Meldung | 23.11.2023

8 Jahre Klimaklage gegen RWE

Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya

Huaraz/Bonn (24. Nov. 2023). Heute vor acht Jahren hat der peruanische Bergführer und Kleinbauer Saúl Luciano Lliuya seine zivilrechtliche Klage gegen RWE beim Landgericht in Essen eingereicht. Was damals seinen Anfang nahm, ist heute einer der weltweit meistbeachteten Präzedenzfälle für die Frage geworden, ob einzelne Großemittenten für den Schutz vor Klimarisiken aufkommen müssen.

Im Fall RWE geht es um den Ausbau eines Schutzdammes am oberhalb der Stadt liegenden Gletschersees Palcacocha, um den Kläger und über 50.000 Menschen vor einer Flutkatastrophe zu schützen. Aufgrund der Gletscherschmelze ist der See stark angewachsen. Gesteinsbrocken könnten in den See stürzen und eine meterhohe Flutwelle auslösen.

Saúl Luciano Lliuya fordert in seiner Klage, dass sich der deutsche Energiekonzern finanziell an den erforderlichen Schutzmaßnahmen beteiligt. Und zwar in Höhe des Anteils von RWE am menschengemachten Klimawandel – rund 0,5 Prozent. „RWE muss Verantwortung übernehmen“, fordert der Bergführer. „Wir in Peru haben kaum etwas zum Klimawandel beigetragen, leben aber mit den schlimmsten Konsequenzen.“

Stand des Verfahrens: nächste mündliche Verhandlung im Jahr 2024

Der Kläger hat bereits einen langen Weg hinter sich – doch mit Erfolg: das Gericht hat 2017 bestätigt, dass Klimaschäden zu einer Haftung von Unternehmen führen können, und beschloss den Eintritt in die Beweisaufnahme. Die erste Hürde wurde damit genommen. „Dieses Verfahren ist aus rechtlicher Sicht schon jetzt historisch“, betont Saúls Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen. „Keine andere vergleichbare Klimaklage weltweit hat bisher ein so fortgeschrittenes Stadium im Verfahren erreicht.“

In der Beweisaufnahme wird zunächst der Frage nachgegangen, inwieweit das Grundstück von Saúls Familie von einer Flutwelle bedroht ist. Liegt ein rechtlich relevantes Risiko vor, wird im nächsten Schritt untersucht, inwieweit der Klimawandel und damit Emissionen durch RWE das Flutrisiko zu verantworten haben. Ende Mai 2022 reisten Richter:innen des Oberlandesgerichts Hamm, Rechtsbeistände und vom Gericht bestellte Gutachter:innen nach Peru, um das Grundstück der Klägers und den Gletschersee Palcacocha in Augenschein zu nehmen. Ein Ortstermin in den peruanischen Anden – für alle Beteiligen eine Neuheit.

Im nächsten Jahr wird im Rahmen der Beweisaufnahme eine mündliche Verhandlung am Oberlandesgericht Hamm stattfinden. Gegenstand des Termins wird das Gutachten zum Flutrisiko sein. Der Kläger wird dafür nach Deutschland kommen.

Der Klimawandel schafft ein „globales Nachbarschaftsverhältnis“

Der Fall RWE hat schon jetzt bewirkt, dass Paragraf 1004 im Bürgerlichen Gesetzbuch neu gelesen wird. Der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gegen Beeinträchtigungen des Eigentums durch einen Störer kommt normalerweise in Nachbarschaftsstreitigkeiten zur Anwendung. Ähnliche Paragrafen gibt es in vielen Ländern der Welt. So erhöht die Klage den Druck auf emissionsintensive Unternehmen, aber auch auf die Politik, den Regelungsbedarf in diesem Bereich ernsthaft anzugehen.

Unterstützen Sie den Kläger bei seinen nächsten Schritten

Während sich das Verfahren weiter in die Länge zieht, hat RWE in diesem Jahr erneut Rekordgewinne eingestrichen. Gleichzeitig sehen wir überall auf der Welt, wie die Klimakrise sich zuspitzt. Viele Menschen haben sich bereits durch eine Spende mit dem Kläger solidarisch gezeigt. Dank dieser Hilfe kann das Verfahren gegen eines der größten Emittenten Europas seit acht Jahren aufrecht gehalten werden. Helfen Sie mit, dass wir auch die nächsten Schritte für mehr Klimagerechtigkeit gehen können.

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Mehr Informationen zum Fall RWE finden Sie hier.

Zur Mitmach-Aktion: Globale Nachbarschaft in der Klimakrise.