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Die Zusammenfassung für Entscheidungsträger der Arbeitsgruppe 1 des IPCC macht einige zentrale Aussagen zum Meeresspiegelanstieg, die für den Laien zum Teil nicht einfach zu interpretieren sind. Die wichtigsten hiervon drucken wir im Folgenden ab. Selbst mit der Lesehilfe, die wir Ihnen in kursiver Schrift geben, bleibt es ein komplexes Thema. Angesichts der enormen weltweiten Bedeutung möchten wir diese Informationen jedoch einer breiten Leserschaft zugänglich machen.

"(...) Tabelle SPM.3 zeigt die Modellbasierten Projektionen des mittleren globalen Meeresspiegelanstiegs am Ende des 21. Jahrhunderts (2090-2099). Für jedes Szenario liegt der Mittelpunkt der Bandbreiten in Tabelle SPM.3 innerhalb von maximal 10% Abweichung vom Modelldurchschnitt für 2090-2099 im TAR. Die Bandbreiten sind hauptsächlich aufgrund verbesserter Informationen bezüglich einiger Unsicherheiten bei den projizierten Beiträgen enger als im TAR.16

[Anm. Germanwatch: Demnach hieße es, Äpfel mit Birnen vergleichen, wenn die Ergebnisse des IPCC-Berichtes von 2007 mit denen von 2001 verglichen würden. Dies wird im Folgenden weiter erläutert. Ein methodischer Punkt ist folgender: Der IPCC bezog 2007 in die Abschätzung alle Ergebnisse ein, die mit 90%iger Wahr-scheinlichkeit eintreffen, im Jahr 2001 wurden alle Ergebnisse berücksichtigt, deren Wahrscheinlichkeit bis zu 95% beträgt. Da die Wahrscheinlichkeit der höchsten Werte mit weniger als 10% eingeschätzt wird, (aber nicht mit weniger als 5%), verringert sich der Wert der oberen Abschätzung um 3 cm.]

(Fußnote 16: 'Die TAR-Projektionen wurden für 2100 angegeben, während die Projektionen in diesem Bericht für 2090-2099 gelten.

[Anm. Germanwatch: Bei linearem Anstieg werden durch den jetzt gewählten Durchschnittswert faktisch fünf Jahre abgeschnitten. Damit verringert sich der Höchstwert um weitere 5 cm.]

Der TAR hätte ähnliche Bereiche wie diejenigen in Tabelle SPM.3 erhalten, wenn er die Unsicherheiten in gleicher Weise behandelt hätte.')


 

[Anm. Germanwatch: Hier nimmt der IPCC einen zentralen Teil unseres Fazits vorweg.]

Die zur Zeit verwendeten Modelle beinhalten weder Unsicherheiten in den Klima-Kohlenstoffkreislauf-Rückkopplungen noch die vollen Auswirkungen von Änderungen des Eisschildflusses, da eine entsprechende Grundlage in der publizierten Literatur fehlt.

[Anm. Germanwatch: Es ist eine bedauerliche Inkonsistenz der IPCC-Szenarien, dass die Temperaturszenarien mögliche Rückkopplungen des Kohlenstoffkreislaufes berücksichtigen (was zu einer Maximalabschätzung für den Temperaturanstieg von 6,4 Grad Celsius führt), dass die Meeresspiegelszenarien aber auf Temperaturszenarien beruhen, die dies nicht berücksichtigen (Höchstwert 5,2 Grad C). Bei Berücksichtigung müssten 2001 und 2007 jeweils 15 cm zum Höchstwert addiert werden.

Im Mai hat eine Forschergruppe um Corinne Le Quéré vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena im Fachjournal Science (Online-Ausgabe) Daten veröffentlicht, die darauf hindeuten, dass eine solche - bislang allenfalls im späten 21. Jahrhundert erwartete - Rückkopplung im Kohlenstoffkreislauf bereits in Gang gekommen sein könnte. Bisher hatte man erwartet, dass mit steigenden CO2-Emissionen auch die Fähigkeit der Meere zunehmen würde, CO2 als Senke aufzunehmen. Die Gruppe stellte nun fest, dass der Südliche Ozean bereits seit den frühen 1980ern keinen höheren Anteil an CO2 aufgenommen hat, obwohl die CO2-Emissionen seitdem um 43 Prozent gestiegen sind. Der Südliche Ozean ist die größte CO2-Meeressenke der Welt. Etwa 15% des CO2, das weltweit in Senken gebunden wird, landet hier. Wenn sich die Abschwächung der Aufnahmefähigkeit des Südlichen Ozeans bestätigt, ist damit zu rechnen, dass Temperatur und Mee-respiegel schneller steigen als in den IPCC-Modellen erwartet.]

