Emissionshandel

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Chemische Industrie will Emissionshandel zersetzen

 

Die deutsche chemische Industrie hat, angetrieben von der BASF, Bundeskanzler Schröder zum Präsidenten der EU-Kommission Prodi geschickt, um gegen den Richtlinienentwurf der EU-Kommission für ein europäisches Emissionshandelssystem zu protestieren.

Dies war eins der Themen beim Gipfelgespräch des Kanzlers mit der EU-Kommission am 29. April. Der Grund ist klar. Mit dem europäischen Emissionshandel steht der Einstieg in ernsthaften Klimaschutz vor der Tür: Absolute Reduktionsziele für die großen Emittenten von Kohlendioxid; die Notwendigkeit, entweder das eigene Ziel zu erreichen, oder überzählige Emissionszertifikate von anderen Akteuren in der EU zu kaufen; saftige Sanktionen, wenn die Ziele verfehlt werden.

Einige Akteure der Wirtschaft scheuen den rauen Wind des Marktes und würden lieber am gemütlichen Nest der „freiwilligen Selbstverpflichtung“ festhalten. Anders als bei den freiwilligen Selbstverpflichtungen werden die Trittbrettfahrer nicht noch dafür belohnt, dass sie nichts für den Klimaschutz tun. Bei geeigneter Rahmensetzung hat ein funktionierender Emissionsverringerungs-Markt viele Vorteile:

  • Er garantiert wie kein anderes Konzept ökologische Treffsicherheit. Zugleich signalisiert es der Wirtschaft: wir sind an den Klimaschutzzielen interessiert, nicht aber daran, euch im Detail zu regulieren.
  • Unternehmen können sich auf künftige Regulierungen in einer Welt begrenzten Treibhausgasausstoßes einstellen. Die institutionellen Investoren erwarten nach dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls eine solche Absicherung von Unternehmen, die jetzt viele Treibhausgase ausstoßen. Für die Politik heißt das, ehrgeizige Klimaschutzziele sind künftig möglich, ohne die Industrie zu hart zu treffen.
  • Nicht mehr alleine die Umweltleute, sondern auch die Finanzabteilung in den Unternehmen wird dann ein Interesse am Klimaschutz haben. Klimaschutz wird zum harten Thema.
  • Ein internationales Emissionshandelsregime in Europa und demnächst wohl auch in Japan wird der wohl stärkste Anziehungsfaktor für die USA sein, sich den internationalen Klimaschutzbemühungen über kurz oder lang wieder anzuschließen

Die Chancen des Emissionshandels werden nur genutzt, wenn es von Beginn an strikte Regeln gibt. Wichtigen Risiken für die Integrität des Systems gilt es vorzubeugen.

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass zu einem späteren Zeitpunkt zusätzlich auch projektbasierter Handel in das System einbezogen werden soll. Die Spielregeln von Kyoto reichen leider nicht aus, die ökologische und soziale Integrität dieser Projekte sicherzustellen. Hier ist die EU in der Pflicht, einen „goldenen Standard“ zu erarbeiten, der einerseits für Umweltintegrität und andererseits für Investorensicherheit sorgt.

  • Einige Länder - vor allem Russland - haben in Kyoto Ziele erhalten, die sie selbst bei starkem Wirtschaftswachstum deutlich unterschreiten, und das ohne jede zusätzliche Klimaschutzanstrengung. Der EU-Handel zwischen Unternehmen muss, wie von der Kommission vorgesehen, gegenüber dieser “heißen Luft” abgedichtet bleiben. Sonst sinkt der Preis ins Bodenlose, Investitionsanreize bleiben aus, Russland und einige andere osteuropäische Staaten würden eine Marktmacht erhalten wie die OPEC im Erdölmarkt.
  • Unverzichtbar bleibt die beschleunigte Markteinführung Erneuerbarer Energien und anderer innovativer Technologien wie Brennstoffzellen. Diese Technologien erhalten durch den Emissionshandel alleine nicht genügend Impulse. In Deutschland haben wir mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ein besonders wirkungsvolles Vorzeigemodell.

Christoph Bals

 

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