Weltklimakonferenz in Krisenzeiten
Skyline von Baku. © Shutterstock
Am 23. November endete die 29. UN-Klimakonferenz in Baku. Unsere Germanwatch-Expert:innen waren vor Ort dabei. In diesem Blogbeitrag berichten sie von schwierigen Verhandlungen, ordnen die wichtigsten Entscheidungen ein und ziehen ein erstes Fazit zur Weltklimakonferenz in Krisenzeiten: Was wurde (nicht) erreicht? Und was muss bis zur COP30 nächstes Jahr in Belém passieren?
- Ein Wechselbad der Gefühle: Klimapolitik in Krisenzeiten
- Verhandlungsdynamik in Baku
- Aserbaidschans COP-Präsidentschaft
- Klimafinanzierung: zu wenig, zu spät
- Nationale Klimaziele fast ohne Ambition
- Klimaschutz und Energiewende: Notbremse verhindert Rückschritt
- Arbeitsprogramm zum gerechten Übergang kam nicht voran
- Das Globale Anpassungsziel: prozessuale Fortschritte, ungedeckte Bedarfe und wachsende globale Risiken
- Keine erfolgreiche COP für Verluste und Schäden
- Ernährungssysteme in aller Munde?
Überblick
Ein Wechselbad der Gefühle: Klimapolitik in Krisenzeiten
Das Ergebnis der COP29 von Baku löst sehr gemischte Gefühle aus. Kaum überraschend angesichts existenzieller Herausforderungen, die weiterhin ungelöst bleiben. In dieser entscheidenden Dekade wurde die Finanzierung für Klimaschutz und Anpassung in ärmeren Ländern nicht annähernd im notwendigen Maße angeschoben. Das sorgt für Frustration. Die Verhandler:innen hatten große Schwierigkeiten, den Industrieländern die nötigen Summen abzuringen. Offenbar fehlte den Finanzminister:innen und Regierungschef:innen das Verständnis für die Notwendigkeit dieser Zukunftsinvestitionen. Gleichwohl spart jeder Euro, der wirkungsvoll in Klimaschutz und Anpassung investiert wird, ein Vielfaches an Verlusten und Schäden. Zukunftsinvestitionen sind zudem Voraussetzung dafür, dass Europa mit seinem ordnungsrechtlichen Modell den multilateralen Rahmen für Menschenrechte und ein gutes Leben aller verteidigen kann. Zukunftsinvestitionen sind damit auch Teil einer aktiven Friedens- und Sicherheitspolitik.
Mit Erleichterung wurde dagegen aufgenommen, dass sich der COP-Abschluss für mehr, wenn auch nicht ausreichend Dynamik multilateral vereinbaren ließ – trotz einer zunehmend schwierigen politischen Weltlage. Die Zustimmung vieler Entwicklungsländer zu einem für sie enttäuschenden Ergebnis war aber vor allem auf die Einschätzung zurückzuführen, dass die politische Bereitschaft für Wandel 2026 noch geringer ausfallen dürfte. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Süd und Nord jetzt grundsätzlich das gemeinsam Erreichte verteidigen müssen, insbesondere den Fahrplan für den Aufwuchs. Den hart erkämpften Errungenschaften steht das Lager der Regierungen gegenüber, die „wir zuerst“ rufen und nur das angebliche Wohl ihrer eigenen Bevölkerung im Sinn haben.
Ärger wiederum löste aus, dass zum Ende der Konferenz Zusagen für 80 % der notwendigen Gelder fehlten – es fehlte ein Aufwuchsplan. Zudem war die Anpassungsfinanzierung nicht klar abgesichert, geschweige denn die Finanzierung für Verluste und Schäden. Außerdem blieb die Führungsrolle der Industrieländer unkonkret.
Für etwas Erleichterung sorgte, dass insbesondere eine Gruppe von Brasilien, Kenia, Kolumbien, Vereinigtem Königreich und Deutschland zumindest konkrete Schritte in Richtung eines Fahrplans in den Text hinein verhandelt hat: Festgehalten wurden nun mindestens 300 Mrd. Dollar an Klimafinanzierung bis 2035. Im nächsten Jahr sollen die Regierungen einen Fahrplan beschließen, wie bis 2035 der Aufwuchs zu 1,3 Bio. Dollar gelingen kann. Dabei sollen auch innovative Finanzinstrumente wie Abgaben auf den internationalen Flug- und Schiffsverkehr vorangebracht werden. Und in fünf Jahren wird eine Überprüfung vorgenommen, die letztlich auch ein angemesseneres Finanzziel herbeiführen könnte. Hoffentlich mit Unterstützung einer konstruktiven US-Regierung.
Für das weltweite Klima und die politische Stimmung zwischen Süd und Nord wird jetzt ein ernsthafter Schnellstart für bessere Finanzierung ausschlaggebend. Dieser muss den Umsetzungsplänen für Klimaziele (NDCs) und Anpassungsplänen (NAPs) der Entwicklungsländer zugutekommen. Die Staatengemeinschaft sollte im nächsten Jahr zudem zeigen, dass sie den angepeilten Aufwuchsprozess tatsächlich in Gang bringt.
Zwei globale Arenen für die geopolitische Klimadebatte
1. Der Kampf um ein gutes Leben und Menschenrechte für alle
Es geht um nichts Geringeres als ein gutes Leben und Menschenrechte für alle. Transformative Fortschritte für Klimaschutz und Anpassung werden daher immer bedeutender. Insbesondere für die Millionen Menschen in ärmeren Ländern, die die Klimakrise besonders hart trifft. Jetzt kann jeder Euro für Klimaschutz, resiliente Ökosysteme und Gesellschaften ein Vielfaches an Schäden vermeiden. Auch die strukturelle Ungerechtigkeit der Wirtschafts- und Finanzstrukturen muss enden.
