Saúl Luciano Lliuya gegen RWE: Klimaklage wird im März verhandelt
Bonn/Huaraz (4. Feb.2025). In der Klimaklage des peruanischen Bergführers Saúl Luciano Lliuya gegen den Energiekonzern RWE wird am 17. und 19. März eine lange erwartete mündliche Verhandlung am Oberlandesgericht (OLG) Hamm stattfinden. Der von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch und der Stiftung Zukunftsfähigkeit unterstützte Fall ist eine der weltweit meistbeachteten Klimaklagen für die Frage geworden, ob einzelne Unternehmen mit hohen Emissionen entsprechend ihres Beitrags zum globalen Klimawandel für den Schutz Betroffener vor Klimarisiken aufkommen müssen.
Im Zentrum der Verhandlung steht das durch den Klimawandel massiv gewachsene Flutrisiko am Gletschersee Palcacocha und eine dadurch mögliche Bedrohung für das Haus des Klägers. Bei der bevorstehenden Verhandlung werden die Einschätzungen der vom Gericht und von den Parteien beauftragten Sachverständigen zentral sein. Sie waren zusammen mit dem Gericht im Mai 2022 selbst in die Andenstadt gereist, um sich ein eigenes Bild der Lage zu machen.
Saúl Luciano Lliuya: „Ich bin sehr froh, dass nun der lang erwartete Termin naht. Es geht hier ja nicht nur um meine Familie und mich. Rund 50.000 Menschen leben in dem Gebiet, das durch eine große Flutwelle wahrscheinlich akut bedroht wäre. Als ich im Herbst 2015 diese Klage in Deutschland eingereicht habe, hätte ich nicht gedacht, dass alles so lange dauern würde.“
Saúl Luciano Lliuya möchte erreichen, dass RWE für Schutzmaßnahmen an dem Gletschersee rund 1.500 Meter oberhalb der Andenstadt Huaraz aufkommt - und zwar in Höhe des bisherigen Anteils von RWE am menschgemachten Klimawandel. Laut Studien wird dieser auf knapp 0,5 Prozent beziffert. Das entspricht einem Betrag von rund 17.000 Euro. Die klimawandelbedingte Gletscherschmelze und abgehendes Geröll und Eis lassen seit Jahren den Wasserpegel des Palcacocha-Sees immer wieder gefährlich ansteigen. Ein durch den schmelzenden Permafrost verursachter Felsabbruch oder eine Lawine in den See könnte zu einer verheerenden Flutwelle führen.
„Klimaklage“ gegen RWE hat bereits Rechtsgeschichte geschrieben
Dieses zivilrechtliche Verfahren auf Basis des Paragrafen 1004 BGB betritt rechtliches Neuland. Es soll die Frage beantworten, ob angesichts der Klimakrise die größten CO2-Emittenten weltweit den von den Folgen betroffenen Menschen anteilsmäßig Schutz finanzieren müssen. Die Klage hat bereits Rechtsgeschichte geschrieben: Das zweitinstanzliche Oberlandesgericht stellte 2017 fest, dass es einen zivilrechtlichen Anspruch gegen den Energiekonzern RWE grundsätzlich für möglich hält und beschloss den Eintritt in die Beweisaufnahme.
Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass nicht nur die juristische Schlüssigkeit gegeben ist, sondern auch ein hinreichendes Flutrisiko für Saúl Luciano Lliuyas Haus existiert, muss in einer zweiten Beweisfrage geklärt werden, inwieweit der Klimawandel und die auch von RWE freigesetzten CO2-Emissionen mitverantwortlich sind für die Gefahr eines Gletscherseeausbruchs.
Das Gericht wird am Ende der beiden Verhandlungstage vermutlich einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung zur ersten Beweisfrage festlegen – dies kann entweder ein Beschluss zum Eintritt in die zweite Beweisfrage oder auch ein insgesamt abweisendes Urteil sein.
Germanwatch unterstützt diese Klage vor allem mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Stiftung Zukunftsfähigkeit hat sich bereit erklärt, für notwendige Gutachten sowie die Anwalts- und Gerichtskosten des Klägers aufzukommen und ruft dafür zu Spenden auf.