, um ein Ziel zu erreichen oder ein Problem zu lösen. Das Problem, das gelöst werden soll, ist die fehlende Ambition in den Klimazielen. Der Talanoa-Dialog, der sich durch das gesamte kommende Jahr ziehen soll, soll zu höherer Ambition der Klimapläne ab 2020 führen. Er ist die erste Zielerhöhungsrunde.

Umsetzungsregeln des Paris-Abkommens:
Die Verhandlungen zum Regelbuch gehen voran. Hier wird zwar nicht unbedingt zügig, aber doch konzentriert auf der technischen Ebene zusammengearbeitet.

Unterstützung der Verletzlichen
Es wäre wichtig, dass von dieser pazifischen COP ein Signal ausgeht, dass die Unterstützung für die besonders Verletzlichen verbessert und langfristig gesichert wird. Dazu stehen hier zwei Punkte auf der Agenda: 1) Die Zukunft des Anpassungsfonds und 2) ein Arbeitsprogramm zu Schäden und Verlusten (Loss&Damage), für das es auch Finanzierung geben sollte. Aber es gab noch keine Fortschritte. Hier müssen die Industrieländer sich einen Ruck geben!



Donnerstag, 9. November | 17:00 Uhr | Paula Schäfer

"You can't be a climate leader, if you are a fossil fuel producer without a plan"

Starke Worte schlagen einem an diesem 4. Tag der COP entgegen bei dem Side Event "Regaining Power: People versus Polluters in the Energy Transformation" der Local Governments for Sustainability und der Ruhr Regional Association.

Mehr als acht Redner erzählen von ihren Erfahrungen und den Graswurzelbewegungen gegen fossile Energiegewinnung in ihren Ländern – aus den USA, Indonesien, Indien und Nigeria. Auf den Philippinen baut ein Netzwerk von 150 zivilgesellschaftlichen Organisationen Druck auf die International Finance Corporation der World Bank auf, die dort mehrere Kohlekraftwerke finanziell unterstützt. In Kalifornien kämpfen Bürger mit zunehmendem Erfolg für einen Sicherheitsabstand zwischen Wohnorten und Ölbohrungen, um die Gesundheit der Anwohner nicht weiter zu gefährden. Und in Schottland wurde durch smarte Politik im Zuge des Unabhängigkeits-Referendum 2014 ein Verbot von Fracking durchgesetzt.

Die Teilnehmer machen deutlich, dass Bürger viel erreichen können, wenn sie Regierungen und Energiekonzerne dazu zwingen, über ungemütliche Missstände nachzudenken. Dennoch bleibt die Frage: Wie können wir politisch Wege finden, um die Nutzung fossiler Energien endgültig herunterzufahren – besonders in Deutschland? Um es mit den Worten einer der Rednerinnen zu sagen: "You can't be a climate leader, if you are a fossil fuel producer without a plan."
Nach vielen unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen auf dasselbe Problem, ist eines klar: Die Zivilgesellschaft kann Kräfte bewegen, die echten Wandel bringen!
Wie zum Beispiel bei der Klima schützen – Kohle stoppen! Demo am vergangenen Samstag.



Mittwoch, 8. November | 18:00 Uhr | David Eckstein (Referent für Klimafinanzierung und Investitionen)

Klimafinanzierung – vielleicht schon mal gehört, aber nicht richtig verstanden?

David Eckstein, schon seit fünf Jahren bei Germanwatch und zum 6. Mal bei einer COP dabei, beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Klimafinanzierung.