Doch immer mehr Staaten verfolgen eine Politik des „wir zuerst – und die anderen können sehen, wo sie bleiben“. Der ohnehin im Schneckentempo vorankommende Kampf für gerechte globale Strukturen gerät zunehmend in die Defensive.
2. Der Kampf um das Ende des fossilen Geschäftsmodells
China als mit Abstand größter Emittent weltweit steh kurz vor dem Höhepunkt der fossilen Emissionen, und somit wahrscheinlich auch der ganze Planet. Zugleich wachsen Erneuerbare Energien und die Elektrifizierung von Verkehr und Gebäuden exponenziell. Demnächst wird also das Geschäftsmodell der Kohle, Öl und Gas exportierenden Staaten schrumpfen. Wir sehen weltweit, wie vom fossilen Export lebende Staaten, Sektoren und Unternehmen erbittert um die Verlängerung des fossilen Geschäftsmodells kämpfen. Das belegen zahlreiche Beispiele: Die Wahl Trumps wurde maßgeblich von fossilen Lobbyisten finanziert. Nach der Wahl des rechtslibertären Präsidenten Milei erwirtschaftete der fossile Energiesektor in Argentinien zuletzt einen milliardenschweren Handelsbilanzüberschuss (2,93 Mrd. Dollar nach einem Minus von 1,1 Mrd. im Jahr vor Mileis Wahl). In vielen Regionen der Welt herrscht eine Wahlverwandtschaft zwischen autoritärer Staatsführung, Rechtspopulismus und Ablehnung von Klimaschutz.
Die geopolitische Klimadebatte auf der COP
Diese geopolitischen Konfliktkonstellationen prägten auch die COP in Baku. Zum einen ging es um das neue kollektive quantifizierte Finanzziel (NCQG). Abseits des fossilen Pfads soll es besonders ärmeren Entwicklungsländern und dort den ärmeren Menschen schnell die wirkungsvolle und bezahlbare Deckung ihrer Entwicklungsbedürfnisse ermöglichen. Menschen in diesen Ländern müssen sich aber auch an die Folgen des Klimawandels anpassen und sich vor Wetterextremen schützen, die immer häufiger und heftiger auftreten. Auch für die Bewältigung von dadurch entstehenden Verlusten und Schäden braucht es Unterstützung. Auf der COP wurden diese Fragen in einer weltpolitischen Konstellation diskutiert, in der zunehmend Regierungen die Verantwortung für andere in der Welt an den Rand schieben.
Zum anderen galt es die den zentralen Erfolg der COP28 zu verteidigen und zu konkretisieren, gemeinsam das Runterfahren der fossile Energien anzupacken. Besonders Saudi-Arabien, zum Teil unterstützt von Russland, versuchte – und auch immer wieder prozedural sehr einseitig von der COP-Präsidentschaft von Aserbaidschan unterstützt – jeden Fortschritt für Klimaschutz zu verhindern. Am Ende tischte die Präsidentschaft sogar einen Vorschlag voller Rückschritte auf – gegen den mehrheitlichen Willen der Staaten. Einige der existenziell vom Klima bedrohten Länder zogen daraufhin die Notbremse: der Textvorschlag wird abgelehnt und beim nächsten Klimagipfel neu verhandelt.
Die klimapolitische Rolle der EU in der neuen weltpolitischen Konstellation
Die Energiewende ist auf der globalen Überholspur. Vor allem in den G20-Ländern, doch mit Geld und rascher Unterstützung bald auch in vielen Entwicklungsländern. Im Moment erleben wir den reaktionären Moment einer Energie-Revolution. Deutschland und die EU können die Klimakrise nur bewältigen, wenn sie gemeinsam mit anderen Akteuren Führung zeigen. Das kann gelingen durch:
- Kooperation mit US-Staaten, -Kommunen und –Unternehmen. Sie können die die destruktive Kraft der Trump-Regierung eindämmen.
- Ein neues klimapolitische Verhältnis zu China. Die neue Supermacht hat sich beim Klimagipfel konstruktiver als meist zuvor aufgestellt. Mit dem nächsten Fünfjahresplan und neuen Klimazielen stehen beim weltweit größten Emittenten zeitnah Zukunftsentscheidungen an. Daher sollte die EU baldmöglichst ein gutes Umfeld für konstruktive Entscheidungen in China setzen, namentlich durch vorwärtsweisende Klimaziele für 2040 und ein ambitioniertes NDC. In Baku stimmten sich China und die EU regelmäßig ab. Darauf gilt es nun eine klimapolitische Kooperation aufzubauen – in der Balance aus ökonomischem Wettbewerb und ordnungspolitischen Vorstellungen.
- Ausbau strategischer Kooperationen mit zahlreichen Ländern des Globalen Südens. Deutschland und die EU sollten auf ihre vielen Energie- und Klimapartnerschaften aufbauen, um vor Ort und bei Verhandlungen die schnelle Umsetzung von Klimaschutz, Anpassung und Verlusten und Schäden zu erreichen.
- Ausbau strategischer Kooperation insbesondere mit Brasilien. Das nächste Jahr stellt einen Verzweigungspunkt für die internationale Klimapolitik dar. Brasilien spielt dabei eine tragende Rolle, da es nach seiner G20-Präsidentschaft 2024 sowohl dem Klimagipfel als auch den BRICS-Staaten 2025 vorsitzt.
Verhandlungsdynamik in Baku
Noch vor Beginn der Verhandlungen wurde über die Tagesordnung der COP verhandelt. China schlug im Namen der BASIC-Gruppe vor, „climate-change-related unilateral restrictive trade measures“ auf die Tagesordnung zu setzen, um insbesondere ihre Bedenken gegen den Carbon Border Adjustment Mechanism der EU auszuräumen. Unterschiedliche Meinungen gab es auch in der Frage, ob unter den Tagesordnungspunkt UAE Dialogue alle Ergebnisse der globalen Bestandsaufnahme oder nur Finanzthemen fielen. Nach stundenlangen Diskussionen verschob die Präsidentschaft die Handelsmaßnahmen von der Tagesordnung in die Konsultationen der Präsidentschaft. Die Lösung für den UAE Dialogue war eine Fußnote, die im Grunde beide Optionen zuließ (nur Finanzen oder alles).