Die Projektionen enthalten zwar einen Beitrag aufgrund des verstärkten Eisflusses von Grönland und der Antarktis mit der von 1993-2003 beobachteten Geschwindigkeit, aber diese Fließgeschwindigkeiten könnten in Zukunft zu- oder abnehmen. Würde dieser Beitrag beispielsweise linear mit der Änderung der mittleren globalen Temperatur anwachsen, würde der obere Bereich des Meeresspiegelanstiegs für die in Tabelle SPM.3 aufgeführten SRES-Szenarien um 0,1 bis 0,2 m zunehmen.
Größere Werte können nicht ausgeschlossen werden, aber das Verständnis dieser Effekte ist zu begrenzt, um die Wahrscheinlichkeit beurteilen zu können oder eine beste Schätzung oder eine obere Grenze für den Meeresspiegelanstieg angeben zu können.. (...)"

[Anm. Germanwatch: Die Tabelle im Jahr 2001 beinhaltete "Eis-Dynamik-Ungewissheit" für Grönland (nicht für die Antarktis, da ein solcher Prozess dort zu diesem Zeitpunkt noch als zu unwahrscheinlich angesehen wurde). Im Jahr 2007 wird es wieder für möglich gehalten, dass deshalb 10-20 cm zum Meeresspiegelanstieg hinzuzufügen sind, größere Werte werden sogar nicht ausgeschlossen.

Unter anderem, weil man sich angesichts der unerwarteten Beobachtungen von Schmelzprozessen in Grönland und der West-Antarktis nicht zutraut, eine obere Grenze der Abschätzung abzugeben, nimmt man die bis zu 20cm Anstiegsmöglichkeit aber nicht mehr in die Tabelle mit auf, sondern erwähnt sie im oben wiedergegebenen Text. "Unsere Abschätzungen beinhalten nicht rapide dynamische Schmelzprozesse", betonte die Vorsitzende Susan Solomon dieser IPCC-Arbeitsgruppe deshalb bei der Vorstellung des Berichtes.]

Fazit von Germanwatch:

In einer mit 2001 vergleichbaren Tabelle würden 2007 ganz ähnliche Ergebnisse stehen. Der Höchstwert würde 20 cm höher liegen, wenn die Unsicherheit dynamischer Eisflussveränderungen in Grönland und der Antarktis berücksichtigt würde. Diese ist nicht etwa unwahrscheinlicher geworden, sondern die Unsicherheit hat sich gerade in Hinblick auf eine größere Dynamik verändert. Weitere 5 cm kämen hinzu, wenn der selbe Zeitrahmen bis 2100 wie beim IPCC 2001 betrachtet würde. Noch einmal 3cm kämen hinzu, wenn IPCC 2007 nicht - anders als sein Vorgängerbericht - eher unwahrscheinliche Extremwerte ausgeschlossen hätte. Würden zusätzlich mögliche Kohlenstoff-Rückkopplungen (15 cm) berücksichtigt, dann würde die obere Abschätzung sogar bei 102 cm ("oder höher") liegen.

Quellen:

IPCC (2007): Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Summary for Policymakers. Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change.
http://ipcc-wg1.ucar.edu/wg1/Report/AR4WG1_Pub_SPM-v2.pdf
Hier zitiert wurde die deutschsprachige Übersetzung, abrufbar auf der Website des Bundesumweltministeriums unter:
www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ipcc_zusammenfassung_07.pdf

Le Quéré et al., Saturation of the Southern Ocean CO2 Sink Due to Recent Climate Change, Science Express (2007).
http://dx.doi.org/10.1126/science.1136188

Für eine ausführlichere Begründung der hier gegebenen zahlenmäßigen Abschätzungen siehe: Stefan Rahmstorf (2007): The IPCC sea level numbers. Real Climate, 27 March 2007. www.realclimate.org/index.php/archives/2007/03/the-ipcc-sea-level-numbers/