David, kannst Du uns in einem Satz erklären, was man unter Klimafinanzierung versteht?
„Finanzielle Unterstützung für Projekte und Programme in Entwicklungsländern zum Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels.“
[Anmerk. d. Redaktion: Mehr zum Thema Anpassung folgt nächste Woche auf dieser Seite]

Was sind die Kernthemen, mit denen sich Germanwatch dazu auseinandersetzt?
„Ein Kernthema ist die Begleitung des Aufbaus des Green Climate Funds (GCF), der als größter multilateraler Klimafonds Projekte und Programme in Entwicklungsländern finanzieren soll. Außerdem verfolgen wir auch die Arbeit des Anpassungsfonds, der bereits seit 10 Jahren existiert und konkrete, kleine Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern fördert.
Auch die internationalen Verhandlungen zum Thema Klimafinanzierung auf den Klimagipfeln sind ein Schwerpunkt, da dort beschlossen wird, wie Länder langfristig finanziell unterstützt werden können. Und mit unserer Website www.deutscheklimafinanzierung.de schauen wir zusammen mit NGO-Partnern genau hin, wie sich der deutsche Beitrag entwickelt.“

Was sind die Forderungen von Germanwatch?
„Uns ist wichtig dass ein Fonds wie der GCF vernünftig aufgesetzt wird, d. h. richtig gute Projekte fördert und dass die verletzlichsten Länder an die Gelder kommen.
Wir arbeiten auch daran, die Zivilgesellschaft in Entwicklungsländern stärker in die Prozesse des GCF einzubeziehen. Damit sie verstehen, wie der Fonds arbeitet und funktioniert, um Druck auf ihre eigene Regierung zu machen, gute Projekte einzureichen, welche die Bedürfnisse der Betroffenen wirklich adressieren.“

Was wird auf der COP zu dem Thema verhandelt?
„Auf der COP geht es besonders darum, langfristig genug finanzielle Unterstützung bereitzustellen. Dazu haben Industrieländer 2009 das Versprechen gemacht, wachsende Beträge an Klimafinanzierung zu mobilisieren, die ab 2020 jährlich 100 Mrd. US-Dollar erreichen sollen. Darüber hinaus gilt es, einheitliche Regeln festzulegen, wie Industrieländer über die bereitgestellten Gelder berichten müssen.
Zu guter Letzt gilt es sicherzustellen, dass der Anpassungsfonds weiterhin bestehen bleibt und zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommen beiträgt.“

Gibt es etwas, was Dich in Deiner Arbeit zum Thema Klimafinanzierung ärgert?
„Mich ärgert zum Beispiel, dass die Industrieländer oft ihre Versprechen nicht vollständig umsetzen und sich entweder mit "kreativen Rechnungen" ihre geleisteten Beiträge "schön rechnen" oder behaupten, der Privatsektor müsse mobilisiert werden, um Gelder bereitzustellen. Letzteres stimmt zwar, aber das kann nur zusätzlich zu öffentlichen Geldern aus den Industrieländern sein, nicht diese ersetzen!“

Was freut Dich besonders an Deiner Arbeit?
„Mich freut es, wenn man sieht, dass unsere Arbeit wirkt und unsere politische Beratung den besonders verletzlichen Ländern hilft. Dieser gute Austausch ist sehr motivierend.“

Danke David!



Mittwoch, 8. November 2017 | 18:00 Uhr | Julia Anna Bingler (Referentin für klimagerechte Investitionen)

Warum alle Investitionen „Paris-kompatibel“ werden müssen

Wenn es um Finanzen und Klimawandel geht, denkt man meistens daran, dass Klimaschutz und Anpassung irgendwie finanziert werden müssen – dabei müssen öffentliche Haushaltsmittel eine zentrale Rolle spielen. Insbesondere geht es dabei um staatliche Gelder der reicheren Länder, mit denen ärmere Länder unterstützt werden müssen. Aber es gibt einen weiteren Zusammenhang zwischen Finanzen und Klimawandel, mit einem sehr weitreichenden Ziel: Mit Artikel 2.1c. des Pariser Klimaabkommens hat sich die Staatengemeinschaft verpflichtet, alle Finanzflüsse mit den Klimazielen in Einklang zu bringen – internationale und nationale, öffentliche und private.