Am Gipfel der Staats- und Regierungschef:innen an Tag zwei und drei der COP nahmen etwa 80 Staats- und Regierungschef:innen teil, vor allem aus afrikanischen Ländern und kleinen Inselstaaten. Mehrere prominente Namen waren aus mehr oder weniger offensichtlichen Gründen abwesend, darunter Lula (aus gesundheitlichen Gründen), Scholz (wegen innenpolitischer Turbulenzen) und Macron (angesichts der Spannungen mit Aserbaidschan bzw. der französischen Unterstützung für Armenien). In der ersten Woche der technischen Verhandlungen gab es zahlreiche Sitzungen zu verschiedenen Tagesordnungspunkten und mehrere Textänderungen. Mit Ausnahme des Artikel 6 zu Kohlenstoffmärkten waren die Fortschritte jedoch sehr begrenzt. Die langsamen bis fehlenden Fortschritte erklären drei Hauptfaktoren:
- Die mangelnde Bereitschaft der Industrieländer, sich in den Verhandlungen über das NCQG zu bewegen, einschließlich der Verweigerung, die Höhe des Ziels (wieviel Geld) zu beziffern.
- Die mangelnde Bereitschaft einiger Öl- und Schwellenländer, Formulierungen zum Runterfahren fossiler Energieträger zu akzeptieren (MWP und UAE Dialogue), insbesondere der „Like-minded Developing Countries“ (LMDC), darunter China und vor allem Saudi-Arabien.
- Die Verhandlungsführung der COP-Präsidentschaft, die sich als ungewöhnlich einseitig und wenig partizipativ erwies, gerade bezüglich konstruktiver Vorschläge der Vertragspartner zum Umgang mit Differenzen und besonders bezüglich der ärmsten und verletzlichen Länder.
Durch die rasche Einigung über Artikel 6.2, 6.4 und 6.8 wurde ein Meilenstein in den Verhandlungen erreicht, die seit der Verabschiedung des Pariser Abkommens im Jahr 2015 geführt werden. Bedenken gibt es aber insbesondere zu Artikel 6.4, obwohl das Verhandlungsdokument das beste verglichen mit vergangenen COPs war. Hierbei geht es um einen neuen internationalen Kohlenstoffmarkt für den Privatsektor und Länder. Es könne nicht ausreichend hohe Qualität gewährleisten werden, so die Argumentation, womit das Risiko besteht, dass mehr CO2-Emissionen als angegeben entstehen.
In der zweiten Woche trafen die Umwelt- und Klimaminister:innen ein. Damit begann der politische Teil des Gipfels. Der Druck war groß, die Länder aus ihren festen Positionen zu Kompromissen zu bewegen. Die Präsidentschaft wies die anstehenden Themen Ministerpaaren aus Süd und Nord zu, um die Verhandlungen voranzutreiben. Ergänzend holte sich die Präsidentschaft Unterstützung für allgemeine diplomatische Bemühungen von Brasilien und dem Vereinigten Königreich, Gastgeber der COP30 bzw. COP26.
Die Verhandlungen konzentrierten sich auf umstrittene Tagesordnungspunkte, namentlich das neue Ziel für Klimafinanzierung (NCQQ), das Klimaschutz-Arbeitsprogramm (MWP), den Dialog zu der Globale Bestandsaufnahme (UAE Dialogue) und das Globale Anpassungsziel (GGA). Die Präsidentschaft hatte zu den meisten Themen zuvor neue Texte vorgelegt; zeitgleich kursierten Texte mit höchst unklarem Status. Der Verdacht kam auf, dass Ergebnisse einseitig beeinflusst werden oder gar der gesamte Prozess entgleisen sollte. So erhielt ein einzelnes Land (Saudi-Arabien) direkten Zugriff auf einen Beschlussentwurf, aus dem u. a. das Ziel des Abkehrs von fossilen Brennstoffen verschwand – ein zentraler Verhandlungspunkt. Gleichzeitig wurden kleine Inselstaaten und die am wenigsten entwickelten Länder mangels guter Prozessführung systematisch übergangen. Die Verhandlungen zogen sich über das Wochenende hin, geprägt von Pendeldiplomatie und vielen Beratungen hinter verschlossenen Türen, insbesondere in Bezug auf das NCQG. Wie auf vorherigen COPs wurde auf der Zielgeraden starker Druck innerhalb und zwischen den Ländergruppen ausgeübt, um die auf dem Tisch liegenden Vorschläge durchzubringen – oder zu ändern.
In der abschließenden Plenarsitzung wurde der Beschluss eines neuen Finanzziels vom Präsidenten der COP29, Mukhtar Babayev, durchgeboxt. Das quittierten die Entwicklungsländer mit heftigen Reaktionen, darunter Indien, das den Beschluss ablehnte. Kurz darauf kam der sehr schwache Beschluss über den UAE Dialogue zur Sprache. Da er einem Rückschritt gleichkam, erklärte zuerst Chile, es fehle an Konsens – gefolgt von vielen anderen, insbesondere sehr verletzlichen Ländern. Damit wurde der UAE Dialogue auf die Bonner Klimakonferenz im Juni und eine Einigung auf die COP30 im November 2025 vertagt.
