Neue Dynamik in der Klimadiplomatie durch John Kerry?
Neue Dynamik in der Klimadiplomatie durch John Kerry?
Ein jüngst im „National Journal“ in den USA erschienener Artikel beleuchtet den Klimawandel als Sicherheitsthema. Die Autorin sieht darin eine besondere Chance für den neuen US-Außenminister John Kerry, der Klimadiplomatie neuen Schwung zu verleihen. Germanwatch dokumentiert Auszüge aus dem Artikel.
„Der kommende Außenminister versteht das Sicherheitsrisiko, das vom Klimawandel ausgeht. Er ist in der einzigartigen Lage einen Prozess diplomatisch auszuhandeln.
Über Jahrhunderte nährten die Gletscher des westlichen Himalajas den Indus, der die Berge herab durch Indien nach Pakistan fließt, wo er das Land durchquert und ins Arabische Meer fließt. In beiden Ländern ist der Fluss eine wichtige Wasserquelle für Viehhaltung, Bewässerung und Trinkwasser – unentbehrlich für das Leben und die Lebensgrundlage von Millionen Menschen.
Doch während der Klimawandel die globalen Temperaturen steigen lässt, schwinden die Gletscher, die den Indus nähren. Viele Forschungsberichte deuten an, dass der Wasserpegel des Flusses in den kommenden Jahrzehnten um bis zu 40 % sinken könnte. Schon jetzt schlagen indische Entscheidungsträger vor, das Wasser für ihr eigenes Land aufzustauen. Dies könnte das Leben von Millionen Indern retten, das von Millionen Pakistanis jedoch gefährden. Pakistan fehlt es an ökonomischen, politischen oder konventionellen militärischen Druckmitteln, um an Indien Vergeltung zu üben, sollte dies passieren – nur bei den Atomwaffen ist es seinem Nachbarn ebenbürtig. [...]
Dies ist genau die Art von Ereignis, auf die John Kerry, [...] in seinem Bestätigungsverfahren im Senat verwies, als er den Klimawandel eine „lebensbedrohliche Angelegenheit“ für die nationale Sicherheit nannte. Kerry, ein Veteran des Vietnamkriegs, ist schon lange als „Klimafalke“ bekannt, der seinen Kampf gegen den Klimawandel als Mittel einordnet, um das Potenzial weltweit aufkeimender Konflikte, die eine Gefahr für die amerikanische Sicherheit darstellen, einzudämmen.
In einer leidenschaftlichen Rede im Senat im August verglich Kerry die potenzielle Bedrohung durch den Klimawandel mit der Gefahr eines Krieges. „Ich glaube dass die Situation, der wir [mit dem Klimawandel] gegenüberstehen, genau so gefährlich ist wie jede andere reale Krise, über die wir reden: im Iran, Syrien und anderen Krisenherden“, sagte er.
Er bekam für diese Ansicht viel Schelte der Republikaner, von denen viele die Wissenschaft vom menschengemachten Klimawandel anzweifeln, über jegliche Verbindung zur nationalen Sicherheit spotten und sagen, dass die Lösung der globalen Erwärmung die falsche Priorität für den höchsten Diplomaten des Landes sei. Funktionäre des Verteidigungsministeriums und der Geheimdienste weisen jedoch darauf hin, dass die Verbindung zwischen Klimawandel und nationaler Sicherheit eindeutig, bedrohlich und dringlich ist. Zahlreiche nationale Sicherheitsexperten bekräftigen dies und betonen, es sei höchste Zeit, dass der höchste außenpolitische Beamte der Nation die Thematik auch entsprechend behandle. [...]
Rund um den Globus trägt der Klimawandel zu steigenden Meeresspiegeln, stärkeren Dürren sowie Nahrungs- und Wasserknappheit bei. Schon jetzt sind Landstriche in Afrika und dem Nahen Osten zu unfruchtbar für den Anbau geworden und Wissenschaftler warnen, dass im kommenden Jahrhundert noch Schlimmeres bevorsteht, wenn die Erde sich weiter erwärmt. [...]
Die Frage ist jedoch, was der höchste amerikanische Diplomat tatsächlich in Bezug auf den Klimawandel tun kann. Obwohl kein einzelner Beamter oder eine Nation das Problem im Alleingang lösen kann, ist Kerry in der einzigartigen Lage, einen Prozess diplomatisch auszuhandeln. In Frankreich werden die Nationen der Welt 2015 ein globales Abkommen unterzeichnen, das sie rechtsverbindlich dazu verpflichtet, ihre erderwärmende Umweltverschmutzung zu reduzieren. Die Welt legt den Erfolg des Abkommens zum großen Teil in die Hände der Amerikaner. Wenn die USA handeln und ihre CO2-Emissionen senken – sei es durch Gesetze oder, was wahrscheinlicher ist, durch Obamas Exekutive und Vorschriften der US-Umweltschutzagentur – wird das Land gut aufgestellt sein, um ein weltweites Abkommen auszuhandeln.
Während der Außenminister nicht die US-Umweltschutzagentur beeinflussen kann, so kann er, als einer der ersten im Kabinett, dem Präsidenten im Stillen raten in punkto Emissionsregulierung zu handeln. An den Rest der Welt kann Kerry, so sagt Charlie Ebinger, ein Energie- und Außenpolitikexperte vom Brookings Institut, „einen Weckruf senden. Er kann klarstellen, dass die USA die moralische Führungsrolle in dieser Angelegenheit übernehmen wird.“
Quelle:
Coral Davenport, „A Rising Threat“
http://www.nationaljournal.com/magazine/why-john-kerry-should-treat-climate-change-as-a-national-security-issue-20130131