Fast 800.000 Tote und 4,2 Billionen Dollar Schäden durch Wetterextreme in 30 Jahren

Germanwatch stellt vor Münchner Sicherheitskonferenz Climate Risk Index 2025 vor: Inselstaat Dominica, China und Honduras seit 1993 am verheerendsten von Überflutungen, Stürmen und Hitzewellen getroffen / Deutschland: Mehr als 18.000 Todesopfer, über 500.000 Betroffene und knapp 127 Milliarden Dollar Schäden durch Extremwetter binnen 30 Jahren

Durch die Klimakrise verschärfte Stürme, Überflutungen und Hitzewellen haben von 1993 bis 2022 weltweit direkte ökonomische Schäden in Höhe von inflationsbereinigt rund 4,2 Billionen US-Dollar verursacht. Das entspricht etwa dem gesamten aktuellen Bruttoinlandsprodukt Deutschlands. Zudem haben fast 800.000 Menschen in Folge dieser Wetterextreme ihr Leben verloren. Dies sind zwei Kernergebnisse des neuen Climate Risk Index (Klima-Risiko-Index) 2025, den die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch heute - kurz vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz - vorgestellt hat.

Berlin (12. Feb. 2025). Durch die Klimakrise verschärfte Stürme, Überflutungen und Hitzewellen haben von 1993 bis 2022 weltweit direkte ökonomische Schäden in Höhe von inflationsbereinigt rund 4,2 Billionen US-Dollar verursacht. Das entspricht etwa dem gesamten aktuellen Bruttoinlandsprodukt Deutschlands. Zudem haben fast 800.000 Menschen in Folge dieser Wetterextreme ihr Leben verloren. Dies sind zwei Kernergebnisse des neuen Climate Risk Index (Klima-Risiko-Index) 2025, den die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch heute - kurz vor Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz - vorgestellt hat.

 „Die Klimakrise ist eine der weltweit größten Bedrohungen für die internationale Sicherheit, die Stabilität von Staaten und Gesellschaften sowie des Finanzsystems. Die Staats- und Regierungschefs auf der Münchner Sicherheitskonferenz können die sicherheitspolitischen Herausforderungen nicht diskutieren, ohne auch den Klimawandel zu adressieren“, sagt Laura Schäfer, Leiterin des Bereichs Internationale Klimapolitik bei Germanwatch und eine der Autor:innen des Index. „Vor allem im Langfrist-Index mit Blick auf die vergangenen 30 Jahre zeigt sich deutlich, dass Länder des globalen Südens besonders stark von Extremwetterereignissen betroffen sind. Sorgen bereiten insbesondere jene Länder, in denen immer wiederkehrende Wetterextreme kaum noch ein Zurück in den zuvor normalen Alltag ermöglichen. Extreme Wetterereignisse wie Überschwemmungen, Dürren und Hitzewellen nehmen zu und werden in einigen Regionen der Welt allmählich zur neuen Normalität.“ Wären die Daten aus Ländern des globalen Südens genauso umfassend dokumentiert wie in Industrieländern, würde möglicherweise eine noch größere Betroffenheit sichtbar, so Germanwatch.

Im Zeitraum 1993 bis 2022 liegen der Inselstaat Dominica sowie China, Honduras, Myanmar, Italien und Indien an der Spitze des Negativ-Rankings. In Dominica verursachten Wirbelstürme Schäden, die das gesamte Bruttoinlandsprodukt des Inselstaates um ein Vielfaches übertrafen. In China waren besonders viele Menschen von Überflutungen, Taifunen und einer Dürre betroffen. In Italien kosteten große Hitzewellen und ihre Folgen mehr als 38.000 Menschenleben – insbesondere in den Jahren 2003 und 2022. „Vor allem bei den ärmeren der am härtesten betroffenen Staaten sehen wir, dass Klimaanpassung auch an Grenzen stößt. Es gibt neben eigentlich durch Anpassung noch vermeidbaren massiven Verlusten und Schäden durch die Klimakrise auch solche, die nicht mehr abwendbar sind. Um damit umzugehen, brauchen wir ein Vielfaches der Unterstützung, die dafür bisher von reichen Nationen bereitgestellt worden ist. Zusätzlich müssen alle Länder dringend ihre Klimaschutz-Ambitionen erhöhen, um den Anstieg der Folgen so weit wie möglich einzudämmen“, betont Vera Künzel, Referentin für Klimaanpassung und Menschenrechte bei Germanwatch und Co-Autorin des Index.