Aserbaidschans COP-Präsidentschaft
Die COP-Präsidentschaft Aserbaidschan wurde der Aufgabe nicht gerecht, als Vermittler und Richtungsgeber die Konferenz zu einem guten Ergebnis zu führen. In ihrem Vorgehen zeigte sie sich intransparent, nicht inklusiv und ignorant gegenüber den Belangen von besonders verwundbaren Ländergruppen. Texte wurden präsentiert, ohne wichtige Ländergruppen vorher zu konsultieren, vor allem Länder des Globalen Südens. Die Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder verließ daher zeitweise die Verhandlungen. Ausverhandelte Punkte oder Vorschläge der Minister:innen wurden wieder aus Texten gestrichen. Aserbaidschan erwies sich als unerfahren und überfordert in der Verhandlungsführung – das Land hatte zuvor im sogenannten „Endgame“ der Verhandlungen nie mitgemischt.
Die Präsidentschaft selbst betitelte ihren Ansatz als „Schockdiplomatie“. Strategie dieser „Diplomatie“ sei es, in Verhandlungsdokumenten mit radikal divergierenden Positionen Verhandlungsparteien zusammenbringen. Gepaart mit großem zeitlichen Verzug verengte dies den Verhandlungsspielraum für ein ambitioniertes Ergebnis massiv. Laut Hinweisen beabsichtigte Aserbaidschan einen echten Verhandlungserfolg nicht und verstieß daher bewusst gegen Regeln der UN-Diplomatie. So wurden Verhandlungstexte zur Bearbeitung an Öl- und Gasländer wie Saudi-Arabien verschickt, während andere Verhandlungsparteien nur finale Versionen erhielten, wenn überhaupt. Bereits vor der COP gab es erhebliche menschenrechtliche Bedenken bezüglich der Eignung des autoritären Staats zum Gastgeber. Aserbaidschan unterdrückt seit langem nachweislich Medien und Zivilgesellschaft. Das Land erfüllt bis heute nicht die Bedingung für die COP-Präsidentschaft, einen Friedensvertrag mit Armenien zu schließen. Das UNFCCC sollte zukünftig klare völkerrechtliche Kriterien für COP-Gastgeber anlegen:
- Keine offensichtliche Missachtung der Ziele des völkerrechtlich bindenden Pariser Abkommens.
- Schutz der Menschenrechte aller COP-Teilnehmenden und derjenigen, die Klimaschutzforderungen an die internationale Staatengemeinschaft oder ihren eigenen Staat richten.
- Möglichkeiten für Proteste der internationalen und nationalen Zivilgesellschaft nicht nur in der Blue Zone, sondern mindestens auch in der Green Zone, ohne Repressionen – weder vor Ort noch rückwirkend.
Die Verfügbarkeit erheblicher Finanzmittel sollte nicht Kriterium für die Übernahme einer COP-Präsidentschaft sein. Wenn kleinere, ambitionierte Staaten eine COP ausrichten wollen, sollten sie entsprechend unterstützt werden – wie 2017 erfolgt als Fiji die COP in Bonn ausrichtete.
Verhandlungsthemen
Klimafinanzierung: zu wenig, zu spät
Erwartungsgemäß dominierten die Verhandlungen über die Klimafinanzierung die Konferenz in Baku. Schwierige Verhandlungen brachten die COP an den Rand des Scheiterns, besonders der Höhepunkt der Beratungen über die Festlegung des NCQG. Die Ansichten der Vertragsparteien fielen zu stark auseinander und auch hier verhielt sich der COP-Vorsitz höchst problematisch. In den frühen Morgenstunden, nach 30 zusätzlichen Beratungsstunden, wurde schließlich eine Einigung erzielt.
Erstmalig seit über 15 Jahren legten die Parteien auf der COP29 ein neues Ziel für die Klimafinanzierung fest. Die Industrieländer müssen die Führung übernehmen, um bis 2035 jährlich mindestens 300 Mrd. Dollar zu mobilisieren und Entwicklungsländer bei der Eindämmung des Klimawandels und der Anpassung zu unterstützten. Die Entwicklungsländer werden ermutigt, ihre Beiträge auf freiwilliger Basis zu leisten.
Die Teilnehmenden erkannten zudem gemeinsam an, dass mindestens 1,3 Bio. Dollar jährlich erforderlich sind, um Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern zu unterstützen. Zur Festlegung des erforderlichen Pfads wurde die „Roadmap Baku–Belém“ aufgestellt. Damit soll die Mobilisierung von Finanzmitteln aus öffentlichen und privaten Quellen bis 2035 auf 1,3 Bio. Dollar jährlich gesteigert werden. Die Umsetzung des Beschlusses über das NCQG wird regelmäßig im Rahmen der Globalen Bestandsaufnahme bewertet, u. a. 2030 durch eine Sonderüberprüfung.
Neben dem NCQG wurde auch über die Aufstockung der Finanzmittel für Anpassung diskutiert. In diesem Zusammenhang konnte der Anpassungsfonds knapp 130 Mio. Dollar seines 300-Mio.-Dollar-Ziels für Ressourcenmobilisierung sichern.
Generell fielen die in Baku angekündigten Finanzzusagen auf ein Rekordtief. Neben den Beiträgen zum Anpassungsfonds erhielt der Grüne Klimafonds eine zusätzliche Zusage von rund 763 Mio. Dollar aus Schweden. Der Fonds zur Bewältigung von Verlusten und Schäden erhielt zusätzliche Zusagen aus Neuseeland (ca. 5 Mio. Dollar), Schweden (ca. 19 Mio. Dollar) und Australien (ca. 32 Mio. Dollar).
