Fundamente statt Säulen: Vorschläge für eine Neuausrichtung der europäischen Agrarpolitik
Auszug aus der Einführung (die komplette Analyse finden Sie unten im Downloadbereich):
"Nachhaltigkeit" hat im Jahr 2015 eine neue globale Bedeutung erhalten: Wie groß ist der messbare Beitrag eines Politikfeldes zu maximal 1,5 °C Erderwärmung und in wie weit trägt die Politikgestaltung messbar zur Beendigung von Hunger und Armut und mehr Nachhaltigkeit weltweit bei. Ob die Agrar- und Ernährungspolitik in diesem Sinne zukunftsfest ist, gilt es zu prüfen. Verbraucherinnen und Verbraucher fordern in Umfragen seit Jahren mehr Umwelt- und Tierschutz als Gegenleistung für die 55 Milliarden Euro an Agrarsubventionen, die sie über ihre Steuergelder aufbringen. Und viele Menschen in Europa sind skeptisch geworden gegenüber der Industrialisierung der Lebensmittelerzeugung.
Wie kann es sein, dass so viel staatliches Geld in einen Sektor fließt und gleichzeitig Bauernhöfe reihenweise aufgeben, Großinvestoren Landraub betreiben sowie Pestizide wie Glyphosat und Antibiotikamissbrauch im Stall unsere Gesundheit und die Umwelt massiv belasten?
Die EU-Kommission hat in ihren bisherigen Vorschlägen für Agrarreformen diese Sorgen von Bauern und Bevölkerung nicht ausreichend zu Leitfragen ihres Handelns gemacht. Aktuell möchte sie unter dem Label „mehr Effizienz“ vielmehr nur unnötige Bürokratie vermeiden. Viele andere Politikbereiche werden aktuell auf EU-Ebene einem sogenannten „Fitness-Check“ unterzogen um dieses „Mehr“ an Effizienz zu erreichen. Der größte gemeinsam finanzierte Politikteil ist mit knapp 40 Prozent des EU-Haushaltes die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Doch ein Fitness-Check für diesen gewaltigen Haushaltsposten steht noch aus. Die vorliegende Arbeit orientiert sich eng an den von der EU-Kommission selbst vorgegebenen Überprüfungsinstrumenten eines Fitness-Checks und analysiert die Funktion und Auswirkungen der Gemeinsamen Agrarpolitik.
Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) soll laut Europäischem Parlament vier Kernzielen dienen:
- Gewährleistung der Ernährungssicherheit durch eine tragfähige landwirtschaftliche Erzeugung nach dem Leitbild der multifunktionalen Landwirtschaft.
- Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Wertschöpfung innerhalb der Lebensmittelkette.
- Umweltpolitische Ziele wie der nachhaltige Einsatz der natürlichen Ressourcen und die Bekämpfung des Klimawandels.
- Gewährleistung der wirtschaftlichen und sozialen Dynamik ländlicher Gebiete als territoriale Ziele.
Die Summe von Insgesamt rund 55 Milliarden Euro entspricht knapp 40 Prozent des gesamten EU-Haushaltes. Für die gut 500 Millionen Menschen in der EU 28 bedeutet dies rechnerisch, dass je Person vom Baby bis zum Greis 110 Euro pro Jahr in die Landwirtschaftspolitik der EU fließen. Es geht um unser Essen, das wir täglich zu uns nehmen, um den Boden und die Landschaften, von denen wir leben, es geht um die Einkommen von rund 22 Millionen Menschen, die in der Landwirtschaft beschäftigt sind und es geht um die Tiere in der Landwirtschaft, die uns Milch, Fleisch, Eier, Honig und Dünger liefern. [...]
- Ina Möllenhoff, Öffentlichkeitsarbeit
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Autor:innen | Reinhild Benning, Tobias Reichert mit Zuarbeit von Hendrick Steppke, Universität Lüneburg |
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Publikationsdatum | |
Seitenanzahl | 84 |
Publikationstyp | Analyse
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