G20-Staaten müssen bei Klima- und Transformationsfinanzierung endlich echte Fortschritte machen
Berlin (19. Juli 2024). Vor den Treffen der G20-Finanzminister:innen und Zentralbankchefs in der kommenden Woche fordert die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch endlich entschlossenes Handeln mit Blick auf die globale Klimakrise. Investitionen in den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel heute reduzieren künftige Kosten drastisch. Nach Ansicht von Germanwatch müssen die G20-Finanzminister:innen die Nutzung innovativer Finanzierungsinstrumente für die Bewältigung der Klimakrise vorantreiben. „Die Finanzierungslücke beim Klimaschutz ist dramatisch. Ohne innovative Maßnahmen mit öffentlicher und privater Finanzierung wird sich diese Lücke nicht schließen lassen. In Rio haben die G20-Finanzminister und –ministerinnen nun eine Reihe von Lösungen auf dem Tisch liegen. Ergebnislos nach Hause zu reisen ist keine Option“, sagt David Ryfisch, Leiter des Bereichs Zukunftsfähige Finanzflüsse bei Germanwatch.
Klimaschutz durch Milliardärssteuer mitfinanzieren
Die brasilianische G20-Präsidentschaft treibt eine koordinierte Mindestbesteuerung von Milliardären voran. Bisher zahlen Milliardäre in vielen Staaten unverhältnismäßig niedrige Einkommenssteuern - im Verhältnis zu ihren Vermögen sind es laut einem aktuellen Report des EU Tax Observatory im Schnitt nur rund 0,3 Prozent. Regierungen entgehen dadurch signifikante Steuereinnahmen, schätzungsweise 200 bis 250 Milliarden US-Dollar jährlich (im Vergleich zu einer Besteuerung von 2 Prozent bezogen auf das Vermögen).
Bundesfinanzminister Lindner äußerte jedoch kürzlich „tiefe Skepsis“ gegenüber dem Vorhaben, obwohl er gemeinsam mit den anderen G7-Finanzminister:innen signalisiert hatte, mit Brasilien zusammenzuarbeiten. „Finanzminister Lindner sollte erkennen, dass es ein Systemversagen in der Steuerstruktur gibt. Es ist an der Zeit, unsere Steuersysteme zu korrigieren, Ungerechtigkeiten zu beseitigen und lange genutzte Schlupflöcher zu schließen“, fordert Nouhaila Zaki, Referentin für internationale Besteuerung zur Klimafinanzierung bei Germanwatch. Haushaltskürzungen sind gerade erst vom Bundeskabinett vor allem auf Kosten der Entwicklungs- und Klimafinanzierung beschlossen worden. Zaki weiter: „Gerade in Zeiten politischer Polarisierung ist es wichtig, alle Menschen beim notwendigen Klimaschutz mitzunehmen. Außergewöhnlich starke Schultern sollten dazu einen Beitrag leisten, der auch eher ihrem eigenen ökologischen Fußabdruck entspricht.“
Innovative Nutzung von Sonderziehungsrechten
Der IWF hat im Mai dieses Jahres den Weg dafür geebnet, dass Länder ihre nicht genutzten Sonderziehungsrechte (SZR) an multilaterale Entwicklungsbanken (MDB) weiterleiten können. Dieses innovative Instrument kann den Wert der SZR-Finanzierung vervierfachen und notwendige Mittel zum Erreichen von Entwicklungs- und Klimazielen zur Verfügung stellen. "Es ist entscheidend, dass auch Deutschland mit dem Weiterleiten deutscher Sonderziehungsrechte oder Garantien in ähnlicher Größenordnung dieses vielversprechende Instrument unterstützt", erklärt Christian Groeber, Referent für die Reform der Internationalen Finanzarchitektur bei Germanwatch. Die Bundesregierung muss sich zudem gemeinsam mit anderen G20-Regierungen langfristig für eine Reform des Quotensystems des IWF einsetzen, damit Entwicklungsländer bei künftigen SZR-Verteilungen mehr profitieren. Neue SZR sind notwendig, damit insbesondere hochverschuldete Länder nachhaltig investieren können und Klimaschocks und andere Krisen besser bewältigen.
Volles Potenzial multilateraler Entwicklungsbanken nutzen
Neben der Weiterleitung von SZR an MDBs sollten die G20-Finanzminister:innen weitere Möglichkeiten nutzen, das Potenzial dieser Banken voll auszuschöpfen. Schon länger werden sogenannte Länderplattformen diskutiert, mittels derer sich Länder im globalen Süden besser mit Gebern koordinieren könnten, um Klima- und Entwicklungsherausforderungen effektiver zu begegnen. „Die multilateralen Entwicklungsbanken sind gut gerüstet, um ihre Partnerländer bei dieser Aufgabe zu unterstützen“, so Anja Gebel, Referentin für Entwicklungsbanken und Klima bei Germanwatch. „Die G20-Finanzminister sollten sich für eine rasche Klärung der Rolle der multilateralen Entwicklungsbanken bei solchen Länderplattformen einsetzen und Vorschläge erarbeiten, unter welchen Bedingungen die Banken diese Rolle auch spielen können“, fordert Gebel.
Vereinheitlichung von Transformationsplänen in der Wirtschaft
“Vergleichbare, glaubwürdige und wissenschaftsbasierte Pläne zur Transformation von Unternehmen in der Finanz- und Realwirtschaft sorgen nicht nur für Klarheit und Planbarkeit der Anstrengungen in diesem Bereich, sondern reduzieren auch Transaktionskosten und ermöglichen Finanzinstitutionen, Kapitalflüsse auf guter Datenbasis umzulenken”, betont David Ryfisch. Nachdem sich die G7-Finanzminister:innen im Mai noch nicht auf konkrete Schritte zur Vereinheitlichung einigen konnten, sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die G20-Finanzminister:innen nun in Rio einen gemeinsamen Standard für Transformationspläne von Unternehmen erarbeiten.