Ein schwacher Kompromiss angesichts dringlicher Bedarfe
Das COP-Ergebnis enttäuscht in Bezug auf Klimafinanzierung auf ganzer Linie. Die Entscheidung über das NCQG bleibt hinter den Erfordernissen zurück und liefert weniger, als sich viele Interessengruppen nach drei Jahren technischer Dialoge, Verhandlungen und Konsultationen zwischen den Vertragsparteien erhofft haben. Angesichts einer immer stärker polarisierten Welt, in der immer mehr Länder zuerst an ihre eigenen Bevölkerungen denken, lag das Ergebnis im Bereich des Möglichen. Die Befürchtung, dass sich die internationalen Bedingungen im nächsten Jahr noch verschlechtern könnten, war unter anderem ein Grund dafür, dass sich viele Entwicklungsländer gezwungen sahen, das unbefriedigende Ergebnis zu akzeptieren. Bedarf und Dringlichkeit für einen angemessenen Umgang mit der eskalierenden Klimakrise werden mit 300 Mrd. Dollar jährlich bis 2035 nur absolut minimal beantwortet, besonders angesichts der klimatischen Herausforderungen für Entwicklungsländer. Berücksichtigt man die Inflation, ist die Erhöhung der Klimafinanzierung auf 300 Mrd. Dollar nicht so ehrgeizig, wie es auf den ersten Blick scheint. Außerdem wurden die Beiträge der Industrieländer im Ziel mit größerer Unsicherheit formuliert. Während die Industrieländer die Führung übernehmen werden, wird die von multilateralen Entwicklungsbanken bereitgestellte und mobilisierte Klimafinanzierung wahrscheinlich voll angerechnet – sofern die Entwicklungsländer sich nicht dagegen entscheiden. Prinzipiell hätten Verhandler:innen der EU-Staaten in Absprache mit den Finanzmister:innen und Regierungschef:innen prüfen können, ob sie noch höher als die nun beschlossenen 300 Mrd. Dollar gehen sollten. Für die EU wären dafür jedoch gemeinsame Beschlüsse für starke gemeinsame Energie- und Klimaziele eine notwendige Bedingung gewesen. Die Süd–Nord-Koalition für mehr Klimaschutz und mehr Finanzierung konnte sich gegen die widrige Gesamtdynamik nicht durchsetzen.
Außerdem fehlen im COP-Beschluss quantitative Unterziele für Klimaschutz, Anpassung sowie Verluste und Schäden. Unterziele hätten einerseits die gleiche Wichtigkeit dieser drei Säulen des Pariser Abkommens unterstrichen und andererseits die Ressourcenzuweisung und Absicherung der Entwicklungsländer klar signalisiert. Jetzt muss dringend eine verlässliche Einnahmequelle für den Fonds für die Bewältigung von Verlusten und Schäden entstehen. Das sollte idealerweise mit einem verursachergerechten Ansatzes geschehen. Bis dahin brauchen die gefährdeten Länder politische Garantieren für einen soliden Mindestgeldfluss. Im Hinblick auf qualitative Elemente fordert der NCQG-Beschluss bilaterale Beitragszahler, internationale Finanzinstitutionen und multilaterale Klimafonds nur unverbindlich dazu auf, Zugang, Konzessionalität und Transparenz der Klimafinanzierung zu verbessern.
Erfreulicherweise soll der skizzierte „Roadmap Baku–Belém“ zu einer Erhöhnung des Ambitionsniveaus des Ziels führen. Der dafür nötige Prozess bleibt jedoch unkonkret und letztlich Ermessensfrage des COP29- und COP30-Vorsitzes. Für das nächste Ziel dürften innovative Finanzinstrumente wie Abgaben auf den internationalen Luft- und Schiffsverkehr und eine Vorreiterkoalition zur Umsetzung des Verursacher-Prinzips wichtig werden. Der Erfolg des Fahrplans steht und fällt mit der Bereitschaft der Industrieländer, die Anpassungsfinanzierung deutlich aufzustocken und gemeinsam mit anderen Großemittenten mehr zum Fonds zur Bewältigung von Verlusten und Schäden beizutragen.
Die Verknüpfung der Bestandsaufnahme zur Umsetzung des NCQG-Beschlusses mit der Globalen Bestandsaufnahme sowie einer gesonderten Überprüfung 2030 ist ein wichtiger Bestandteil des Beschlusses. Noch ist unklar, wie die Überprüfung durchgeführt werden und das Ambitionsniveau steigen soll. Doch sie erlaubt, die dringend nötigen Beratungen fortzusetzen und mehr Druck auf die Vertragsparteien auszuüben. So kann letztlich die Klimafinanzierung über das in Baku vereinbarte Maß angemessen erhöht werden.
Nationale Klimaziele fast ohne Ambition
Die COP29 sollte für die Entwicklung der nächsten NDCs wichtige Impulse setzen. Zum einen durch eine starke Reaktion auf die 2024 verabschiedete Globale Bestandsaufnahme, zum anderen durch die Ankündigung ambitionierter Ziele einzelner Länder.
Die konkrete Umsetzung der Bestandsaufnahme hätte in Foren wie dem UAE Dialogue ausgehandelt werden können. Doch alle Verhandlungen scheiterten. Diskussionen zum Mandat und besonders der Widerstand der Staaten, die von fossilen Exporten abhängen, blockierten jede Einigung. Es gab keinen neuen Aufruf, dass die Ergebnisse der Bestandsaufnahme ambitionierte, mit dem 1,5°C-Ziel kompatible NDCs stärken und informieren sollten (insbesondere durch § 28 und 33). Eine Einigung wurde auf die Bonner Zwischenverhandlungen im Juni verschoben, also leider nach der offiziellen Frist für neue Ziele im Februar.
Mit Blick auf die nationalen Ambitionen präsentierten die Vereinigten Arabischen Emirate vor der COP in ihren NDCs zwar sehr umfangreiche Ziele, allerdings fehlten jegliche Pläne zum Ausstieg aus der Produktion oder Nutzung fossiler Energien. Brasiliens Ziele enthalten unter anderem ein Bekenntnis, Emissionen bis 2035 um 59–67 % zu reduzieren und Abholzung zu bekämpfen. Gleichzeitig schweigt Brasilien zu Planungen, die fossile Infrastruktur massiv auszubauen. Gastgeberland Aserbaidschan stellte gar keine eigenen Ziele vor. Auch die EU kündigte keine gesteigerten Ambitionen an. Das Vereinigte Königreich stellte ein Emissionsreduktionsziel vor, das gesamt-NDC wird noch folgen: eine Emissionsreduktion von 81 % bis 2035 im Vergleich zu 1990.
