Weltklimarat: Klimawandel menschengemacht, Handlungsdruck steigt

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Weltklimarat: Klimawandel menschengemacht, Handlungsdruck steigt

WissenschaftlerInnen stellen insbesondere die Risiken durch Veränderung der Ozeane heraus

Der Klimawandel findet statt und er ist vornehmlich menschengemacht. Die Wahrscheinlichkeit dafür hat mit mehr als 95 Prozent nun eine Sicherheit erreicht, bei der in der Medizin Nichthandeln als Kunstfehler gelten würde. Das ist die Kernaussage des Beitrags der ersten Arbeitsgruppe des Weltklimarates IPCC für dessen fünften Sachstandbericht, der Ende September in Stockholm verabschiedet wurde. 

Weiterhin rücken nun die Ozeane und ihre Rolle stärker in das Blickfeld. So ist zum einen mit einem deutlich stärkeren Meeresspiegelanstieg zu rechnen als bisher erwartet – dieser wurde im letzten Bericht unterschätzt. Nach den neuen Berechnungen könnte der Meeresspiegel bei hoher Emissionsentwicklung bis zum Jahre 2100 um bis zu einen Meter steigen. Doch auch bei dieser Abschätzung sind noch nicht alle Risikofaktoren berücksichtigt, so dass er auch höher ausfallen könnte. Zum anderen drohen die Ozeane durch den CO2-Anstieg gefährlich zu versauern. Dies ist eine der großen Neuigkeiten des Berichtes. Denn die Auswirkung auf Artenvielfalt und Nahrungskette sind massiv. Für die Menschen in vielen Ländern kommt die Hälfte der tierischen Proteinzufuhr von Fischen. Zugleich werden die Ozeane immer wärmer. Sie nahmen im Zeitraum 1971 bis 2010 ganze 93 Prozent der in das Klimasystem geflossenen Energie auf – also weit mehr als die Atmosphäre. 

In Stockholm ist der IPCC intensiv auf die abnehmende Erwärmungsrate der letzten 15 Jahre eingegangen, die die weltweiten Medien im Vorfeld dieser Sitzung groß diskutierten – allerdings oft unwissenschaftlich als „Erwärmungspause“. Der IPCC stellt diesen Sachverhalt balanciert dar und verweist vor allem auf die natürliche Variabilität in Jahres- und Zehnjahreszeiträumen. 

Erstmals quantifiziert der IPCC nun, wie viel die Menschheit insgesamt – seit Beginn der Industrialisierung – ausstoßen kann, um eine über zwei Grad gehende globale Erwärmung mit mehr als zwei Drittel Wahrscheinlichkeit zu verhindern. Allerdings hat die Menschheit bereits gut die Hälfte davon – 531 von 1.000 Gigatonnen Kohlenstoff – ausgestoßen. 

Die Szenarien des IPCC zeigen: Nicht mit Trippelschritten, aber mit ernsthaftem Klimaschutz ist es noch möglich, einen globalen Temperaturanstieg um mehr als 2 Grad zu vermeiden und damit die größten Risiken einzudämmen. 

Der IPCC wagt auch erstmals eine Abschätzung, wie viele Emissionen infolge auftauenden Permafrosts erwartet werden – bis Ende dieses Jahrhunderts zwischen 50 bis 250 Gigatonnen Kohlenstoff für das Szenario mit hohem Treibhausgasausstoß. 250 Gigatonnen Kohlenstoff wären die Hälfte der Menge, die die Menschen von nun an noch ausstoßen können, um unter zwei Grad Erwärmung zu bleiben. 

Die vom IPCC kommenden Aussagen der Wissenschaft sind aufgrund seiner intensiven Prüfung die Grundlage für die internationalen Verhandlungen zum Klimaschutz. So führte der erste Sachstandsbericht zur Klimakonvention (1992), der zweite zum Kyoto-Protokoll (1997), der dritte zu dessen Inkrafttreten (2005). Der vierte, in dessen Umfeld der IPCC den Friedensnobelpreis erhielt, war die wissenschaftliche Grundlage für die Verhandlungen hin zum Klimagipfel in Kopenhagen (2009). Der neue Bericht soll nun das für 2015 geplante Klimaschutzabkommen wissenschaftlich untermauern. 

Manfred Treber

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