Kreislaufwirtschaftsstrategie gibt überfälliges Startsignal - Bundesregierung muss jetzt Umsetzung auf den Weg bringen
Berlin (18. Juni 2024). Der heute vom Bundesumweltministerium veröffentlichte Entwurf für eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) ist aus Sicht der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Germanwatch eine längst überfällige Weichenstellung für Klima- und Ressourcenschutz sowie den Wirtschaftsstandort Deutschland. „Der vorliegende Entwurf hat das Zeug, Deutschland wieder zum Vorreiter in der Kreislaufwirtschaft zu machen. Allerdings nur, wenn sich die Bundesregierung nun nicht hinter den teils sehr vagen Formulierungen versteckt. Sie muss zügig in die Umsetzung kommen und alle Ressorts müssen mitarbeiten", so Luisa Denter, Referentin für Ressourcenpolitik und zirkuläres Wirtschaften bei Germanwatch.
Denter weiter: „Es ist ein wichtiger Schritt für den Klima- und Ressourcenschutz, dass die Strategie quantitative Ziele für den Ressourcenschutz vorsieht. Damit zeigt sie auch einen klaren Transformationspfad für die deutsche Wirtschaft auf.“ Dass zumindest in einigen Sektoren Wiederverwendung eine große Rolle zugesprochen wird, ordnet Germanwatch als zentral für die Transformation zur Kreislaufwirtschaft ein, da dadurch Ressourcen und Klima effektiv geschont werden.
Potenzial für Dekarbonisierung der Industrie endlich erkannt
Eine zentrale Chance der Strategie ist aus Sicht von Germanwatch, dass sie das enorme Potenzial für die Dekarbonisierung der Industrie erkennt und benennt. „Ohne eine konsequente Kreislaufwirtschaft wird die Industrie-Transformation nicht zu schaffen sein. Sie kann die hohen Energie- und Ressourcenbedarfe der Industrie massiv senken. Dazu nimmt die Strategie richtigerweise auch die energieintensive Herstellung von Grundstoffen in den Blick, allerdings noch ohne konkrete Handlungen abzuleiten“, erklärt Johanna Wiechen, Referentin für Industrietransformation und Kreislaufwirtschaft bei Germanwatch.
Die Kreislaufwirtschaft bietet enorme Chancen für eine sozial gerechte Transformation zu einer wettbewerbs- und zukunftsfähigen industriellen Produktion für einen Standort wie Deutschland, der weder über besonders günstige Energie noch großen Ressourcenreichtum verfügt. „Kreislaufwirtschaft kann substanziell zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes und von Arbeitsplätzen beitragen. Sie ist damit im besten Sinne Industrie- und Strukturpolitik. Das hat das Bundesumweltministerium erkannt. Nun muss die Bundesregierung dafür die notwendigen Rahmenbedingungen und Fördermöglichkeiten schaffen. So müssen zum Beispiel industriepolitische Instrumente wie Klimaschutzverträge oder große Förderlinien auch für die Kreislaufwirtschaft geöffnet werden“, so Wiechen weiter. Neben der in der NKWS vorgesehenen Finanzierung durch Haushaltsmittel der Ressorts, schlägt Germanwatch auch Abgaben für Hersteller von besonders ressourcen- und emissionsintensiven Produkten vor.
Betroffene Ressorts müssen Strategie gemeinsam umsetzen
Eine große Schwachstelle sei, dass unklar bleibe, wie die Umsetzung der Strategie - auch über die aktuelle Legislatur hinaus - sichergestellt werden kann. Hierzu sollte das in der Strategie angekündigte Monitoringsystem nach Ansicht von Germanwatch ressort- und legislaturübergreifend aufgebaut sein und ein darauf basierender politischer Prozess eingeführt werden, um den Fortschritt der Transformation abzubilden und bei Bedarf nachzusteuern.
„Kreislaufwirtschaft ist viel mehr als ein reines Umweltprojekt und berührt die Verantwortungsbereiche diverser Ministerien: So kann sie beispielsweise maßgeblich zum Klimaschutz und zur Industrietransformation beitragen und wirkt sich auf globale Wertschöpfung sowie Gerechtigkeit aus. Damit die NKWS erfolgreich ist, müssen deshalb jetzt alle relevanten Ressorts an einem Strang ziehen und den Entwurf aktiv mitgestalten, damit nach Beschluss im September alle gemeinsam für die Umsetzung sorgen“, so Denter weiter. Dies betreffe insbesondere das Bundeswirtschaftsministerium, aber auch die Ressorts für Arbeit, Finanzen und wirtschaftliche Zusammenarbeit.