Die Troikaländer präsentierten keine 1,5°C-kompatiblen NDCs und verfehlten damit ihr selbst gestecktes Ziel. Insgesamt setzten Industrieländer schwache Impulse und die Globale Bestandsaufnahme ist massivem Widerstand ausgesetzt. Auf der COP gelang es daher nicht, ein Momentum für ambitionierte NDCs aufzubauen. Mit Brasilien und dem Vereinigten Königreich setzen jedoch ein Entwicklungs- und ein Industrieland ein vorsichtig positives Zeichen. Insbesondere Brasilien muss nun seine Führungsrolle als kommender COP-Vorsitz nutzen, um für eine ambitionierte Umsetzung der Globalen Bestandsaufnahme zu werben.
Klimaschutz und Energiewende: Notbremse verhindert Rückschritt
Die COP29 ist die erste nach der ersten Globalen Bestandsaufnahme. Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise sollte sie die zügige Umsetzung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme ermöglichen. Besonders wichtig war es, das vereinbarte Energiemaßnahmenpaket (§ 28, 1/CMA.5) voranzutreiben und in konkrete Maßnahmen zu übersetzen. Bestenfalls hätte die COP das Energiemaßnahmenpaket sogar nachgebessert. Dafür hätte ein gerechter, geordneter und fairer Ausstieg aus allen fossilen Brennstoffen in der gesamten Wirtschaft beschlossen werden müssen. Zwingend notwendig wäre auch ein Beschluss zum sofortigen Ende neuer Kohle-, Öl- und Gasprojekte sowie von Subventionen für fossile Brennstoffe gewesen.
Schnell wurde deutlich, dass es auf der COP29 vor allem darum ging, nicht hinter die Beschlüsse von Dubai zurückzufallen und den Klimaschutz wenigstens bis zur COP30 über Wasser zu halten. Trotz der Bemühungen insbesondere der EU und der Allianz kleiner Inselstaaten blieb das Klimaschutz-Programm auch politisch weiterhin blockiert. Auf der Zielgeraden gelang es der fossilen Lobby letztlich, den Fortschritt von Dubai umzukehren: Das Runterfahren von fossilen Energien fand nur noch indirekt Erwähnung; der ergänzende Hinweis auf „Brückentechnologien“ (engl. transitional fuels) in der Energiewende und für Energiezugang sollte nur noch im UAE-Dialogue-Text stehen. Gleichzeitig blockierten sie die Bekräftigung der in Dubai erzielten globalen Ziele zur Verdreifachung der Kapazitäten Erneuerbarer Energien, zur Verdopplung der Energieeffizienz und zur Abkehr von fossilen Brennstoffen im Energiesystem sowie ein Aufwuchsziel für Stromspeicher und Netze. In allen Szenarien des IPCC-Berichts, die (nach Überschuss) in die Nähe von 1,5°C Erderwärmung führen, muss der Höhepunkt der fossilen Energieträger bis 2025 erreicht werden. Daher zogen einige der existenziell durch die Klimakrise betroffenen Staaten die Notbremse. Sie ließen den Text scheitern, um zumindest Rückschritte zu verhindern. Im Juni 2025 sollen die Verhandlungen wieder aufgenommen werden.
Der Dubai-Konsens bleibt also vorerst intakt. Doch das eigentlich ambitioniertere Klimaschutz-Ziel der COP29 wurde verfehlt. Die notwendigen wichtigen Signale für ambitionierteren Klimaschutz und eine konsequente Energiewende blieben aus.
Klimaschutz-Arbeitsprogramm verfehlt Mandat
Im Rahmen des Klimaschutz-Arbeitsprogramms (engl. Mitigation Work Programme – MWP) hätten Maßnahmen zur Schließung der Ambitions- und Umsetzungslücke bis 2030 diskutiert werden können. Die Vertragsstaaten einigten sich jedoch auch auf dieser COP wieder nur auf einen Minimalkonsens, der lediglich kaum nennenswerte Verbesserungen für den Prozess bringt. Damit haben Gas- und Ölländer gemeinsam mit China und Indien das MWP ausgehöhlt und weitere Verpflichtungen für sich verhindert. Die EU und die Allianz kleiner Inselstaaten hatten Vorschläge zur Umsetzung klimaschutzrelevanter Elemente der Globalen Bestandsaufnahme (§ 18–42) und politische Signale für 1,5°C-kompatible NDCs unterbreitet. Sie wurden u. a. von Saudi-Arabien, China und Indien sofort mit der Drohung vom Tisch gefegt, eine COP-Entscheidung zum MWP 2024 völlig zu verhindern. Jetzt enthält die Entscheidung höchst fragwürdige Lösungen, die einige Ergebnisse der Globalen Dialoge widerspiegeln. Obwohl im Grunde positiv ist, Lösungen im Entscheidungstext herauszustellen, sind einige der aufgenommen Lösungen sehr problematisch. So wird sich beispielsweise auf saubere und emissionsarme Technologien im Gebäudesektor bezogen, was potenziell den Weg für Gasheizungen ebnet. Was bleibt, ist eine leere Hülle aus Globalen Dialogen und investitionsorientierten Veranstaltungen ohne jedwede Signalwirkung für klimapolitische Ambition. Demnach verfehlt das MWP erneut sein Mandat, die bestehende Ambitions- und Umsetzungslücke bis 2030 zu schließen.
