30-Prozent-Ziel: Faire Kosten- und Nutzenverteilung möglich

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30-Prozent-Ziel: Faire Kosten- und Nutzenverteilung möglich

 

Durch die Wirtschafts- und Finanzkrise und die damit verbundenen Emissionsreduktionen ist das 2008 vereinbarte Ziel der EU, Emissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 20 Prozent zu reduzieren, heute schon in Reichweite. Ein 30-Prozent-Ziel für 2020 ist nicht nur realistisch, sondern nach  Analysen der Kommission auch für alle Mitgliedstaaten günstiger als angenommen. Die proportional höheren Investitionen in Mitgliedstaaten mit geringerem Einkommensniveau könnten u. a. durch das Beiseitelegen von Zertifikaten („Set Aside“) ausgeglichen werden. Germanwatch dokumentiert Auszüge aus dem Arbeitspapier der EU-Kommission zu den Auswirkungen eines gesteigerten Emissionsreduktionsziels auf die Mitgliedstaaten (vom 1.2.2012).

„Im Jahr 2008 verabschiedete die EU das Klima- und Energiepaket („Paket“), um ihre Ziele für 2020 – Reduktion der Treibhausgasemissionen um 20 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 und Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien auf 20 Prozent – zu erreichen. Im Mai 2010 stellte die Kommission ihre Analyse vor, wie man das 20-Prozent-Emissionsreduktionsziel auf 30 Prozent erhöhen könnte. […] Im Oktober 2010 forderte der Rat die Kommission auf, dazu weitere Optionen auszuarbeiten. […] Im vorliegenden Papier wird dieser Forderung nachgekommen, wobei den Effekten eines erhöhten Reduktionsziels auf der Mitgliedstaatenebene besondere Beachtung geschenkt wird. […] Das 30-Prozent-Reduktionsszenario setzt sich zu 25 Prozent aus Reduktionen durch nationale Maßnahmen sowie 5 Prozent Reduktionen durch die Verwendung von internationalen Emissionsreduktionsgutschriften zusammen. […]


Kosten und Nutzen des Klima- und Energiepakets
Vom Paket wurde angenommen, dass es wesentliche Impulse für Innovation, Wachstum und Arbeitsplatzbeschaffung setzen würde. Seit seinem Inkrafttreten hat die anhaltende Finanz- und Wirtschaftskrise diese Hoffnungen allerdings gedämpft. […] Seit 2008 führte die Krise zu signifikanten Emissionsreduktionen sowie einer großen Anhäufung von geparkten Zertifikaten und ungenutzten Reduktionsgutschriften im EU-Emissionshandelsystem (ETS), was den Zertifikatepreis in den kommenden Jahren trotz des prognostizierten Wirtschaftswachstum drücken wird. […] Infolgedessen ist das für 2020 anvisierte Reduktionsziel heute schon in Reichweite: 2010 waren die Emissionen in der EU-27 bereits 14 Prozent unterhalb des Niveaus von 1990 (inklusive Flugemissionen). Somit wurde der wichtigste Zusatznutzen des Pakets, nämlich eine Niedrigkohlenstoff-Transformation sowie Innovationen anzustoßen, komprimiert. […]
Die vorliegende Analyse zu den einzelnen Mitgliedstaaten zeigt, dass eine kosteneffiziente Implementierung des Pakets für ALLE Mitgliedstaaten wesentlich günstiger ist, als ursprünglich angenommen […].


30-Prozent-Reduktionsszenario: Kosten und Nutzen
Sowohl das 20-Prozent-Reduktionsziel als auch das 30-Prozent-Szenario sind weniger kostspielig, als noch 2008 angenommen. […]
Kosteneinsparungen
Für die EU als Ganze würde ein 25-Prozent- statt 20-Prozent-Reduktionsziel für 2020 im Zeitraum 2016-2020 jährlich durchschnittlich 20 Mrd. € an Kraftstoffkosten einsparen, davon 9 Mrd. durch niedrigere Öl- und Gasimporte. Außerdem müssten im Vergleich 2,7 Mrd. € weniger für Luftverschmutzungskontrollkosten ausgegeben werden und es entstünde aufgrund einer reduzierten Sterblichkeitsrate ein zusätzlicher EU-weiter Gesundheitsnutzen von 3,4-7,9 Mrd. € jährlich, beides v. a. in Mitgliedstaaten mit geringerem Einkommensniveau.
Investitionsbedarf
Verglichen mit dem 20-Prozent-Reduktionsziel würde eine 25-Prozent-Reduktion zusätzliche Investitionen von jährlich 18 Mrd. € in das Energiesystem über den Zeitraum 2016-2020 erfordern. […]


Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten sicherstellen
Wie im Falle des aktuellen 20-Prozent-Reduktionsziels wäre bei einer Erhöhung auf 30 Prozent der zusätzliche Investitionsbedarf in Mitgliedstaaten mit geringerem Einkommensniveau proportional höher. […] Die vorliegende Analyse schlägt Mechanismen vor, die das Potenzial haben, diese Unterschiede auszugleichen. Erstens kann die Reduzierung der Anzahl versteigerter Zertifikate im ETS zur Erreichung des 30-Prozent-Ziels – bei stärker steigenden Kohlenstoffpreisen im Vergleich zur Zertifikatsreduktion – insgesamt zu höheren Versteigerungseinkommen führen. […] Je mehr die Mitgliedstaaten mit höherem Einkommensniveau zu dem Beiseitelegen („Set Aside“) der Zertifikate beitragen, desto mehr würden die Versteigerungseinkommen der Mitgliedstaaten mit niedrigerem Einkommensniveau steigen. […] Zweitens würde ein höheres Ambitionsniveau auch größere Emissionsreduktionsanstrengungen in den nicht vom ETS abgedeckten Sektoren erfordern. Den flexiblen Mechanismen im Nicht-ETS-Bereich würde eine deutlich wichtigere Rolle zukommen. Dies würde Mitgliedstaaten, die weniger Anstrengung aufwenden müssen, um die Ziele in den Nicht-ETS-Sektoren zu erreichen – oft Staaten mit geringerem Einkommensniveau – zusätzliche Anreize geben, ihre Ziele zu übertreffen. Diese Übererfüllung könnte dann im Gegenzug für finanzielle Transfers an andere Mitgliedstaaten weitergegeben werden. […]
Zusammengefasst scheint es – unter Berücksichtigung der geschätzten Auswirkungen für jeden Mitgliedstaat sowie der jeweiligen nationalen Gegebenheiten – potenzielle Mechanismen zu geben, die – individuell oder in Kombination – eine gleichmäßige Verteilung von Kosten und Nutzen zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellen würden, wenn die politische Entscheidung für ein neues, höheres Reduktionsziel bis 2020 fällt.“ (Übersetzung durch Germanwatch)

Quelle: http://ec.europa.eu/clima/policies/package/docs/swd_2012_5_en.pdf