Dieses Ziel klingt revolutionär, und ist doch eine Notwendigkeit. Das zeigt sich besonders im Bereich Infrastruktur. Ein Kohlekraftwerk zum Beispiel, das heute finanziert wird, hat eine Lebenszeit bis nach 2050 – bis dahin müssen die Elektrizitätssysteme weltweit aber dekarbonisiert sein. Das heißt, dass das Kohlekraftwerk entweder frühzeitig vom Netz genommen werden muss, was einen finanziellen Verlust bedeutet – ein sogenanntes stranded asset. Oder aber die Klimaziele können durch ein Festfahren in klimaschädlicher Infrastruktur nicht erreicht werden – sogenanntes carbon lock-in. Das gilt nicht nur für Infrastruktur, sondern auch für die Geschäftsmodelle von Unternehmen.

Obwohl er so wichtig ist und die Zeit drängt, gibt es zur Umsetzung von Artikel 2.1c kein Verhandlungsmandat. In der Verhandlungszone der COP 23, der Bula Zone, wird er selten erwähnt. Doch schaut man sich in der „Climate Action Zone“, der Bonn Zone um, sieht man: Artikel 2.1c ist relevant.

Das gilt vor allem für die Entwicklungsbanken, die besonders viel Infrastruktur finanzieren. Da diese Banken in staatlicher Hand sind, sind sie indirekt über die Eigentümerstaaten verpflichtet, Artikel 2.1c umzusetzen. Auf dem von Germanwatch mitorganisierten side-event zu Infrastrukturinvestitionen gestern waren sich VertreterInnen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank (IDB) einig: Ihre Investitionen sollen klimagerecht werden. Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. So sind noch viele staatliche VertreterInnen in den Entscheidungsgremien der Entwicklungsbanken noch nicht bereit, Investitionen in klimaschädliche Technologien und Infrastruktur zu beenden.

Doch auch private Finanzinstitutionen fangen langsam an, aktiv zu werden. Einige VertreterInnen fragen sich hier in Bonn, wie sie ihre Investitionen mit den Zielen des Pariser Abkommens in Einklang bringen können. Denn alle Investitionen in klimaschädliche Projekte sind durch die Ziele des Pariser Abkommens viel riskanter geworden. Außerdem verschärft jegliche Investition in kohlenstoffintensive Projekte die Klimakrise – die auch enorme wirtschaftliche Schäden verursacht.

Das zeigt: Auch wenn es Bewegung außerhalb der Verhandlungen gibt, ist die Unsicherheit groß. Von den Staaten sind klare Rahmenbedingungen gefordert, damit alle Finanzflüsse mit den Zielen des Pariser Abkommens in Einklang gebracht werden können. Hier sollte zum Beispiel die neue Bundesregierung mit gutem Beispiel vorangehen. 



Mittwoch, 8. November | 14:00 Uhr| Daniela Baum (Referentin - Bildung für nachhaltige Entwicklung & Regionale Netzstelle Nachhaltigkeitsstrategien West - RENN.west)

Talanoa-Dialog – was heißt das eigentlich?

30 vor allem junge Menschen sitzen im Kreis auf dem Boden und hören aufmerksam einander zu. Ein grüner, flauschiger "Mikrophon-Würfel" wandert herum und jede und jeder darf etwas sagen. Sie teilen untereinander, woher sie kommen und warum sie hier sind, wofür und warum sie sich engagieren. Sie reden über ihre Ängste und Wünsche, ihre Ideen und was sie antreibt. Sie alle setzen sich ein für eine Welt, in der das Klima nicht weiter angeheizt wird, Ressourcen nicht mehr maßlos ausgebeutet werden und alle Menschen in Würde ein gutes Leben führen können.

Vertreter*innen eines fidschianisch-deutschen Jugendaustausches wollen mit dieser Veranstaltungen zeigen, wie Talanoa – eine traditionelle Form des Dialogs auf Fidschi – funktioniert. Und das ist ihnen sehr gut gelungen. Viele bedanken sich zum Schluss für die Möglichkeit, sich auf diese Art auszutauschen und miteinander verbinden zu können, und gehen gestärkt hinaus ins Getümmel der Bonn-Zone, wo ein "Side Event" auf das nächste folgt bzw. vieles parallel stattfindet.