Arbeitsprogramm zum gerechten Übergang kam nicht voran
Das Arbeitsprogramm für gerechte Übergänge (engl. Just Transition Work Program, JTWP) sollte auf der COP29 operationalisiert werden. Doch auch hier wurde kein Konsens erzielt. Die Beratungen zum Thema konnten nicht abgeschlossen werden. Sie sollen nun durch den Subsidiary Body for Implementation im Juni 2025 geprüft werden, damit sie auf der CMA (dem Treffen der Mitglieder des Pariser Abkommens) und COP 2025 angenommen werden kann.
Die Vertragsstaaten wollten die Operationalisierung des Arbeitsprogramms offenbar erreichen, konnten sich aber nicht auf grundlegende Punkte einigen, z. B. den Geltungsbereich des Programms. Nicht einmal eine Einigung auf den vorab bestimmten Umfang des Arbeitsprogramms schien möglich. In der letzten Fassung des Arbeitsprogramms fehlte zudem ein Zeitplan für die Programmumsetzung.
Perspektivisch besteht jetzt zwar eine Chance für ein besseres Ergebnis des Arbeitsprogramms. Die Umsetzung verzögert sich jedoch und damit auch die Zeit bis zur Überprüfung 2026. Die Zukunft des gerechten Übergangs innerhalb der UNFCCC steht also erneut in Frage.
Das Globale Anpassungsziel: prozessuale Fortschritte, ungedeckte Bedarfe und wachsende globale Risiken
Zur Vorbereitung der Verabschiedung des Globalen Anpassungsziels (GGA) im nächsten Jahr gab es auf der COP29 zwei Prioritäten: 1. Die Unterstützung durch Finanzen, Technologien und Kapazitäten ins „Rahmenwerk für globale Klima-Resilienz“ aufzunehmen und 2. die Entscheidung zu Anpassungsindikatoren auf der COP30 einzuleiten. Die Verhandlungen in Baku starteten produktiv mit einem Fokus auf technische Grundlagen (u. a. Kriterien für die Indikatoren). In der zweiten Woche schlugen sich Verzögerungen der NCQG-Verhandlungen in vagen Formulierungen zu Finanzmitteln nieder und das Thema transformative Anpassung wurde vertagt. Somit wurden für die Anpassung an die Klimakrise nur prozessuale, aber keine inhaltlichen Fortschritte bei der Erstellung von Indikatoren zur Messung des GGA erzielt.
Letztendlich wurde in Baku einen klarer Weg bis zur COP30 beschlossen. Ein weiterer Meilenstein war die Einigung auf die „Baku Adaptation Roadmap“, die die Umsetzung des GGA über die COP30 hinaus unterstützen soll. Doch während die grundlegenden Elemente des GGA allmählich Gestalt annehmen, fehlen weiterhin entscheidenden Details und umsetzbare Strategien. Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet: Wie werden sich NDCs und NAPs mit der Umsetzung des GGA verzahnen? Wie werden Rechenschaftspflichten bei freiwilliger Berichterstattung über Anpassungsindikatoren gewährleistet? Und wie wird das NCQG Gelder für Anpassung und Klimaschutz gewichten? Angesichts schwerwiegender Klimaauswirkungen werden Rahmenwerke und Fahrpläne nicht ausreichen. Die Vertragsstaaten müssen dringend den politischen Willen für solide Pläne, finanzielles Engagement und Maßnahmen vor Ort aufbringen. Wie sonst sollen Ökosysteme und Menschen geschützt werden, die bereits von der Klimakrise betroffen sind? Andernfalls wird das GGA ein weiteres hohles Versprechen im Kampf für Klimaresilienz.
Keine erfolgreiche COP für Verluste und Schäden
Während die COP27 und -28 signifikante Erfolge zur Unterstützung der Verletzlichsten im Umgang mit Verlusten und Schäden (Loss and Damage – L&D) erzielten, blieb die COP29 weit hinter den Erwartungen zurück. Besonders verwundbare Menschen bleiben mit leeren Händen zurück, denn das NCQG enthält keine direkten Verpflichtungen zur Bereitstellung von Finanzierung für Verluste und Schäden. Eine verpasste Chance, dem Pariser Abkommen gerecht zu werden. Das Abkommen hatte Verluste und Schäden als dritten Säule neben Klimaschutz und Anpassung in den UNFCCC-Verhandlungen etabliert. Theoretisch können Zahlungen über den Fonds für Verluste und Schäden erfolgen, aber ohne ihre feste Verankerung im Ziel fehlt die notwendige Durchsetzungskraft.
Inhaltliche Fortschritte blieben auch bei der Überprüfung des Internationalen Warschau-Mechanismus und den Berichten seines Exekutivkomitees WIM ExCom und des Santiago-Netzwerks aus. Die Entscheidung über die Tagesordnungspunkte wurde auf die Verhandlungen im Juni 2025 vertagt, da u. a. Einigkeit über den Sekretariatsstandort des Santiago-Netzwerks fehlte (Kenia beantragte die Verlegung aus der Schweiz in den Globalen Süden). Eine Reihe von Ländern des Globalen Südens, darunter Vanuatu, Kenia, G77+China, und die Allianz kleiner Inselstaaten, forderten einen regelmäßigen Gap Report zu Verlusten und Schäden. Doch Länder wie Australien und die USA bzw. die EU unterstützen diese Forderung nicht. Zu groß ist wohl die Sorge, für explodierende Schadenssummen infolge der eskalierenden Klimakrise aufkommen zu müssen.
Auch bei der Finanzierung des Fonds für Verluste und Schäden gab es kaum Fortschritt: Die 2023 zugesagten 702 Mio. Dollar wurden nur um 56 Mio. erhöht (Schweden ca. 18 Mio., von Australien ca. 32 Mio., Neuseeland ca. 6 Mio.). Ein herber Rückschlag für den Vertrauensaufbau zwischen Süden und Norden, liegen die Bedarfe besonders verletzlicher Menschen und Regionen im Globalen Süden doch in einer ganz anderen Größenordnung. Die Erfolge vergangener COPs stehen auf dem Spiel, sollte der Fonds, der ab 2025 auszahlungsbereit sein soll, so schlecht ausgestattet bleiben.
