Industriegewerkschaft und Umweltverband fordern, Investitionen im Verkehrshaushalt für die Schiene zu priorisieren
Frankfurt am Main/Berlin (30. Sep. 2024). IG Metall und Germanwatch fordern die Bundesregierung auf, mehr Geld für den Schienenverkehr zur Verfügung zu stellen und dafür Mittel entsprechend umzuschichten. „Wir sehen dringenden Bedarf für eine Priorisierung der Investitionen im Verkehrshaushalt für die Schiene“, heißt es in einem gemeinsamen Brief der beiden Organisationen an Vertreter der Bundesregierung und Fachpolitiker:innen. Das Schienennetz brauche ausreichende und planungssichere Mittel ohne Renditedruck für Sanierung, Modernisierung und Ausbau. Der Haushaltsausschuss des Bundestags verhandelt derzeit die Details zum Haushaltsplan 2025 und soll den Gesetzesentwurf entsprechend anpassen.
„Zur Europameisterschaft hat die ganze Welt gesehen: Deutschland hat ein Problem mit seiner Infrastruktur. Denn das Schienennetz wurde zu lange auf Verschleiß gefahren. Höhere Preise für den Personen- und Güterverkehr auf der Schiene belasten die Straßen. Was wir brauchen, ist ein zügiger Ausbau und die Sanierung der Schiene, keine neuen Fernstraßen und Autobahnen“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Die Bundesregierung muss die Investitionen im Bundeshaushalt entsprechend ausrichten.“
Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, betont die Bedeutung der Schiene für Wirtschaftsstandort, Beschäftigung und Klimaschutz: „Die Schiene ist eine Zukunftsbranche mit einer halben Million Arbeitsplätzen allein in Deutschland, rund 55.000 davon in der Bahn- und Zuliefererindustrie. Sie ist das Rückgrat der Mobilität in Deutschland. Ohne ein modernes Schienennetz und eine starke Bahnindustrie wird die Mobilitätswende nicht gelingen. Schienennetzbetreiber, Bahn- und Bauindustrie brauchen jetzt ein klares Signal der Politik.“
Das Schienennetz sollte künftig gemeinwohlorientiert geführt werden, fordern IG Metall und Germanwatch. Eine Eigenkapitalerhöhung bei der Deutschen Bahn könne nur eine vorübergehende Haushaltslösung sein. Denn sie löse Renditedruck aus, was zu einer wettbewerbsverzerrenden Verteuerung des Schienenverkehrs führen kann und damit den Verlagerungszielen auf die Schiene entgegenliefe. Daher sollte beim Trassenpreisausgleich jetzt nachgebessert werden. Sonst könnten Deutschland schon 2025 verstopfte Straßen drohen.
Investitionsmittel werden neben dem zügigen barrierefreien Ausbau der Schiene auch für die Sanierung und den Erhalt der gesamten Verkehrsinfrastruktur gebraucht, betonen die Organisationen. Zerbröselnde Schienen, Bundes- und Fernstraßen sowie marode Autobahn- und Eisenbahnbrücken fordern dringendes Handeln. Der Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen würde hingegen dringend benötigte Mittel binden. Zudem schlagen sie vor, einen überjährigen Infrastrukturfonds nach Schweizer Vorbild einzurichten. Er soll die Abhängigkeit von jährlichen Haushaltsentscheidungen überwinden und so für Planungssicherheit sorgen. Auch Bundesverkehrsminister Wissing hatte sich bereits für einen Fonds ausgesprochen.
Anlass für das Schreiben ist auch die überfällige Überprüfung der Bedarfspläne Straße und Schiene. Diese soll die Bundesregierung nutzen, um die acht Jahre alten Pläne mit aktueller Methodik neu zu priorisieren. Dabei müsse gelten: Die Infrastrukturplanung – und damit die Bedarfspläne – müssen sich an den Verlagerungszielen orientieren.
„Der Schienensektor zeigt, dass Industrie und Klimaschutz kein Widerspruch sind“, betonen die IG Metall und Germanwatch in ihrem offenen Brief. Die verantwortlichen Politiker:innen fordern sie darin auf: „Nutzen Sie Bundeshaushalt und Bedarfsplanüberprüfung, um nach der Weltleitmesse Innotrans in Berlin weitere Impulse für den deutschen und europäischen Schienensektor zu setzen.“