Ein Talanoa-Dialog kann in Fidschi wohl auch mal mehrere Tage dauern, so viel Zeit nimmt sich die Runde hier nun nicht. Aber der Klimagipfel dauert ja zwei Wochen –  lang genug für alle Delegierten, um sich in Talanoa zu üben.

Reverend James Baghwan von der Methodist Church of Fiji stellte den Talanoa-Gedanken den Teilnehmer*innen vor.
(Wir danken Dominik Zahrnt, (r)evolutionäre ideen, für das Filmen und Bereitstellen des Videos)



Mittwoch, 8. November | 10:00 Uhr | Valentin Pfleger

Virtuelle Realität für Klima, Klimawandel und Klimaschutz

Mein erster Eindruck als ich die Bonn Zone betrat? Erschlagen! Ich fühlte mich schlichtweg erschlagen. Das Gelände ist nicht groß, es ist riesig. Die zahlreichen, verschiedenen Stände, Meeting Rooms und (Länder-)Pavillons fesselten mich von der ersten Sekunde an.

Alles war so verschieden. Alles? Nein. Eines haben viele Bereiche gemeinsam: VR-Brillen.
Virtuelle Realität ist zweifelsohne auf der COP angekommen. Die Anwendungsmöglichkeiten der Brillen, mit denen man in virtuelle Welten eintauchen kann, sind zahllos. Eintauchen ist genau das richtige Wort. Denn bei dem UNFCCC-Bereich konnte man beispielsweise eine kurze Unterwasserreise antreten. (Gestört haben dabei nur technische Schwierigkeiten, die VR-Technik leidet eben mitunter noch an Kinderkrankheiten).
Beim Länderpavillon von Fidschi kann man selbstredend – Fidschi erkunden. Sei es zu Land, zu Wasser oder aus der Vogelperspektive.
An anderer Stelle konnte man zum Beispiel erkunden, wie sich das Stadtbild von Kopenhagen verändert, wenn es einen Meeresspiegelanstieg von einem halben, einem oder zwei Metern gäbe.

Insgesamt macht VR enorm viel Spaß, besonders wenn die Technik ausgereift und die Umsetzung gelungen ist. Dann kann man wahrlich von einem „immersiven Erlebnis sprechen“.

Doch bei all dem Entertainment sollte man nicht die Bedeutung von virtueller Realität für Klima, Klimawandel und Klimaschutz aus den Augen verlieren. Denn durch diese Brillen können komplexe Thematiken verständlich aufbereitet werden. So werden Spaß und Bildung kombiniert.



Dienstag, 7. November | 18:00 Uhr | Lisa Baumann

"We don't want to be called climate refugees, but climate forced migrants"*

Da die COP23 unter der Präsidentschaft von Fidschi steht, werden Stimmen aus der Region besser gehört: Die Inselstaaten im Pazifik, sowie auch viele Länder in Südostasien sind bereits jetzt spürbar von den Folgen des Klimawandels betroffen. Hinzu kommt, dass die Staaten nicht über ausreichende Ressourcen verfügen, um mit den Klimafolgen umzugehen.

Auf der Pazifik-Insel Tuvalu sind nie dagewesene Fluten mittlerweile Alltag. Doch was dagegen tun? Auf Fidschi kommen bereits viele Menschen an, deren Leben auf kleineren Inseln bedroht ist. Der Generalsekretär der tuvaluischen Kirche Tafue Lusama sagt jedoch: „You cannot create a Tuvalu within the borders of another country”. Damit spricht er die kulturellen Verluste an, die mit einer Umsiedlung bzw. einer durch das Klima erzwungenen Migration einhergehen und macht darauf aufmerksam, dass die internationale Gemeinschaft das 1,5-Grad-Limit nicht überschreiten darf, um das Leben auf Inseln wie Tuvalu zu sichern.