Ernährungssysteme in aller Munde?
Ernährungssysteme sind massiv vom Klimawandel betroffen und treiben gleichzeitig durch hohe Emissionen den Klimawandel an. Auf der COP waren sie zwar Bestandteil vieler Diskussionen und Initiativen – konkrete Verhandlungsergebnisse gab es aber nur vereinzelt. Das zivilgesellschaftliche Engagement für Klimamaßnahmen in Ernährungssystemen war dafür erfreulicherweise so hoch wie nie zuvor.
Erwartungsgemäß wurde im Rahmen des für Landwirtschaft und Ernährungssicherung zuständigen Verhandlungsstranges „Sharm el-Sheikh Joint Work“ nur die Weiterentwicklung eines Online-Portals zu Projekten und Strategien beschlossen. Die neu vorgestellte „Harmoniya Climate Initiative for Farmers“ soll bestehende Initiativen für klimaresiliente Agrar- und Ernährungssysteme koordinieren. Die tatsächliche Wirkung bleibt aber abzuwarten. Fortschritte gab es im Bereich Methan, allerdings wurde in einer neuen Erklärung nur der Abfallsektor adressiert (inkl. Lebensmittel).
Für die Transformation unserer Ernährungssysteme braucht es zukünftig mehr und insbesondere verbindliche Emissionsminderungsziele für Ernährungssysteme in den neuen NDCs. Es ist zu erwarten, dass dieses Thema 2025 auf der COP30 eine weit größere Rolle spielen wird.
Ausblick
Schneller Start der Klimadiplomatie im Jahr 2025?
Für viele Teilnehmende der COP29 stellte sich die Frage, wie die internationale Klimadebatte erneut an Dynamik gewinnen kann. Besonders von chinesischer Seite wurde eine stärkere Rolle von MoCA gefordert, dem 2017 als Reaktion auf die erste Wahl Trumps initiierten jährlichen Ministertreffen wichtiger Staaten und Verhandlungsgruppen. Die deutsch Regierung testete die Idee, den Petersberger Klimadialog 2025 schon im Februar stattfinden zu lassen. Dieser Dialog wird bekanntlich gemeinsam mit dem kommenden COP-Vorsitz vorbereitet, um die nötigen Schwung für erwünschte Kernergebnisse zu erzeugen.
Von Baku nach Belém
Die COP30 findet im November 2025 im brasilianischen Belém statt. Hier soll der erste volle Zyklus für Ambitionssteigerung des Pariser Abkommens abgeschlossen werden. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie die Welt basierend auf den nachgebesserten NDCs auf einen 1,5°C-Grad-Pfad kommen kann, mindestens aber auf einen pariskompatiblen Pfad. Die neuen Klimapläne sollen bis spätestens Februar 2025 vorliegen. Bei vielen Ländern deutet sich jedoch jetzt schon eine Verspätung an. Die COP29 konnte leider nicht den politischen Impuls für eine ambitionierte inhaltliche Weiterentwicklung der Klimaziele erzeugen. Jetzt müssen große Emittenten wie die EU und China mit ambitionierten Klimaplänen vorangehen und Zeichen setzen: für eine möglichst 1,5°C-kompatible Klimapolitik, effektive internationale Klimazusammenarbeit und Partnerschaften mit Ländern des Globalen Südens.
Denn zur nächsten COP wird die USA mit Präsident Trump höchstwahrscheinlich aus dem Pariser Abkommen austreten. Allerdings darf ein Land noch bis zu einem Jahr nach Austritt an den Verhandlungen teilnehmen. Die US-Regierung könnte so 2025 für Störmanöver nutzen. Teile der COP basieren zudem auf der Klimarahmenkonvention (nicht dem Pariser Klimaabkommen); an diesen Verhandlungen darf sich die US-Regierung weiterhin beteiligen, im Ernstfall destruktiv.
Groß sind die Hoffnungen auf einen ambitionierten, transparenten COP-Gastgeber Brasilien. Das Land wird gleichzeitig auch den BRICS+ vorsitzen. Zugleich muss die COP-Troika mit der „Roadmap to Mission 1.5“ die Steigerung der Ambition voranbringen. Bis Belém muss auch geklärt werden, wie die „Roadmap Baku–Belém“ tatsächlich zu mehr Klimafinanzierung führen kann, insbesondere zu den nötigen 1,3 Bio. Dollar. Zu bestimmen ist dann auch, wie langfristig zuverlässige Finanzierung für Verluste und Schäden bereitgestellt werden kann. Denn hierfür fehlt eine rechtliche Verankerung im NCQG. Um besonders verwundbare Entwicklungsländer im Umgang mit den Folgen des Klimawandels zu unterstützen, müssen auf der COP30 auch die Indikatoren für das Globale Anpassungsziel festgelegt werden. Weiter wichtig wird auch die Reform der Internationalen Finanzarchitektur als zentrale Möglichkeit zur Erhöhung der Mittel für internationale Klimafinanzierung, die mit der „Finance for Development“-Konferenz in Spanien Mitte 2025 einen wichtigen Meilenstein erreicht.
Autor:innenLaura Schäfer, Petter Lydén, Christoph Bals, Lina Ahmed, Katharina Brandt, Lalit Chennamaneni, Felix Domke, David Eckstein, Julia Grimm, Vera Künzel, Kerstin Opfer, Giovanni M. Pradipta, David Ryfisch, Lisa Schultheiß, Rixa Schwarz, Thea Uhlich, Martin Voß |
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ZitiervorschlagSchäfer, L., et al., 2024, Weltklimakonferenz in Krisenzeiten: Ein schwacher Kompromiss angesichts dringlicher Bedarfe, www.germanwatch.org/de/91843. |