Klimaneutral und wettbewerbsfähig

Klimaneutral und wettbewerbsfähig
Elemente einer zukunftsfähigen Industriepolitik

Der Inflation Reduction Act der USA hat der Debatte um die Rolle der Industrie in der Transformation zur Klimaneutralität eine ganz neue Dynamik verliehen. Während die massiven Industrie-Subventionen der USA (genauso wie Chinas) klimapolitisch positive Effekte haben können, stellen sie die EU zugleich vor eine große industriepolitische Herausforderung. Wir argumentieren in diesem Papier, dass die EU nicht in diesen Subventionswettlauf einsteigen, sondern ihr existierendes Politik-Instrumentarium gezielt weiterentwickeln sollte. Dabei ist es wichtig, zwei klima-industriepolitische Herausforderungen zu unterscheiden:

Für die Transformation der energieintensiven Industrie zur Klimaneutralität gibt der Europäische Emissionshandel als klimapolitisches Leitinstrument bereits einen klaren Minderungspfad vor. Um zeitnah die notwendigen Investitionen zu ermöglichen, braucht es zielgerichtete Finanzierungs- und Anreizinstrumente wie Klimaschutzverträge und Grüne Leitmärkte – mittelfristig sollten diese durch Standards für grüne Materialien und Produkte abgelöst werden. Dem Risiko von Carbon Leakage kann vorübergehend durch den Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) begegnet werden. Perspektivisch sollten stärkere internationale Kooperation und Koordination ein globales Level-Playing Field für klimaneutrale Industrien schaffen.

Anders ist die Situation bei den Klimaschutz-Industrien, die Technologien für die Klimaneutralität herstellen. Der Net Zero Industry Act der EU formuliert ambitionierte industriepolitische Ziele für die Ansiedlung dieser Industrien, bleibt aber – abgesehen von beschleunigten Genehmigungsverfahren – sehr vage, wie diese erreicht werden sollen. Wir argumentieren, dass weniger industriepolitische Ziele, als vielmehr die Resilienz der Klimaschutz Transformation die Grundlage für politische Maßnahmen darstellen sollte. Deutschland und die EU sollten daher die Verfügbarkeit der benötigten Technologien auch durch Importe systematisch prüfen, und die Entstehung entsprechender Industrien in verlässlichen Partnerländern unterstützen. Wo aus Resilienz-Gründen die Stärkung bzw. Ansiedlung dieser Industrien in Deutschland und der EU notwendig ist, sollte dies in erster Linie durch klare regulatorische Rahmenbedingungen sowie Sozial- und Umweltstandards gefördert werden. Finanzielle Förderung sollte hingegen nur das letzte Mittel der Wahl sein und nur dann zum Einsatz kommen, wenn sichergestellt ist, dass es sich nur um eine vorübergehende Unterstützung handelt.

Autor:innen
Anne Gläser, Simon Wolf
Publikationsdatum
Seitenanzahl
36
Publikationstyp
Hintergrundpapier

Ansprechpersonen

Echter Name

Bereichsleiter Deutsche und Europäische Klimapolitik

Echter Name

Referentin für Industrietransformation und Kreislaufwirtschaft