*(Zitat von Tafue Lusama)



Dienstag, 7. November | 14:00 Uhr | Rixa Schwarz (Teamleiterin Internationale Klimapolitik)

Talanoa Spirit bei den Klimaverhandlungen

Talanoa ist ein Wort, das in Fidschi und im Pazifik verwendet wird, um einen Prozess des inklusiven, partizipativen und transparenten Dialoges widerzuspiegeln. Es sollen so Entscheidungen für das Gemeinwohl getroffen werden - mit Empathie und Verständnis. Diesen "Talanoa-Spirit" hat auch Germanwatch und so bin ich gespannt, was der "2018 Talanoa Dialogue oder auch Facilitative Dioalgue 2018", den die fidschianische COP-Präsidentschaft vorstellen wird, für das Erreichen der Ziele von Paris vorbringt.

Rixa Schwarz berichtet einer interessierten Hörerschaft auf der COP23 über den Talanoa Dialog und was hierzu vorgestellt wurde.



Dienstag, 7. November | 12:00 Uhr | Manfred Treber (Klima- und Verkehrsreferent)

Klimaproblem Flugverkehr: In Polen noch nicht angekommen?

Der nächste Klimagipfel wird im Dezember 2018 in Kattowitze (Polen) stattfinden. Polen informiert bereits jetzt die Teilnehmer in Bonn. Der Germanwatch-Verkehrsreferent geht zu dem entsprechenden Stand zur COP 24 und will sich informieren, wie er denn nach Kattowitze anfahren könnte. Er würde in Bonn starten wollen.

Die Antwort kommt spontan herausgeschossen: „Er müsse zum Flughafen Köln/Bonn fahren und mit dem Flugzeug..." Da unterbricht er: „Stopp!“
COP 24 wäre eine Klimakonferenz, da ginge es darum, den Klimaschutz voranzutreiben. Und das auch als Vorbild selbst umzusetzen. Innerhalb Europas würde er vermeiden wollen zu fliegen und das hätte er auch bisher geschafft.

Genau weiß er nicht, ob die Zusammenhänge seines Anliegens rübergekommen sind, aber die Dame stutzt zuerst und recherchiert dann in ihrem Smartphone eine nicht gerade überzeugende Zugverbindung mit vier oder fünf Umstiegen.

Bei der polnischen COP 24-Präsidentschaft – wie auch sonst meistens – wird klimafreundliches Verhalten wenig unterstützt und beworben.



Montag, 6. November | 18:00 Uhr | Marine Pouget (Referentin für Klimapolitik und Zivilgesellschaft in der MENA-Region)

Eine Stimme auf der COP: Die Plattform für lokale Bevölkerungsgruppen und indigene Bevölkerung

Heute fangen die Verhandlungen an und schon ein ziemlich neues Thema kommt: Die Plattform für lokale Bevölkerungsgruppen und indigene Bevölkerung (auf Englisch: local communities and indigenous people platform).

Diese Plattform wurde in Paris während der Klimakonferenz 2015 ins Leben gerufen und wird nun, während der COP 23, angegangen. Die drei Bausteine dieser Plattform 1) Wissenstranfer (Knowledge) 2) Kapazität für Engagement (Capacity for engagement ) und 3) Beteiligung und Einsatz an/für die Klimapolitik (climate change policies and actions). Das Wissen der indigenen Bevölkerungen über das Klima soll besser verstanden und die Bedürfnisse und Probleme auf die internationale Agenda gesetzt werden. Es ist auch eine gute Gelegenheit, ein internationales und breites System wie das UN-Sekretariat mit den Stimmen der lokalen Bevölkerung zu verknüpfen.

Heute haben sich 18 Länder getroffen, um den Inhalt und die Struktur dieser Plattform vorzubereiten. Die beteiligten Länder (wie z. B. die EU, Kanada, aber auch Ecuador oder Costa Rica) haben bis Mittwochmorgen Zeit, um ihre konkreten Vorschläge zu schreiben. Die nicht-staatlichen Akteure werden auch am Mittwoch teilnehmen können.

