Koalitionsverhandlungen: Massive blinde Flecken und Gefahren im Kapitel Klimaschutz

Germanwatch warnt vor möglicher Aufweichung der Klimaziele und Schwächung der internationalen Sicherheit

Berlin/Bonn (26. März 2025). Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch schaut mit Sorge auf bekannt gewordene Textentwürfe zum Klimaschutz in den laufenden Koalitionsverhandlungen. “Wir sehen neben einigen guten Ansätzen mehrere massive blinde Flecken und echte Gefahren für die Klimapolitik in diesem Text”, warnt Christoph Bals, Politik-Vorstand von Germanwatch. “Wenn diese Textstellen so in den Koalitionsvertrag kämen, würde ein massiver Rückschritt beim Klimaschutz und der zukunftsfesten Modernisierung unseres Landes drohen.”

Germanwatch kritisiert vor allem den Versuch der CDU/CSU in den Verhandlungen, scheinbar unbegrenzt über fragwürdige CO2-Gutschriften aus anderen Staaten einen Teil der deutschen und europäischen Klimaziele erreichen zu wollen. “Damit würden wir in Deutschland und der EU vom Ziel abrücken, unsere Klimaschutzziele zuhause zu erfüllen. Während der Einstieg in die Nutzung heimischer negativer Emissionen eng begrenzt für unvermeidbare Emissionen sinnvoll wäre, würde eine Öffnung für sogenannte Art. 6-Zertifikate die Ernsthaftigkeit unserer Klimaziele und den notwendigen Innovationsanreiz hier untergraben. Deutschland und die EU werden mit den aktuellen Klimazielen mehr als ihren für das 1,5-Grad-Limit zulässigen Anteil an den weltweiten Treibhausgasen ausstoßen. Eine Abwälzung der eigenen Verantwortung auf andere Staaten wäre ungerecht”, so Bals.

Fehlende Elemente zur Stärkung des Emissionshandels

Germanwatch begrüßt die im Textentwurf versprochene Unterstützung des EU-Emissionshandels für Gebäude- und Verkehrsemissionen ab 2027, kritisiert aber nicht ausreichende flankierende Klimaschutzmaßnahmen. “Die neue Regierung wird den neuen Emissionshandel nur dann stärken, wenn sie Verkehrs- und Gebäudeemissionen durch weitere Maßnahmen senken kann”, sagt Oldag Caspar, Bereichsleiter für Deutsche und Europäische Klimapolitik bei Germanwatch. “Insbesondere beim Problemsektor Verkehr ist nicht erkennbar, wie das gelingen soll. Wenn am Ende der CO2-Preis mit massiven Eingriffen in die Klimaziele gedeckelt werden muss, ist für den Klimaschutz gar nichts gewonnen.” 

Klima- und Entwicklungszusammenarbeit für mehr Sicherheit

Die geplante Stärkung der Beziehungen zu Entwicklungs- und Schwellenländern sowie die engere Verzahnung der Entwicklungs-, Außen- und Sicherheitspolitik bewertet Germanwatch als begrüßenswerte Ansätze im vorliegenden Entwurf. “In der Liste der strategischen Schwerpunkte und Sicherheitsherausforderungen fehlt jedoch die Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern im Klimaschutz und im Umgang mit nicht mehr abwendbaren Folgen des Klimawandels. Die Klimakrise ist eine der größten Sicherheitsbedrohungen unserer Zeit. Eine gezielte Unterstützung der Kooperationspartner im Globalen Süden bedeutet die notwendige Übernahme globaler Verantwortung und liegt im direkten Interesse Deutschlands. Die Zusammenarbeit mit anderen Ländern, die die Transformation vorantreiben, stärkt Handel und Wohlstand”, sagt Laura Schäfer, Bereichsleiterin für Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. “Für eine wirksame und nachhaltige Entwicklungspolitik ist ein eigenständiges Ministerium unerlässlich, das sich konsequent für den Schutz der Menschenrechte, der ökologischen Lebensgrundlagen und besonders verletzlicher Gruppen einsetzt.”

Finanzierung für internationale Partnerschaften

Die künftigen Koalitionäre unterstützen, dass Deutschland und Europa mehr Partnerschaften mit dem Globalen Süden brauchen. Allerdings drohen die dafür notwendigen Mittel gekürzt, statt erhöht zu werden. “Deutschland will dringend notwendige engere Kooperationen mit Afrika und Lateinamerika vorantreiben. Die Union will aber gleichzeitig die dafür notwendigen Mittel kürzen. Wenn das so käme, würden Akteure wie China und Russland in das Vakuum stoßen, das die USA hinterlassen haben, und ihren weltweiten Einfluss massiv ausbauen. Wenn Deutschland die Chancen der Zusammenarbeit nutzen möchte, muss es mindestens beim bisherigen Ziel bleiben, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in die internationale Zusammenarbeit zu investieren und die internationale Klimafinanzierung stetig anwachsen zu lassen”, fordert David Ryfisch, Bereichsleiter für zukunftsfähige Finanzflüsse bei Germanwatch.