Land unter!
Die Szenarien und Warnungen internationaler Wissenschaftler bezüglich des Klimawandels und seiner unvermeidbaren Folgen müssen den Bewohnern von Tuvalu wie ein ständiges Damoklesschwert erscheinen. Der klimawissenschaftliche Beirat der Vereinten Nationen (IPCC) geht bei ungebremstem Ausstoß der Treibhausgasemissionen bis Ende des 21. Jahrhunderts von einem weiteren Anstieg der globalen Temperaturen um bis zu ca. 6,4 °C aus. Der Meeresspiegelanstieg könnte nach neuesten Erkenntnissen um mehr als einen Meter in diesem Jahrhundert steigen.
Tuvalu hatte als Inselnation schon immer mit Wetterextremen wie Sturmfluten oder Überschwemmungen zu kämpfen. Aber als Folge der Klimaerwärmung wird eine Zunahme der Häufigkeit und des Ausmaßes dieser Ereignisse erwartet. Bereits ein sehr geringer Anstieg des Meeresspiegels würde zu schweren negativen Auswirkungen für Atolle und flache Inseln führen (Holl et al. 2004: S. 7). Die Auswirkungen einer Sturmflut oder einer Überschwemmung verschlimmern sich zusätzlich dadurch, dass natürliche Wellenbrecher wie z. B. Korallenriffe, bedingt u. a. durch die Klimaerwärmung, verloren gehen.
Tuvalu befürchtet durch den Anstieg des Meeresspiegels einen zunehmenden Landverlust. Allein in den vergangenen Jahren hat das größte Atoll Tuvalus bereits mehr als einen Meter Land verloren. Zu den problematischen und überwiegend heute schon zu beobachtenden Konsequenzen des Meeresspiegelanstiegs gehören eine Versalzung der Böden und des Grundwassers, die den Druck auf die ohnehin knappen Trinkwasserressourcen erhöht und den Anbau von Nahrungspflanzen wie der heimischen Pulaka erschwert bzw. zunehmend einschränkt. Die gesamte Ernährungssicherheit des Inselstaates ist so gefährdet.
Wie kann ein kleiner Inselstaat wie Tuvalu, der hiervon unmittelbar betroffen ist, auf diese Problematik reagieren? Wie können sich die Bewohner vor dieser neuartigen Bedrohung schützen, vor allem, da es keine Erfahrungswerte, keinen Präzedenzfall hierfür gibt? Tuvalu wirft diese Fragen auf.
Viele der zuvor geschilderten negativen Auswirkungen des Klimawandels überfordern zunehmend kleine Inseln wie Tuvalu. Sie haben nicht die Kapazitäten, um angemessen auf die Folgen reagieren zu können und sich an diese anzupassen. Dies hangt u. a. mit dem fehlenden Zugang zu Kapital, Know-How und Technologie oder aber schlicht mit der Größe des Landes zusammen. Als letzter Ausweg bleibt in vielen Fällen nur die Migration, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Landes.
Um eine Katastrophe zu verhindern, müssen daher dringend Antworten gefunden werden. Eine Begrenzung des Klimawandels ist nach wie vor möglich. Konsequentes internationales Handeln, das zu einer angemessenen Verringerung von Treibhausgasemissionen fuhren kann, steht jedoch noch immer aus. Und das, obwohl die Folgen des Klimawandels nicht nur auf Tuvalu schon deutlich spürbar sind.
Autor:innen | 1. Auflage: Markus Breuer, Britta Horstmann, Sven Anemüller 2. Auflage: Sven Harmeling, Anika Busch, Gerold Kier |
---|---|
Publikationsdatum | |
Seitenanzahl | 10 |
Publikationstyp | Arbeitsblätter
|
Bestellnummer | 08-2-10 |