Leider waren heute nicht sehr viele Vertreter der indigenen Bevölkerungen dabei, was verschiedene Länder angemerkt haben – denn die Information über das Treffen war leider nur 10 Minuten im Voraus kommuniziert worden – und somit haben es viele verpasst.

Mir ist dieses Thema wichtig, weil es eigentlich gut beweist, wie die COP und das UN-Klimasekretariat immer mehr die nicht-staatlichen Akteure in den Verhandlungen einbezieht. Natürlich gibt es noch viel zu tun, aber eine Plattform für indigene Bevölkerungen war noch vor ein paar Jahren nicht vorstellbar.
Diese Bevölkerungsgruppen sind ganz besonders von dem Klimawandel betroffen, weil ihre Existenzgrundlagen von fragilen Ökosystemen abhängig sind. Sie kennen das Klima und Pflanzen, Tiere sowie Böden wie kein anderer und haben ein sehr tiefes Wissen, das fast nie in Bücher geschrieben wurde.

Ihre aktive Teilnahme an den Klimaverhandlungen und die Möglichkeit, nicht nur Beobachter zu sein, sondern auch Entscheidungen zu treffen, ist sehr wertvoll. Man kann sich nur wünschen, dass das erste Jahr der Plattform erfolgreich beginnen wird!



Montag, 6. November | 17:00 Uhr | Paula Schäfer 

Risiken und Nebenwirkungen des Klimawandels

Bei einem Treffen der G7-Gesundheitsminister in Italien wurde gestern eine Abschlusserklärung verabschiedet, die den Einfluss von Klimawandel auf die menschliche Gesundheit klar anerkennt. Unter Anderem stellten Wissenschaftler der medizinischen Fachzeitschrift "The Lancet" ihre neuesten Forschungsergebnisse vor. Sie zeigen deutlich, auf wie viele unterschiedliche Weisen der Klimawandel die menschliche Gesundheit bedroht und zukünftig beeinflussen wird.

US-Vertreter konnten sich der Beweislast und dem Druck der anderen Länder nicht entziehen und mussten zulassen, dass die Folgen des Klimawandels für den Körper Einzug in die G7-Gesundheitserklärung erhielten.

In einem anschaulichen Video werden die Ergebnisse des Lancet-Reports kurz und bündig dargestellt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) positioniert sich klar zu dem schädlichen Einfluss von Klimawandel auf das Wohl der Menschen und auch das staatliche U.S. Global Change Research Program widmet sich diesem Zusammenhang.

Zu der Abschlusserklärung gibt es auch eine Pressemeldung von Germanwatch. 



Montag, 6. November 2017 | 07:00 Uhr | Manfred Treber (Klima- und Verkehrsreferent)

COP 23 in Bonn : Worum geht es?

Der 23. Klimagipfel (COP 23), der heute begonnen hat, ist nach COP5 (1999) und COP6b (2001) der dritte, der in Bonn am Sitz des Sekretariats der Klimarahmenkonvention stattfindet. Warum? Die Regel besagt, dass der Gipfel hier ausgetragen wird, wenn kein anderer Staat aus der Ländergruppe, die gerade an der Reihe wäre, einlädt oder einladen kann.

Da der Klimaschutz weltweit immer stärker beachtet wird, werden es jedes Jahr immer mehr Teilnehmer: Waren es bei der COP 5 nur 4.000, sollen es bei der COP 23 über 28.000 Personen werden. Erstmalig leitet bei der COP mit Fidschi ein kleiner Inselstaat, der vom Klimawandel besonders stark betroffen ist, einen Klimagipfel. So kann er dort seine Anliegen besonders einbringen, denn die Präsidentschaft ist jedes Mal tonangebend für die Aufstellung der Tagesordnung.

Bei der COP 23 werden primär die Ausführungsbestimmungen des Pariser Abkommens verhandelt - das soll nächstes Jahr abgeschlossen werden. Viele Staaten und andere Akteure werden kommen und aufzeigen, was sie alles machen und mit welchen Mitteln das erreicht werden kann.

Wir werden sehen, was die zwei kommenden Wochen bringen werden . . .