Die Lust auf Nachhaltigkeit und Politik wecken
Die Lust auf Nachhaltigkeit und Politik wecken
Foto: Shutterstock, Dmytro Zinkevych
Mit dem Pariser Klimaabkommen und den globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) hat sich die Weltgemeinschaft auf einen nachhaltigeren Weg in die Zukunft aufgemacht. Die Umsetzung der Beschlüsse kann nur gelingen, wenn Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) für und in allen Zielen mitgedacht wird.
Die stark wachsende globale Mittelschicht, die sich laut World Resources Institute bis 2030 auf knapp fünf Milliarden Menschen etwa verdoppeln wird, ist noch immer von einem undifferenzierten Wachstumsparadigma geprägt. Gleichzeitig erleben wir ein zunehmendes Überschreiten planetarer Grenzen, auseinanderdriftende Gesellschaften, das Aufweichen sozialer Standards, die Verletzung von Menschenrechten, eine Durchökonomisierung aller Lebensbereiche und wachsenden Druck auf zivilgesellschaftliche Akteure.
Globale Umwälzungen finden statt. Eine damit verbundene Herausforderung ist, in diesem Transformationsprozess zivilisatorische und demokratisch-partizipatorische Umgangsformen zumindest zu erhalten. Bildung für nachhaltige Entwicklung bietet seit vielen Jahren Zugänge zu diesen Themen und ihren Zusammenhängen. Es ist wichtig, jedoch genügt es nicht, über diese Probleme, ihre Ursachen und mögliche Handlungsoptionen Bescheid zu wissen. Der Rucksack, den wir für die Große Transformation packen müssen, benötigt neue transformative Zugänge zur Mitgestaltung unserer Zukunft. BNE im Kontext der SDGs/Agenda 2030 muss daher jede Einzelne und jeden Einzelnen mit Gestaltungskompetenzen, kritischem Reflexionsvermögen, Kreativität und Mut für eine aktive Veränderung unserer Gesellschaft ausstatten.
Die deutsche Regierung hat im Juni 2017 den Nationalen Aktionsplan BNE verabschiedet, der als Beitrag zur Umsetzung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und den SDGs gilt. Diesem Aktionsplan gebührt nun eine stärkere Beachtung in Bund, Ländern (bei den Curricula und in der Lehreraus- und -fortbildung) und Kommunen (Strukturen und Freiräume schaffen für Nachhaltigkeitserfahrungen).
Ein Schwerpunkt muss dabei die methodische Weiterentwicklung von BNE sein. Viele BNE-Lernformate zielen auf Verhaltensänderungen ab. Um einen gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben, reicht es jedoch nicht aus, weitere Broschüren mit Tipps zu füllen, wie wir unseren Alltag nachhaltiger gestalten können. Handlungskompetenz auf diese Ebene zu begrenzen, reduziert die Menschen auf ihre Funktion als Konsumentinnen und Konsumenten. BNE muss eine Brücke zwischen dem persönlichen Handeln und den verschiedenen Handlungsoptionen für eine strukturelle Veränderung schaffen. Das ist für das individuelle Lernen und Erfahren enorm wichtig, ebenso als Lernort einer entwicklungspolitischen Bildung und als Lernchance für Verantwortungsübernahme. Deshalb kommt es neben der Verringerung des ökologischen Fußabdrucks ebenso auf die Vergrößerung des Handabdrucks durch politisches und gesellschaftliches Engagement an.
BNE kann der Ort werden, wo die „Schönheit der Herausforderung“ – so Papst Franziskus in seiner bemerkenswerten Enzyklika „Laudato Sí“ – im Dialog mit vielfältigen Akteuren konkret Gestalt annimmt. BNE soll sich als politische Bildung verstehen, die Lernende zum einen befähigt, in ihrem jeweiligen Aktionsraum Strukturen hin zu mehr Nachhaltigkeit bleibend zu verändern, zum anderen aber auch Mut und Lust macht und Anregungen gibt, vielfältige nachhaltige und kooperative Lebensstilfacetten mit geringem ökologischen Fußabdruck auszuprobieren – in Deutschland aber auch weltweit. Germanwatch ist ein Partner für eine solche Bildungsarbeit.
Alexander Reif & Stefan Rostock