Der Climate Risk Index 2025 zeigt allerdings auch, dass Europa ebenfalls massiv von Wetterextremen betroffen ist. Mit Griechenland und Spanien gehören neben Italien zwei weitere südliche EU-Staaten zu den zehn am stärksten betroffenen Staaten. “Dies zeigt, dass auch relativ reiche Länder ihr Klima-Risikomanagement dringend verbessern müssen”, ergänzt Künzel.

Deutschland liegt im Zeitraum 1993 bis 2022 an 48. Stelle. Auch hier waren – neben verheerenden Flutereignissen wie an der Ahr 2021 - die Hitzewellen 2003 und 2022 hauptverantwortlich für Todesopfer. Insgesamt wurden für Deutschland von 1993 bis 2022 74 Extremwetterereignisse mit mehr als 18.000 Todesfällen und inflationsbereinigt knapp 127 Milliarden Dollar Schäden gezählt. Mehr als 570.000 Menschen waren direkt von Folgen der Wetterextreme betroffen, zum Beispiel durch Verlust ihres Eigentums aufgrund von Überschwemmungen und Stürmen oder durch Gesundheitsschäden, die durch diese Ereignisse erlitten wurden. David Eckstein, Referent für Klimafinanzierung und Investitionen bei Germanwatch und Co-Autor des Index: „Die Daten für Deutschland unterstreichen, wie wichtig auch hier Maßnahmen zur Klimaanpassung sind. Vor allem die um viele tausend Menschen erhöhte Sterblichkeit infolge von massiven Hitzewellen, aber auch die Folgen von verheerenden Flutereignissen sind alarmierend. Das muss die neue Regierung nach der Bundestagswahl dringend durch eine von Bund und Ländern finanzierte Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung angehen. Auch mit Blick auf die internationale Zusammenarbeit muss Deutschland seine bestehenden Verpflichtungen erfüllen und als Beitrag zur humanitären Sicherheit einen angemessenen Beitrag zur Unterstützung der verletzlichsten Länder leisten.“

Auf das Jahr 2022* bezogen liegt Deutschland an 17. Stelle. Das Jahr war durch eine intensive Hitzewelle und eine Serie von drei Orkanen im Februar gekennzeichnet. Insgesamt waren im Jahr 2022 Pakistan, Belize und Italien die am massivsten betroffenen Länder.

*Das letzte Jahr, für das bisher alle relevanten Daten in den von Germanwatch genutzten Datenbanken zur Verfügung stehen.

Zum Climate Risk Index:
Seit 2006 analysiert der Climate Risk Index die durch Extremwetter verursachten Todeszahlen, betroffenen Menschen und die volkswirtschaftlichen Schäden - sowohl die absoluten Zahlen als auch in Relation zur Einwohnerzahl bzw. dem Bruttoinlandsprodukt. Germanwatch hat den Index nun methodisch überarbeitet und erstellt ihn seit diesem Jahr auf der Grundlage von Daten der International Disaster Database (EM-DAT) zu Extremwetterereignissen sowie von sozioökonomischen Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF). 

Wenngleich die Auswertungen der ökonomischen Schäden und der Todesopfer keine einfache Aussage darüber erlauben, welcher Anteil davon auf den Klimawandel zurückzuführen ist, so lässt sich doch ein Bild der Betroffenheit der Staaten zeichnen. In der Klimawissenschaft besteht ein breiter Konsens darüber, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel die Häufigkeit und Intensität vieler extremer Wetterereignisse beeinflusst und zu weit verbreiteten nachteiligen Klimaauswirkungen führt. In immer mehr Fällen kann die Attributionsforschung auch den Anteil des Klimawandels an Extremwetterlagen konkret bestimmen. Obwohl der Index auf Grundlage der umfassendsten öffentlich verfügbaren Datenbasis erstellt wird, weisen die Autor:innen darauf hin, dass die Betroffenheit von Ländern des globalen Südens wahrscheinlich noch größer ist als hier dargestellt. Folgen von Wetterextremen werden in vielen Industrienationen deutlich umfassender und genauer dokumentiert als in ärmeren Staaten.