Dreischritt zur Einhaltung des 1,5 °C-Limits
Dreischritt zur Einhaltung des 1,5 °C-Limits
2020 sollte das Jahr werden, in dem alle Staaten ihre nationalen Klimaziele für 2030 nachschärfen und langfristige Klimastrategien bis 2050 vorlegen. So wurde es bereits beim Klimagipfel in Paris 2015 beschlossen, denn schon damals war klar, dass die Beiträge der Staaten bislang nicht ausreichen, um die globalen Ziele zu erreichen und die Erderhitzung auf 1,5 °C zu begrenzen. Einige Zeit schien das Gelingen fragwürdig – zu sehr überlagerte die Corona-Krise alle anderen Themen. Selbst der Klimagipfel COP26, bei dem die Zielerhöhung im Mittelpunkt gestanden hätte, wurde auf 2021 verschoben.
Doch die Verschiebung des Klimagipfels ändert nichts daran: Die Deadline zur Einreichung der verbesserten nationalen Klimaziele und der Langfriststrategien beim UN-Klimasekretariat ist am 31. Dezember 2020 um Mitternacht. Nun zeigt sich, dass die meisten Staaten diese völkerrechtliche Verpflichtung ernstnehmen. Den Anfang machten einige von der Klimakrise am stärksten betroffene Länder des globalen Südens, die trotz begrenzter Ressourcen erhöhte Klimaziele einreichten. Endlich bewegen sich jetzt auch die Schwergewichte mit erheblichen Treibhausgasemissionen. Ende 2019 machte die EU mit dem Beschluss zur Treibhausgasneutralität bis 2050 den ersten Schritt. Mitte September ging sie mit dem Vorschlag der EU-Kommission, das 2030-Klimaziel auf mindestens
55 Prozent zu erhöhen, weiter voran. Damit löste sie einen Dominoeffekt aus: In den folgenden Wochen kündigten China, Südafrika, Japan und Südkorea vergleichbare Ziele an. Allein die chinesische Ankündigung dürfte bei vollständiger Umsetzung den globalen Temperaturanstieg bis 2100 um 0,2 bis 0,3 °C verringern, so die Berechnungen des Climate Action Trackers.
Damit die Pariser Ziele erreichbar werden, kommt es bis zur COP26 allerdings auf einen Dreischritt an: Kurzfristig müssen die Corona-Konjunkturmaßnahmen so ausgerichtet werden, dass sie auch die Klimakrise bekämpfen, mittelfristig müssen ambitioniertere 2030-Klimaziele mit glaubwürdigen Umsetzungsmaßnahmen beschlossen werden und langfristig muss das Ziel der globalen Klimaneutralität bis spätestens 2050 besiegelt sein. Die billionenschweren Investitionsentscheidungen der Corona-Pakete könnten klimaresiliente Gesellschaften auf der Grundlage Erneuerbarer Energie schaffen. Gelingt dies nicht, droht eine bittere Klimakatastrophe. Bisherige Analysen zeigen, dass die Regierungen die globalen Klimaziele nicht hinreichend zum zentralen Bestandteil ihrer Covid-19-
Konjunkturpakete machen. Zwar haben etwa die EU und Südkorea vielversprechende Pläne für Green Deals formuliert, aber die USA, Brasilien und Russland haben so gut wie keine Investitionen in den Klima- oder Umweltschutz geplant.
Die sich abzeichnende internationale Dynamik für mehr Klimaschutz muss sich 2021 verstärken. Länder, die die Frist vom 31. Dezember 2020 verpassen, müssen vor der COP26 nachliefern. Sollte Joe Biden zum US-Präsidenten gewählt werden, will er die USA wieder ins Pariser Abkommen zurückführen und zügig Ziele für 2030 und 2050 vorlegen. Mit Biden als US-Präsident würden auch wichtige internationale Gremien wie G7 und G20 wieder klimapolitisch handlungsfähig. Bei einer zweiten Trump-Amtszeit hingegen müssten die EU, China und weitere Länder andere Foren schaffen, in denen grüne und resiliente Wiederaufbauprogramme und eine ambitionierte Klimapolitik koordiniert werden.
Rixa Schwarz & Lutz Weischer